Hagen. . Der Schütz-Maiwald ist ein umfängliches, berüchtigtes Werk. Die nach ihren Autoren benannte Sammlung von Paragrafen, Gesetzen und Entscheidungen zum Beamtenrecht umfasst 13 Bände mit mehreren zehntausend Seiten. Passt also so richtig zu unserer durchbürokratisierten Gesellschaft, zu dem riesigen Wasserkopf an Behörden, Ämtern, Ministerien und Betrieben, die vor allem sich selbst und dann uns verwalten. Das geht eben nicht unter 13 Bänden.
Der Schütz-Maiwald ist ein umfängliches, berüchtigtes Werk. Die nach ihren Autoren benannte Sammlung von Paragrafen, Gesetzen und Entscheidungen zum Beamtenrecht umfasst 13 Bände mit mehreren zehntausend Seiten. Passt also so richtig zu unserer durchbürokratisierten Gesellschaft, zu dem riesigen Wasserkopf an Behörden, Ämtern, Ministerien und Betrieben, die vor allem sich selbst und dann uns verwalten. Das geht eben nicht unter 13 Bänden.
Thomas Köhler (46) ist so ein Staatsdiener. Seit 30 Jahren ist er Beamter, er arbeitet in der Stadtverwaltung, ist zweiter Vorsitzender des Personalrates. Zählt man alle Tochterunternehmen wie den Wirtschaftsbetrieb (WBH) hinzu, beschäftigt die Stadt knapp 3000 Mitarbeiter. Die viel geschmähten Amtsschimmel unter ihnen, die sich hinter ihrem Schreibtisch verschanzen, könne man an fünf Fingern abzählen, sagt Köhler: „Die Willi-Winzig-Typen im öffentlichen Dienst sind auf dem Rückmarsch. Mit dieser Einstellung kann man bei uns nichts mehr werden.“
"Es gibt 100 gute Gründe, in der Verwaltung zu arbeiten. "
Von den Beschäftigten werde heutzutage ein ausgeprägtes Dienstleistungsbewusstsein erwartet. Gefragt seien Mitarbeiter, die mit beiden Beinen im Leben ständen und ihren Verstand gebrauchten. Niemand schließe die Bürotür, bevor nicht auch dem letzten Besucher und seinem Anliegen Beachtung geschenkt worden sei. Im Übrigen sei die Belegschaft des Rathauses ein Spiegel der Hagener Bevölkerung: „Zugegeben, es gibt hier nicht nur Schöngeister und Freiheitsliebende, manche sind eben enger gestrickt“, so Köhler. Andererseits müssten die Mitarbeiter bei der Ausübung behördlicher Tätigkeiten bisweilen „pickelhart am Gesetz“ bleiben, die Vorschriften ließen ihnen keine andere Wahl: „Selbst wenn sie persönlich anderer Meinung sind.“
Thomas Köhler selbst entspricht denn auch nicht dem typischen Bild, das sich die Menschen von einem Beamten machen. Er trägt keinen mausgrauen Anzug. Er erzählt gern Beamtenwitze. Er setzt keine würdevolle Miene auf, wenn man ihn fragt, warum er Beamter geworden ist: „Mein Vater sah, wie ich ein Fahrrad reparierte. Da sagte er, ich ginge besser ins Büro.“ Die Aussicht auf einen sicheren Arbeitsplatz habe natürlich eine Rolle gespielt, als er sich nach der Realschule bei der Stadt Hagen bewarb, erinnert er sich: „Es gibt 100 gute Gründe, in der Verwaltung zu arbeiten. Die meisten Jobs sind von gesellschaftlicher Relevanz. Wer etwas Sinnvolles tun will und gern mit Menschen zusammenarbeitet, für den ist hier immer genug zu tun.“
720 Beamte im dienst der Stadt
Von den 3000 Beschäftigten im Dienste der Stadt besitzen lediglich 720 den begehrten Status eines Beamten, davon arbeiten 270 bei der Feuerwehr. Im Idealfall zeichnet den Beamten eine besondere Nähe zum Staat aus, er übernimmt Aufgaben hoheitlicher Art und gewährleistet, dass der Staat auch in Ausnahmesituationen, wenn etwa gestreikt wird, funktionsfähig bleibt. Der Beamte darf nicht streiken. Aber im Grunde bräuchte es gar nicht so viele Beamte, findet Thomas Köhler: „Die meisten Tätigkeiten können auch von angestellten Mitarbeitern erledigt werden.“ Es sei auch gar nicht wahr, dass ein Beamter, und wenn er noch so faul sei, automatisch befördert werde, stellt Köhler klar: „Jedenfalls nicht bei uns im Rathaus. Wer mehr verdienen will, muss den Job wechseln und sich auf eine höher dotierte Stelle bewerben.“
Bei den regelmäßig durchgeführten Bürgerbefragungen würden der Stadtverwaltung gute Ergebnisse bescheinigt, berichtet Köhler. Warum der Beamte in der öffentlichen Wahrnehmung trotzdem hartnäckig zum Faulpelz abgestempelt werde, sei ihm ein Rätsel. Das vieltausendköpfige Team der Stadtverwaltung sei von einem hohen Corpsgeist beseelt: „Wir sind ein Beispiel dafür, dass der öffentliche Dienst in Deutschland effektiv ist.“
"Beamter bleibt man bis zum Ableben"
Dass sich Vorurteile halten, liegt zweifellos an kuriosen Regelungen wie Paragraf 26 des Landesreisekostengesetzes NRW: „Wenn ein Beamter während der Dienstreise stirbt, so ist die Dienstreise beendet.“ Oder, wie es in den Unterrichtsblättern der Bundeswehrverwaltung lautet: „Der Tod ist die stärkste Form der Dienstunfähigkeit.“
Ja, manchmal hat eben auch ein engagierter Personalrat der Stadt schwer zu schleppen an dem überflüssig-dümmlichen Ballast, der das Beamtendasein umgibt. Trotzdem sagt Thomas Köhler, er vertrete seinen Stand aus Überzeugung: „Ich liebe meine Arbeit und mache das, was ich immer machen möchte.“ Er habe seine Erfüllung gefunden, fügt seine Frau hinzu. Am 31. Januar 2032, so spuckt es das Personalinformationssystem des Rathauses aus, muss er einen ausgeben. Dann geht er in Pension.
Dann wird er 50 Jahre Beamter gewesen sein. Und das wird er weitere Jahre bleiben, denn im Gegensatz zu einem Angestellten wird ein Beamter auch im Ruhestand von seinem Dienstherren bezahlt: „Beamter bleibt man bis zum Ableben“, sagt Thomas Köhler. „Und das ist gut so.“