Hagen.

Der Garten von Weimar liegt zwischen dem sitzenden Knaben von 1905 und der Pierette von 1911. Das Laub der Alleebäume changiert von gelb zu orange, die Friedhofsmauer leuchtet rot zwischen sattem Naturgrün, vorne rechts verschwindet ein kaum zu verifizierendes Kreuz inmitten der Farben. Das Osthausmuseum besitzt ein weiteres Meisterwerk von Christian Rohlfs (1849-1938).

Ein anonymer Kunstsammler aus Lüdenscheid hat dem Museum das Gemälde, dessen Wert auf 70.000 Euro taxiert wird, vermacht. Rohlfs malte den „Friedhof in Weimar“ im Jahre 1909, also genau in jener Phase seiner expressiven Landschaftsbilder, als er unter dem Eindruck van Goghs eine Reihe von Waldlandschaften mit Bäumen in glühenden, mit vehementem Pinselstrich aufgetragenen Farben schuf. „Das Gemälde füllt eine Lücke in unserem Bestand“, freut sich Dr. Birgit Schulte, anerkannte Rohlfs-Expertin im Hagener Museum. Zwar besitze das Haus knapp 30 Gemälde auf Leinwand von Rohlfs, doch die Serie der ausdrucksstarken Naturbilder sei bisher nicht vertreten gewesen: „Rohlfs ist ja, wenn man so will, unser Haus- und Hofkünstler.“

Untrügliches Gespür

Seit 1902 lebte und arbeitete der große Künstler, der ein untrügliches Gespür für das Zusammenspiel von Farben und die Schönheit der Welt besaß, auf Einladung von Karl Ernst Osthaus im damaligen Folkwangmuseum. Er ließ sich von den Kunstwerken, die der Mäzen ankaufte, inspirieren und versuchte sich am Pointilismus und Fauvismus. An den in Hagen gezeigten Gemälden kann man sehr gut nachvollziehen, welche Entwicklung Rohlfs zwischen dem „Rückenakt“ von 1879 und der „Gasse in Ascona“ von 1930 vollzog.

Im „Friedhof von Weimar“ ist der Einfluss van Goghs unverkennbar, insbesondere dessen „Olivenhain“ und „Irrenhausgarten in Saint-Rémy“. „Die Sammlung der Folkwang-Gemälde spiegelt sich in Rohlfs Werk wider“, analysiert Birgit Schulte. „Er verarbeitete die Sujets anderer Künstler und anverwandelte sich deren Motive.“

Verglichen mit den flammenden Farben vieler Werke aus der Landschafts-Phase ist der Garten von Weimar ein relativ dezentes Gemälde. Vermutlich verkaufte es Rohlfs seinerzeit an einen privaten Sammler, Genaues ist nicht bekannt. Erst 1978 tauchte es erstmals in einem Werkverzeichnis auf. Der Maler verbrachte die Sommermonate gern in Weimar, wo er jahrelang gelebt hatte und gefördert worden war. Von welchem Standort aus er den Friedhof malte, ist allerdings heute kaum noch nachvollziehbar.