Hagen.

Es war rechtlich Tötung auf Verlangen, obwohl es tatsächlich wohl gar kein Töten auf Verlangen war. Der Hagener, der seine Freundin nach eigenen Aussagen auf ihren Wunsch hin getötet hatte, muss für viereinhalb Jahre ins Gefängnis.

Mit einer geradezu philosophischen Begründung balancierte Dr. Frank Schreiber, Vorsitzender des Schwurgerichts, ausgesprochen wortgewandt, mitunter gar poetisch, aber stets geschickt, entlang steiler juristischer Klippen.

Vorab das nüchterne Urteil: Kurt Joseph D. (38), der in einer Wohnung an der Sunderlohstraße (Eilpe) am 21. Juli seine Freundin Joana (38) erwürgte, muss für viereinhalb Jahre hinter Gitter. Er sagte, er habe es auf ihren sehnlichsten Wunsch hin und nur aus Liebe getan. Staatsanwalt Klaus Knierim nahm ihm das nicht ab und beantragte wegen Totschlags sechseinhalb Jahre Gefängnis. Die Richter blieben in ihrem Strafmaß zwei Jahre darunter.

Schwer traumatisiert

Der Angeklagte und die Frau, „deren Weg von einer Serie schwerster Traumatisierungen gekennzeichnet ist“, hatten sich vor acht Jahren im Werkhof kennengelernt. Bis dahin war ihre Vergangenheit geprägt durch sexuellen Missbrauch, Heimerziehung und Abgleiten in die Zwangsprostitution. Mehrere Vergewaltigungen und schwere entstellende Misshandlungen lösten tiefe Depressionen in ihr aus.

Dann trat Kurt Joseph D. in Joanas Leben - der Leidensweg ging weiter. Dr. Schreiber: „Ein Weg vom schlimmsten Regen in die noch schlimmere Traufe.“ „Zu dieser Zeit hatte sie keinen Willen sich selbst zu töten, aber auch nicht, einem anderen ihren freien Tod abzuverlangen.“

„Sie haben ihr das Leben genommen“

Bis der Freund schließlich seine schlanken Finger um ihren Kehlkopf legte und zehn Minuten lang zudrückte. „Diese gigantische Hemmschwelle zu überwinden, einen Menschen zu töten, den man liebt, dazu braucht man schon einen guten Grund.“ Trotzdem stellte der Richter klar: „Es gab keinen ernstlichen, selbstbestimmten und freien Todeswunsch“ von Joana, insofern sei die Tat in einem „kaum steigerungsfähigen Maß an Leichtfertigkeit“ geschehen.

Der Vorsitzende an den zusammengekauerten Angeklagten: „Die Frau ist an Sie geraten und Sie haben ihr das Leben genommen.“