Eckesey. . Immobilienhändler und -vermittler - darunter die im Zusammenhang mit Mendener Sparkassen-Skandal Angeklagten Johannes H. und Wolfgang A. - haben mit Schrott-Immobilien in Eckesey Kasse gemacht. Anleger und Banken wurden getäuscht.

„Bankraub mit anderen Mitteln“ – so titelte der Spiegel im März 2008. Denn während gewöhnlich bewaffnete Täter maskiert die Schalterhallen der Kreditinstitute stürmten, stellt sich das im Falle des Mendener Sparkassen-Skandals anders dar. Johannes H. aus Haspe und Wolfgang A. sitzen in diesem Zusammenhang auf der Anklagebank vor dem Landgericht Arnsberg. Jetzt weitet sich der Millionen-Skandal aus. Die Spur führt nach Hagen in die Lenaustraße. Und die diesmal betroffenen Direktbanken operieren vorzugsweise im Internet. Kassen, an denen Bankräuber Geld fordern könnten, haben sie nicht.

Spiegel

Es geht um mehr als 50 neue Fälle. Der Schaden geht in die Millionen. Wieder fühlen sich zahlreiche kleine Anleger getäuscht und betrogen. Geschädigt aber sind auch Banken, die vergeblich auf die Rückzahlung von Krediten ihrer ausnahmslos insolventen Kunden warten. Das Geld floss zum Teil direkt auf die Konten der Vermittler. Auch ein Notar, der alle in Rede stehenden Verkäufe beurkundete, profitierte von den überzogenen Verkaufspreisen.

Die Immobilien

Im Fokus stehen gebrauchte Mehrfamilienhäuser, die günstig von einem Immobilienhändler erworben wurden, der mit Johannes H. und Wolfgang A. zusammenarbeitete. Die Finanzierung mehrerer angekaufter Objekte in Eckesey und in Werne wickelte der Mann aus dem Münsterland über die Sparkasse Hagen ab. Johannes H. und Wolfgang A. waren dem Kreditinstitut wohlbekannt. Einst hatte die Sparkasse 15 Immobilien-Geschäfte finanziert, die H. und A. eingestielt hatten (unsere Zeitung berichtete).

Das System

Das System funktionierte so: Das Mehrfamilienhaus Schillerstraße/Ecke Lenaustraße wurde für rund 500.000 Euro gekauft. Dann wurden die Wohnungen einzeln vermarktet. Für etwa 1,6 Millionen Euro. Und zwar vorzugsweise an Erwerber, die keinen einzigen Cent Eigenkapital beisteuern konnten. Viele von ihnen waren pleite, und sie blieben pleite. Trotz sogenannter Kick-Back-Zahlungen erhöhten sich in der Regel ihre Schulden erheblich. Ohne, dass sie mit der neuen Wohnung über einen Gegenwert verfügten.

Das Beispiel

So erging es auch Gabriele (58) und Peter Olschewski (63/Namen geändert), die glaubten, sich ihre Altersvorsorge in Eckesey aufzubauen. In einer Gegend, die nicht zu den ersten Adressen zählt. Und auch die Ausstattung der 85 Quadratmeter Wohnung, die wie alle anderen in dem Mehrfamilienhaus durch einen Gasofen beheizt wird, war bescheiden.

Dafür aber waren die Versprechungen, denen Olschewskis Glauben schenkten, um so vollmundiger. „Keine 50 Euro im Monat, so der Immobilienhändler, würde uns die Wohnung kosten“, sagt Gabriele Olschewski, „es sei eine risikofreie Altersvorsorge. Mieteinnahmen, Steuerersparnisse – eigenes Geld bräuchten wir da gar nicht. Selbstverständlich würden die Wohnungen komplett saniert.“

