Hagen. .
Er wolle nicht provozieren, er strebe vielmehr nach Vollendung, hat Markus Lüpertz einmal gesagt. Nun ja, darüber lässt sich trefflich streiten. Denn ein Soldat mit Nazi-Armbinde, der dem Betrachter den nackten Hintern entgegenstreckt, oder ein Mozart, der einer alten Frau gleicht und dessen Pferdeschwanz doch arg an ein männliches Geschlechtsteil erinnert, stellen für viele Menschen nun mal eine Provokation dar. Ob es sich um empörende oder vollendete Kunst handelt, davon können sich die Besucher des Osthaus-Museums aber selbst ein Bild machen: Am Samstag wird die Ausstellung „Markus Lüpertz – Der gemalte Horizont“ eröffnet.
Egal, wie man zu dem Malerfürsten mit Gehrock, Einstecktuch, Ohrring und Totenkopfring steht – zu den bedeutendsten deutschen Künstlern der Gegenwart zählt der 71-Jährige allemal. Dementsprechend glücklich, die ausdrucksstarken Arbeiten in Hagen präsentieren zu können, zeigte sich gestern Museumsleiter Dr. Tayfun Belgin: „Das war ein lang gehegter Wunsch von mir.“
Pardiesvogel der Kunstszene
Und der ist eindrucksvoll in Erfüllung gegangen: 100 Werke aus den vergangenen fünf Jahrzehnten – 45 Gemälde, 45 Zeichnungen und 10 Plastiken – zeigt die Ausstellung, die laut Museum dennoch nicht retrospektiv angelegt sei. Zwar sind auch Arbeiten aus früheren Schaffensperioden zu sehen, doch einen Schwerpunkt bilden die neuesten Gemälde und Skulpturen des Pardiesvogels der Kunstszene.
Aber vermutlich könnte Lüpertz ohnehin mit dem Begriff „Retrospektive“ nicht viel anfangen. Das klingt so nach Ende eines Lebenswerkes, Tod. Unpassend für einen Mann, der noch immer voller Schaffenskraft ist und die Frage nach dem perfekten Tag mit „Malen!“ beantwortet. Denn auch mit über 70 hat das selbsternannte Genie noch Überraschungen auf Lager. So kommen vor allem die Landschaftsmalereien in sehr bescheidener Farbigkeit daher – und beim Material gab sich der Künstler laut Tayfun Belgin ebenfalls äußerst genügsam: „Sie sind zum Teil auf sehr billigem Holz gemalt.“
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Ruf des Provokateurs
Doch keine Angst – auch der aktuelle Lüpertz verzichtet nicht auf jene Kunst, die ihm vielerorts den Ruf des Provokateurs einbrachte. So das vierteilige Gemälde „Das Urteil des Paris“, das beinahe die gesamte Kopfseite des Ausstellungsraumes in Anspruch nimmt, aber nicht nur aufgrund der imposanten Größe die Blicke auf sich zieht. Ein tragischer Held, leicht adipöse Körper, viele Farben – Lüpertz eben. Nicht minder bemerkenswert präsentiert sich die zwei Meter große Bronzestatue „Herkules Entwurfsmodell 32“, bei der der Künstler einmal mehr ein Motiv aus der Antike aufgreift. Der mythische Held mit knallroten Lippen leuchtet dabei in den schillerndsten Farben. Kunst, die die Betrachter in zwei Lager spaltet.
Zur Ausstellungseröffnung am Samstag kommt der Meister übrigens höchstselbst nach Hagen. Dann befindet sich noch ein Kunstwerk mehr im Osthaus-Museum.