Hagen. Selbst im horizontalen Gewerbe wird der Fachkräftemangel in Hagen inzwischen sichtbar. Die Einnahmen aus der Sexsteuer lohnen sich nicht mehr.
Jetzt lässt sich offenkundig selbst mit einer Sexsteuer in Hagen kein Geld mehr verdienen. Das liegt nicht etwa an einem grassierenden Tote-Hose-Phänomen in der Stadt. Vielmehr steht der erforderliche Aufwand für die Erhebung der Rotlicht-Einnahmen in keinem sinnvollen Verhältnis mehr zu den paar Kröten, die letztlich in der Stadtkasse klimpern. Der Grund: Selbst diese Branche leidet unter Fachkräftemangel, sodass die Bordelle immer seltener geöffnet haben. Entsprechend hat der Hagener Rat jetzt entschieden, diese schlüpfrige Geldquelle zum Jahresende endgültig versiegen zu lassen.
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Geldquelle in Zeiten der Not
Die erst 2015 eingeführte Sex-Steuer sollte seinerzeit dazu beitragen, dass mit dem professionellen Wohlfühlservice für zahlungswillige Freier Hagens sich die dramatische Haushaltssituation ebenfalls ein wenig entspannt. Also quasi ein Verwaltungsakt im Schatten des zwischenmenschlichen Rotlicht-Verkehrs, der jährlich immerhin 20.000 Euro einbringen sollte. Erreicht wurde dieser Betrag in der Vor-Corona-Ära durchaus, seitdem lässt sich jedoch mit der „gewerbsmäßigen Einräumung der entgeltlichen Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen“ – es lebe der Amtsschimmel – jedoch kein nennenswerter Erlös erwirtschaften – 2023 gerade einmal 11.600 Euro. „Zumal auch in dieser Branche ,Personalmangel‘ herrscht“, erläutert Stadtsprecherin Clara Treude, „das heißt, die einschlägigen Etablissements haben nur noch am Wochenende und nicht mehr unter der Woche geöffnet.“
Dabei hat sich die Anzahl der Bordelle in der Stadt seit der Pandemie nach Angaben der Verwaltung kaum verändert: Dem Fachbereich für Ordnung und Sicherheit sind aktuell sieben Etablissements vorzugsweise in der Düppenbeckerstraße gemeldet. Zwei weitere sind zwar bekannt, zurzeit jedoch mangels Genehmigung und wegen Umbauten nach dem Jahrhunderthochwasser nicht in Betrieb. Auf Grundlage einer Selbstauskunft werden hier je angefangene zehn Quadratmeter Freudenhaus-Fläche drei Euro Sexsteuer pro Tag erhoben. Sauna-Clubs oder Table-Dance-Bars sowie FFK- und Swingerclubs sind derweil ganz aus Hagen verschwunden oder gehörten nie zum Portfolio der lokalen Lusttempel. Gleiches gilt für die ansässigen Pornokinos, die vor der Übermacht der Sex-Filmchen im Internet inzwischen alle kapituliert haben und zuvor ebenfalls nie im Fokus der Sexsteuer-Eintreiber standen.
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Grauzone in den Wohnungen
Bislang mussten die Besucher lustversprechender Adressen nicht damit rechnen, dass sie an den Pforten der klassischen Bordelle bereits von einem Steuerbediensteten mit dem kommunalen Klingelbeutel abkassiert werden. Vielmehr fokussierte sich Kämmerer Christoph Gerbersmann darauf, bei den örtlichen Betreibern nach dem beschriebenen Flächenschlüssel die Hand aufzuhalten, um den behördlichen Personaleinsatz möglichst gering zu halten. Vor dem Hintergrund des jüngsten Entwicklungen ist, so Stadtsprecherin Treude, „mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, keine Steigerung dieser Einnahmequelle zu erwarten“. Zumal es in Hagen auch keinen offiziellen Straßenstrich gibt und selbst die Rotlicht-Wohnwagen in den Gewerbegebieten weitgehend verschwunden sind. Es bleibt die große Grauzone der legalen und illegalen Wohnungsprostitution. Zu diesem Terrain, möchte die Stadt keine Schätzung zur Zahl der dort tätigen Frauen und Männer abgeben, verweist jedoch darauf, dass hier bei Kontrollen von Ordnungsamt und Zoll regelmäßig zwielichtige Wohnungen entdeckt werden.