Der Kick-Back

Olschewskis waren anfangs skeptisch. Dann aber glaubten sie an das „Rundum-Sorglospaket“ und kauften. „Den Kredit bei der Direktbank hatte der Immobilienhändler bzw. seine heutige Ehefrau besorgt“, so Gabriele Olschewski. Und das, obwohl die Hagenerin noch erhebliche Schulden hatte. „Das sei kein Problem. Uns wurde nach Unterschrift eine Zahlung über 30.000 Euro versprochen, mit der wir die alten Schulden tilgen sollten“, sagt Peter Olschewski. Heute weiß das Ehepaar: Diese Kick-Back-Zahlung, die in der Tat floss, war nur ein Köder. „Die Summe hatten wir durch den neuen Kredit selbst finanziert.“

Zerplatzt sind alle Seifenblasen. „Die Mieteinnahmen flossen nicht wie versprochen“, sagt Peter Olschewski. Die Direktbank forderte trotzdem ihr Geld. „Hinzu kamen Sanierungskosten für das Haus aus den frühen 60er-Jahren, die die Hausverwaltung immer wieder einforderte.“ Die Wohnung, die sie im Jahr 2005 für 130.000 Euro gekauft haben, mussten sie für den gutachterlich bestätigten Wert von 25.000 Euro veräußern.

„Ja“, sagt Gabriele Olschewski, „damals waren wir wohl zu naiv. Wir hatten ja Bedenken – aber die hat der Immobilienhändler immer wieder beiseite gewischt: Die Wohnung könnten wir jederzeit wieder verkaufen. Im Zweifel würde er selbst sie uns abnehmen. Als wir später dieses Angebot annehmen wollten, war er plötzlich für uns nicht mehr zu erreichen.“

Der Bank-Betrug

Aufgehen konnte das Modell nur, weil auch die kreditgebenden Banken getäuscht wurden. Auf die Konten der Käufer wurden zumeist kurzfristig höhere Beträge bar eingezahlt, Kontoauszüge gezogen und unter einem Vorwand das Geld gleich wieder abgehoben. Die so manipulierten Auszüge gingen als Bonitätsnachweise an die Banken.

„Unter Vorgabe falscher Informationen wurden die Kredite erschlichen“, sagt Betriebswirt Fritz Engelbrecht, der Olschewskis und zahlreiche andere Anleger, die in Eckesey kauften, berät. „Bonitätsverbessernd wurden Anträge gestellt, in denen die Erwerber als Eigennutzer ausgewiesen wurden, obwohl den Verkäufern bekannt war, dass nicht eine einzige Familie selbst einziehen wollte.“

Betrug wittern auch die Direktbanken. In einem Schreiben heißt es: „Nachträglich wurden zu den betreffenden Finanzierungen Wertgutachten angefordert. Hieraus ergibt sich die (...) Differenz zwischen ursprünglichem Kaufpreis und aktuellem Wert der einzelnen Objekte. Diese Werte waren uns zum Zeitpunkt der Vertragserstellung nicht bekannt.“

Die Täter

Während Johannes H. und Wolfgang A. wegen des Mendener Sparkassen-Skandals der Prozess gemacht wurde, arbeitet der Immobilienhändler aus dem Münsterland weiter in seinem eigenen Büro. Zu einer Stellungnahme war er nicht bereit. Die Finanzierung besorgte seine Ehefrau über ihre Agentur. In einem Schreiben führt sie im September 2010 aus: „Sicherlich ist es bedauerlich, wenn Finanzierungskunden ihre Raten nicht mehr bezahlen können. Jedoch müssen wir Ihnen nochmals deutlich mitteilen, dass wir hier nach Angaben der Vermittler und auch der Kunden Finanzierungen beantragt haben. Nach heutigem Wissensstand sind wohl falsche Angaben uns gegenüber getätigt worden.“ Im Fall der Olschewskis war es ihr eigener Ehemann, der diese (falschen) „Angaben“ machte.

Die Hagener Eheleute und andere Erwerber haben Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Dortmund (115 Js 810/11) erstattet. Der Schaden der betroffenen Banken dürfte jenseits der Fünf-Millionen-Euro-Grenze liegen. Der letzte bislang bekannte Verkauf ging Mitte 2007 über die Bühne.