Hagen. . Das Opfer wird in diesem Prozess wegen schwerer Körperverletzung nicht als Zeuge vor Gericht erscheinen. Denn Waldemar E. (76) kann nicht mehr aussagen. Nach grausamen Misshandlungen liegt er seit neun Monaten im dauernden Siechtum.

Seit Dienstag (10. Januar 2012) verhandelt das Landgericht den Fall. Der Angeklagte: Klaus-Dieter L. (48) vom Loxbaum. Zurückgekämmtes, silbergraues Haar, dunkles Brillengestell. Ein Alkoholiker und Frührentner. Er sagt: „Ich habe das nicht gemacht“ und verheddert sich anschließend in einem Knäuel aus Widersprüchen.

Fest steht, dass die beiden Männer im Frühjahr letzten Jahres in einer Wohnung an der Bürgerstraße sechs Wochen lang zusammen lebten. Der eine übernachtete im Wohnzimmer, der andere schlief in der Küche. Eine Zweckgemeinschaft aus chronischem Geldmangel, Bier, Schnaps und einem Dauer-Streit um das TV-Programm.

Zwei Tage lang Qualen

Der 76-jährige Waldemar war früher einmal Kick-Boxer, „hatte Hände wie Schraubzwingen“, „guckte von morgens bis nachts immer nur Sport“. Das nervte den Angeklagten und eigentlichen Hausherrn. Mit steigendem Promillepegel fiel mitten in der Nacht die Hemmschwelle: „Immer nur Sport? Da habe ich die Kiste auf den Boden geschmissen: Jetzt guckst Du kein Fernsehen mehr!“

Dann bekam der Ex-Boxer Schläge: „Ich habe ihm eine gegeben. Mitten ins Gesicht. Könnten auch mehr gewesen sein: zwei, drei.“ Richter Marcus Teich hakt nach: „Kann es vielleicht auch sein, dass Sie mit dem Fernsehgerät zugeschlagen haben?

Bis zur Bewusstlosigkeit

Am Ende sackte der 76-jährige schwer verletzt zu Boden: Mit Schädel- und Hirnprellungen, Jochbeinbruch, Mittelgesichtsbrüchen sowie einem Bruch der Lendenwirbelsäule. Zwei lange Tage – davon geht die Anklage aus – lag der alte Mann auf dem kalten Linoleum, quälte sich vor Schmerzen, bis zur Bewusstlosigkeit.

Derweil unternahm der Angeklagte nichts, um ärztliche Hilfe herbeizuholen. Stattdessen flößte er dem Schwerverletzten noch eine Viertelflasche Whisky ein. Klaus-Dieter L. prahlte gegenüber einem Nachbarn: „Ich habe einen Boxer in meiner Wohnung, der liegt da in seinem Blut.“

Am Freitag geht der Prozess weiter. Strafverteidiger Thorsten Merz: „Für meinen Mandanten steht in diesem Verfahren auch eine Sicherungsverwahrung auf dem Spiel.“