Hagen. . Auch Grundschüler können sich schon mit dem Thema Holocaust auseinandersetzen. Die Inszenierung der Kinderoper Brundibar in Hagen stellt das eindrucksvoll unter Beweis.
Wenn er über „Brundibar“ spricht, ist Rudolf Damm die Begeisterung anzumerken. „Das ist so viel mehr als eine Kindergeschichte. Es ist ein Sieg des Guten über das Böse“, sagt der Hagener, „Es ist der Funke der Hoffnung im Vorhof der Hölle.“
Damm engagiert sich bei den Stolpersteinen, in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Nur zu gerne unterstützt er daher das Projekt von Klaus Beermann und anderen Hagener Ehrenamtlichen, die Kinderoper „Brundibar“ mit 50 Schülerinnen und Schülern der beiden Vorhaller Grundschulen Liebfrauen-Schule und der Freiherr-vom- Stein-Schule sowie dem Hildegardis-Gymnasium zu realisieren – die Lehrer helfen mit.
Holocaust anspruchsvoll für Kinderoper
Eine anspruchsvolle Aufgabe. Anders als bei den ersten beiden mit den Grundschulen realisierten Produktionen „Der Rattenfänger von Hameln“ und den „Bremer Stadtmusikanten“ geht es hier um den Holocaust.
Denn mit „Vorhof der Hölle“ ist das Ghetto Theresienstadt gemeint – viele Juden kamen von dort nach Auschwitz und andere Vernichtungslager.
Kulturelles Leben trotz unmenschlicher Lebensbedingungen
Einer der Insassen war der aus Prag stammende jüdische Komponist Hans Krása. Als Zeichen des Widerstands und der Hoffnung schrieb er eine Neufassung seiner kleinen Kinderoper und brachte sie gemeinsam mit anderen Häftlingen zur Aufführung.
Trotz der unmenschlichen Lebensbedingungen versuchten sie im Geheimen, ein lebendiges kulturelles Leben aufrecht zu erhalten. „Es war ein Aufbäumen gegen die Realität“, macht Damm deutlich. Vor allem für die Kinder war dies von großer Bedeutung: Auf der Bühne brauchten sie ihren Judenstern nicht zu tragen.
Pädagogisches Neuland
Die schwierige Aufgabe war es nun, Grundschüler mit dem Thema Holocaust zu befassen. Sie betreten damit zumindest für Deutschland pädagogisches Neuland. Nicht mit schockierenden Bildern aus den Konzentrationslagern, sondern über das Thema Freundschaft und Solidarität.
Denn in „Brundibar“ stehen die Kinder gemeinsam füreinander ein. „Das können die Kinder nachvollziehen.“ Spannend dabei auch: Die Kinder – viele haben Migrationshintergrund – setzen sich mit dem Schicksal von jüdischen Kindern auseinander. „Die Eltern ziehen dabei mit“, unterstreicht Klaus Beermann, der erneut Regie führt.
Alles geschieht in Eigenleistung
Genau wie seine anderen Mitstreiter macht Beermann dies ehrenamtlich. Alles geschieht in Eigenleistung, denn das Hagener Theater kann der Gruppe wegen der Sparzwänge nicht helfen. So bekommen die Hagener unter anderem Kostüme vom Landestheater in Coburg und Requisiten wie eine Drehorgel vom Festspielhaus Baden-Baden.
„Familiensache“ für Beermann – vier seiner Familienmitglieder arbeiten in oder auf Bühnen. Auch der Kulissenbau ist Eigenleistung. Im Werkraum der Freiherr-vom-Stein-Schule ist „Holzwurm“ Günter Plesgen zu Gange. Unterstützt wird er von Harald Simonis, Neuzugang im Team. Auch ihn reizt das komplexe Projekt, für das seit September geprobt wird. Im März soll dann in Hagen Uraufführung sein.
Eltern als Kulissenschieber
Dafür spielt Simonis sogar den Handlanger im Werkraum, „obwohl ich eigentlich zwei linke Hände habe“, sagt er lachend. Dennoch ist ihm das Thema wichtig. „Und in Grundschulen wird das Thema ja eher stiefmütterlich behandelt.“
Die Eltern hat das Team überzeugt: Sie sind nicht nur Fahrdienst für die Kindern, sondern wirken sogar bei der Aufführung mit – unter anderem als Kulissenschieber
Vier Termine geplant
Das Stück soll am 14. März im Stadtteilhaus in Vorhalle Premiere haben. Ein weiterer Termin ist dort für den 15. März vorgesehen. Anschließend wird die mobile Produktion umziehen – am 19. und 20. März wird es dann im Sparkassen-Karreé zu sehen sein. Beginn ist jeweils um 18 Uhr.
Da die Kinderoper „Brundibar“ selbst nur 50 Minuten dauert, wird im ersten Teil des Programms das Ensemble „Draj“ jiddische Lieder singen. Im Hintergrund werden preisgekrönte Schülerarbeiten des Hildegardis-Gymnasiums zum Thema Holocaust zu sehen sein.
Zeitzeugengespräche in den Schulen
Seit September laufen die Chorproben – 22 Kinder singen im Chor, dazu gibt es noch zwölf Solisten. Die Musik liefert das Orchester des Hildegardis-Gymnasiums. Dort wird seit Oktober geprobt. Am Mittwoch fanden erstmals gemeinsame Proben statt. Die szenischen Proben beginnen im Januar.
Im Vorfeld gibt es Zeitzeugengespräche in Schulen, um den Holocaust zu thematisieren und auf die Inszenierung hinzuweisen.