Arnsberg/Unna. . Provisionen in Millionenhöhe sollen zwei Männer aus Unna und Hagen bei der Vermittlung von Krediten und überteuerten Immobilien eingestrichen haben. Seit Montag müssen sie sich vor dem Arnsberger Landgericht verantworten.

Johannes H. (45), der in Handschellen aus der U-Haft ins Gericht geführt wird, und Wolfgang A. (54) aus Unna, wirft die Staatsanwaltschaft Betrug in 50 Fällen vor. Sie sollen überteuerte Immobilien in Arnsberg, Unna, Hemer und Fröndenberg vor allem an Spätaussiedler verkauft und diese mit geschönten Berechnungen getäuscht haben. Pro Vermittlung kassierten sie laut Staatsanwaltschaft Provisionen um die 25 000 Euro. Viele Geschäfte platzten, die Käufer blieben auf unrentablen Wohnungen und hohen Kredittilgungen an die Sparkasse Menden sitzen.

Grundsätzlich räumten die Angeklagten die Geschäfte ein – ohne sich jedoch schuldig zu fühlen. Es sei alles rechtens und zu Gunsten der Kunden geplant gewesen, sagt der angeklagte Wolfgang A. Immer wieder dreht er sich herum zum Publikum, lächelt selbstsicher, fast überheblich. So, als wollte er sagen: Seht her, mir kann doch keiner was.

Auch die Nachbarn getäuscht

Im Publikum sitzt Theresa B. (49), und ihr krampft sich der Magen zusammen. „Ich könnte schreien“, sagt sie später, schreien angesichts der, wie sie es empfindet, „Verlogenheit jenes Mannes“. Wolfgang A. war jahrelang ihr Nachbar, war mit ihrer Familie eng befreundet. Der Duzfreund. Der Vertraute. Derjenige, der sie „eiskalt und skrupellos“, ins Verderben stürzte.

Jahrelang hatte ihre Familie in Unna-Massen Wand an Wand mit der Familie von Wolfgang A. gelebt. Die Beziehung war eng, und im Laufe der Jahre erlebten die Nachbarn, wie A., der Versicherungs- und Immobilienvermittler, wohlhabend wurde. Wie er einen neuen schweren Mercedes vor dem Haus parkte. Wie er den Weihnachtsurlaub in Mexico am Strand verbrachte, wie er von den teuersten Hotels schwärmte. In der Nachbarschaft verteilte er oft kleine Aufmerksamkeiten. Wolfgang A. war ein gemachter Mann. Jemand, der es geschafft hatte.

Und dann kam der Tag, als Wolfgang A. beim gemeinsamen Grillen im Garten Theresa und ihrem Mann sein Modell von der wundersamen Geldvermehrung anbot. Sie sollten eine Wohnung kaufen, über einen Kredit finanzieren, und durch Steuerersparnis und hohe Mieteinnahmen davon profitieren.

Blind vertraut

„Wir haben ihm blind vertraut! Wir dachten doch nicht daran, dass er uns betrügen könnte!“, ist Theresa heute noch entsetzt. „Wir sahen täglich: Er hat soviel Geld, er hat doch alles, was er will! Er braucht unser Geld doch nicht — im Gegenteil: Er will uns bestimmt etwas Gutes tun!“

Heute weiß Theresa es besser. 168 000 Euro nahm sie bei der Sparkasse Menden als Kredit auf. Davon sollte eine Wohnung gekauft werden – als Kapitalanlage. Doch schon bald fiel alles zusammen wie ein Kartenhaus. Die Mieteinnahmen blieben deutlich hinter den Versprechungen zurück, die Steuerentlastung war geringer, die Lebensversicherungsprämien nicht eingerechnet. Die völlig überteuerte Wohnung musste Theresa B. wenige Jahre später verkaufen: Für nur noch 55 000 Euro.

Rolle der Sparkasse noch ungeklärt

Bis September letzten Jahres zahlte sie den Kredit an die Sparkasse Menden zurück. Die Sparkasse, deren Rolle bei den unseriösen Kreditgeschäften noch nicht aufgeklärt ist. Dann schloss sie zähneknirschend einen Vergleich. 50 000 Euro Verlust aus dem Immobiliengeschäft, 21 000 Euro Restschuld, 6 000 Euro Rechtsanwaltsgebühren – das das sind nur Zahlen, die das Geschäft mit der Sparkasse und ihrem Nachbarn beschreiben. Zahlen, die erklären, warum seit Jahren das Geld fehlt für eine Urlaubsreise. Warum Theresa und ihr Mann nur beim Discounter Kleidung und Lebensmittel kaufen und mit alten Autos zur Arbeit fahren.

Als sie vor einem Familienfest Lebensmittel besorgen wollte, war die EC-Karte plötzlich gesperrt: Die Sparkasse hatte ihr Konto gepfändet. „Da haben wir aus Resten gekocht. Ich habe versucht, mir nichts anmerken zu lassen.“ Immer wieder sind es solche Momente voller Scham, die Theresa B. stocken lassen, und wenn sie davon erzählt bricht ihre Stimme. „Ich wollte doch immer ein Vorbild sein, für meine Familie, für meinen Sohn. Und dann so etwas...“

Als der erste Prozesstag endet, verlässt Wolfgang A. das Gerichtsgebäude, geht erhobenen Hauptes an seiner früheren Nachbarin vorbei. „Wenn er wenigstens gesagt hätte: Es tut mir leid, Theresa“, sagt sie. „Aber nicht mal das. Vielleicht wäre ich besser nicht hierher gekommen.“