Hagen. . Die Schulpflegschaftsvorsitzenden der sechs Hagener Realschulen lehnen in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Dehm und den Stadtrat die Gründung von Sekundarschulen kategorisch ab.

Die Schulpflegschaftsvorsitzenden der sechs Hagener Realschulen lehnen in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Dehm und den Stadtrat die Gründung von Sekundarschulen kategorisch ab. Die von Gutachter Wolf Krämer-Mandeau vorgeschlagene, vollständige Abschaffung aller Realschulen und deren Ersetzung durch Sekundarschulen sei ein pädagogisches und ideologisches Experiment mit ungewissem Ausgang, für das sie ihre Kinder nicht hergeben würden, heißt es in dem von Stefan Kebbekus (Realschule Emst), Bettina Schnermann (Realschule Boelerheide), Britta Darenberg (Realschule Hohenlimburg), Cornelia Birth (Realschule Altenhagen), Angela Andess (Realschule Haspe) und Dieter Gobien (Realschule Halden) unterzeichneten Schreiben.

„Hervorragende Bildungsarbeit“

Die Elternvertreter bemängeln, die individuelle Förderung des einzelnen Schülers sei in einer Sekundarschule unmöglich, denn dort würden entweder die leistungsstarken Schüler unter- oder aber die leistungsschwachen Schüler überfordert. Ein mehrgliedriges Schulsystem biete dagegen weit bessere Möglichkeiten, die Schüler optimal zu fördern und zu fordern.

Gerade die Hagener Realschulen leisteten seit Jahrzehnten hervorragende Bildungsarbeit, so die Eltern: „Sie sind bei Eltern und Schülern anerkannt und beliebt. Ortsansässige Betriebe fragen gezielt in den Realschulen per Ausbildungsplatzangeboten nach künftigen Mitarbeitern. Wieso eine derart erfolgreiche Schulart in Hagen abgeschafft werden soll, erschließt sich uns nicht.“ Zudem gebe es keinen wissenschaftlichen Beweis für die Vorteile der Sekundarschule.

Die Eltern kritisieren auch, dass ihnen mit der Sekundarschule die Ganztagsbetreuung „aufgezwungen“ werden solle, obwohl diese von vielen Eltern in Hagen abgelehnt werde. Der gebundene Ganztag stellen einen „massiven Eingriff in unsere Entscheidungshoheit als Erziehungsberechtigte“ dar. Kinder seien die Zukunft der Stadt: „Die Hagener Politik sollte aus Verantwortung auf bildungspolitische Experimente verzichten.“ Es sei unverantwortlich, die Schulden der Vergangenheit auf dem Rücken der Kinder abtragen zu wollen, erklären die Eltern mit Blick auf die Finanzlage der Stadt.

Abschaffung rechtswidrig

Die Abschaffung aller Realschulen halten die Eltern zudem für rechtswidrig. Der Landesgesetzgeber habe keineswegs beabsichtigt, einen historisch einzigartigen bildungspolitischen Kahlschlag durchzuführen. Die Sekundarschule sei lediglich als Ergänzung zum mehrgliedrigen Schulsystem gedacht.

An der Realschule Emst formiert sich der Protest: Sie soll nach einem Gutachten geschlossen werden. Entschieden ist aber noch nichts.
An der Realschule Emst formiert sich der Protest: Sie soll nach einem Gutachten geschlossen werden. Entschieden ist aber noch nichts. © WP Michael Kleinrensing

Das Regierungspräsidium in Arnsberg teilte gestern mit, grundsätzlich sei die Abschaffung aller Realschulen zugunsten von Sekundarschulen sehr wohl möglich. Zuvor müsse jedoch der Elternwille in den Grundschulen, in denen die zukünftigen Real- bzw. Sekundarschüler sitzen, abgefragt werden: „Und dabei muss der Wunsch nach einer Sekundarschule deutlich werden“, so ein Sprecher der Behörde. Zudem müsse die Stadt bei einer derart einschneidenden Maßnahme wie der flächendeckenden Einführung von Sekundarschulen den „regionalen Konsens“ herstellen, also das Einvernehmen mit den umliegenden Städten und Gemeinden suchen.

Schüler, die bereits eine Realschule besuchen oder dort angemeldet sind, sind von zukünftigen Veränderungen nicht betroffen. Sie dürfen ihre Schullaufbahn unter allen Umständen an einer Realschule beenden.