Hagen/Siegen. Die Wirtschaft in Südwestfalen zeigt sich skeptisch angesichts der Möglichkeit, zur Finanzierung der A45-Sanierung private Investoren ins Boot zu holen. Die Sanierungs- und Ausbaukosten vor allem für die Brücken der überlasteten Fernverbindung werden auf rund eine Milliarde Euro geschätzt.
Die Lebensader Südwestfalens, die Autobahn 45, ist in die Jahre gekommen. Die Sanierungs- und Ausbaukosten vor allem für die Brücken der überlasteten Fernverbindung werden auf rund eine Milliarde Euro geschätzt - zu viel für die Haushalte von Bund und Ländern. Damit rückt die umstrittene Finanzierung über die Mobilisierung privaten Kapitals zur Erfüllung staatlicher Aufgaben (Public Private Partnership/PPP) immer mehr in den Mittelpunkt.
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Eine Bund-Länder-Kommission prüft derzeit alle Möglichkeiten der Finanzierung von Autobahn-Sanierungen bundesweit und will zum Jahreswechsel Vorschläge unterbreiten. Dem möchte NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) offiziell nicht vorgreifen. Laut WDR sagte er aber am vergangenen Freitag in Siegen, er könne sich vorstellen, für die Sanierung der Sauerlandlinie private Investoren ins Boot zu holen - eine Äußerung, die eine Ministeriums-Sprecherin gestern dementierte.
In der Region Südwestfalen löste die Vorstellung von der Einbindung eines Firmenkonsortiums zur Finanzierung der Kosten Skepsis aus. „Wenn er das so sagt, dann hat er bestimmt eine Idee, wie das umzusetzen wäre“, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen, Hermann-Josef Dröge. „Faktisch, juristisch und politisch.“ Als Finanzierungsquelle könne er sich eine elektronische Maut oder eine Vignette vorstellen. Aber nur innerhalb eines bundesweiten Gesamtkonzepts.
Zuerst muss die politische Entscheidung fallen
Die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer (SIHK) zu Hagen hält die Reihenfolge des Vorgehens für falsch gewählt. Zuerst müsse die politische Entscheidung fallen. „Im Rahmen der Novellierung des Bundesverkehrswegeplans ist es zuerst einmal wichtig, dass der sechsspurige Ausbau der A 45 in den vordringlichen Bedarf aufgenommen wird. Erst an zweiter Stelle steht die Art der Finanzierung.
Da ist zuerst der Bund gefordert“, sagte SIHK-Hauptgeschäftsführer Hans-Peter Rapp-Frick. Auch neue Finanzierungskonzepte wie eine Öffentlich-Private Partnerschaft für ein Projekt wie die Autobahn 45, deren verkehrliche Bedeutung unstrittig sei, müssten geprüft werden. In der Regel erhalten die am Konsortium beteiligten Firmen die Mauteinnahmen.
A45 nicht das einzige Problem in Deutschland
Nach Dröges Ansicht ist die A45 „zwar ein dickes, aber nicht das einzige Straßen- und Brückenproblem in Deutschland. Für Sanierung und Neubau seien Milliarden Euro nötig, die nur mit Hilfe eines „nationalen Brückenbauprogramms“ zu finanzieren seien.
Speditionsgewerbe kann sich privates Investment vorstellen
Positiver äußerte sich das Speditionsgewerbe. „Ein privates Investment zur Sanierung der A45 ist sicher nicht der schlechteste Weg, bevor das Ganze brachliegt“, sagte Christoph Dahlmann, Geschäftsführender Gesellschafter der Allgemeinen Land- und Seespedition (ALS) in Arnsberg. Ein beschleunigter Ausbau sei „bitter nötig“, gerade für den Schwerlastverkehr.
Projekt muss vernünftig durchgeführt werden
Voraussetzung ist aber nach Dahlmanns Ansicht , dass das Projekt „vernünftig“ durchgeführt wird. Er verwies dabei auf den Ausbau der A1 zwischen Bremen und Hamburg, ebenfalls mit privater Beteiligung. Dort habe man bei der Asphaltmischung nach dem Prinzip „möglichst schnell und billig“ gehandelt und Material verwendet, das nicht haltbar gewesen sei. „Und nun gibt es großen Nachbesserungsbedarf.“ Stefan Honselmann, Geschäftsführender Gesellschafter der Spedition Honselmann in Schwelm, zeigte sich pragmatisch. „Ich glaube nicht, dass die Sanierung der A45 privat finanziert werden kann, das gäbe nur ein großes Durcheinander mit der Maut.“
Die A45 von oben
Als gegenwärtig einzige PPP-Maßnahmen im Straßenbau Südwestfalens gelten sieben Projekte zur Erhaltung von Landesstraßen im Kreis Siegen-Wittgenstein, wie Projektleiter Oliver Alt von Straßen NRW mitteilte. Ein Konsortium aus den Firmen Eurovia (Bottrop), Kemmner (Pinneberg) und Rohde (Korbach) baut dort mit einem Investitionsvolumen von 26 Millionen Euro rund 103 Kilometer und erhält dafür pro Quartal eine feste Summe vom Land NRW.