Hohenlimburg. Eine Ente kommt zum zweiten Mal zum Nisten zu Katja-Nina Wischnewski in den Lennepark. Im letzten Jahr schlüpften viele Küken:

Dieses besonderes Frühstück vor fast genau einem Jahr hat André Schmidt bis heute nicht vergessen: Beim Blick hinaus auf den Balkon sah er rund um einen Blumentopf reichlich Erde verteilt, als hätte ein Fremder in dem Topf gewühlt. „Ich saß am Esstisch und habe mich gefragt, warum ist das so dreckig?“, erinnert sich der Hohenlimburger. Beim zweiten Blick herrschte Klarheit, denn im Blumentopf lag ein Ei. Eine Wildente hatte sich den Topf als Nest ausgesucht. Es war der Anfang einer Geschichte, die mit dem Schlüpfen von mehreren Küken endete - und mit der Rückkehr besagter Wildente in diesem Frühjahr neu begann.

Balkon im vierten Stock

Die Wohnung, in der André Schmidt und seine Partnerin Katja-Nina Wischnewski leben, liegt mitten im Lennepark. Um auf dem Balkon des Paares zu nisten, nahm die Ente einen Flug in den vierten Stock in Kauf. Das Tier wuchs den Hohenlimburgern ans Herz. Sie tauften sie „Trude“, legten Heu für ihr Nest zurecht, boten Wasser und Futter an. Im Internet recherchierte Katja-Nina Wischnewski, wie lange die Lege- und Brutzeit der Tiere dauert und wie sie sich in dieser Zeit verhalten. Akribisch notierte sie jeden Besuch und markierte die Tage, an denen ein neues Ei im Blumentopf hinzukam. „Neun Eier hat sie im letzten Frühjahr dort gelegt“, bilanziert sie.

Ente „Trude“ flog im April 2022 erstmals auf den Balkon mitten im Lennepark. Damals brütete sie dort neun Eier aus. In diesem Frühjahr kehrte sie zurück und brütet zehn Eier. 
Ente „Trude“ flog im April 2022 erstmals auf den Balkon mitten im Lennepark. Damals brütete sie dort neun Eier aus. In diesem Frühjahr kehrte sie zurück und brütet zehn Eier.  © WP Hagen | Marcel Krombusch

Flexibel bei Nestwahl

Bei „Trude“ handelt es sich um eine Stockente, wie es sie zigfach an der Lenne und anderen heimischen Gewässern gibt. Eine Enten-Art, die bei der Suche nach einem Standort für ihr Nest sehr flexibel ist. Daher hat die Stockente übrigens auch ihren Namen: Denn anders als andere Enten brütet sie nicht nur am Ufer, sondern auch auf Kopfweiden – also Weiden, die „auf den Stock gesetzt“ wurden. „In den Bäumen brüten die Stockenten geschützt“, erläutert der heimische Vogelkundler Andreas Welzel.

Entsprechend mache es den Tieren auch nichts aus, auf höher gelegenen Balkonen oder Dächern zu nisten. Er empfiehlt, die Tiere dann einfach in Ruhe brüten und der Natur ihren Lauf zu lassen. Die hoch gelegenen Nester auf Balkone bergen allerdings auch Gefahren für die Eier: „Dieses Verhalten begrüßen die Elstern“, verweist Welzel auf die kulinarischen Vorlieben der Vögel, die gerne Eier anderer Vögel verspeisen.

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Balkon abgesichert

Von diebischen Elstern in ihrem Nest blieb Ente „Trude“ verschont. Rund einen Monat lang saß sie im Blumentopf, um zu brüten. Katja-Nina Wischnewski und ihr Partner kauften extra Vorhänge für das Balkonfenster, um das Tier in Ruhe brüten zu lassen und vor Blicken aus dem Wohnzimmer zu schützen. Außerdem sicherten sie den Balkon ab, damit die geschlüpften Küken nicht durch eine Lücke in die Tiefe stürzen. „Wenn man schon Tiere hat, dann muss man sich auch darum kümmern“, betont André Schmidt. Das Paar hat früher unter anderem zwei Mäuse gehabt und diesen mit einem dreistöckigen Regal ein beachtliches Heim geschaffen.

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Küken geschlüpft

Im Juli vergangenen Jahres schlüpften die Küken von Ente „Trude“. „Ich hatte mir vorgenommen, jedem Küken einen Namen zu geben“, verrät Katja-Nina Wischnewski, selbst Mutter eines Sohnes. „Allerdings habe ich das schnell aufgegeben - man kann die Küken kaum auseinanderhalten.“ Die frisch geschlüpften Küken sind in der Lage zu laufen und sich selbst zu ernähren. Sie verlassen schon wenige Stunden nach dem Schlupf das Nest. Wischnewski legte sie vorsichtig in einen Eimer und trug sie den Treppenflur hinunter an die Lenne. Am Ufer entließ sie die Tiere in die Freiheit, wachsam begleitet von Entenmutter „Trude“.

Ich hatte mir vorgenommen, jedem Küken einen Namen zu geben. Allerdings habe ich das schnell aufgegeben - man kann die Küken kaum auseinanderhalten.
Katja-Nina Wischnewski, Hohenlimburgerin, lässt eine Ente auf ihrem Balkon brüten

Ente kehrt zurück

„Wir haben die Enten-Familie danach noch ein paar Mal in der Lenne gesehen.“ Doch im Spätsommer verlor sich die Spur. Ein paar Eierschalen von damals stehen als Erinnerung in einem Deko-Glas in der Wohnung. „Wir hofften immer, dass sie wiederkommt.“

Erinnerung: Ein paar Reste der Eierschalen von geschlüpften Küken auf ihrem Balkon hat Katja-Nina Wischnewski in einem Deko-Glas in ihrer Wohnung in Szene gesetzt.
Erinnerung: Ein paar Reste der Eierschalen von geschlüpften Küken auf ihrem Balkon hat Katja-Nina Wischnewski in einem Deko-Glas in ihrer Wohnung in Szene gesetzt. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Vor ein paar Wochen kehrte „Trude“ tatsächlich zurück. „Am 11. März stand sie auf einmal wieder auf unserem Balkon“, erinnert sich Wischnewski und lächelt. Ein zweites Mal nistet sich die Ente im Blumentopf ein. Diesmal brütet sie zehn Eier. Auf den Tag, an dem die neuen Küken schlüpfen, freuen sich die Gastgeber schon heute: „Ich werde wieder versuchen, ihnen einen Namen zu geben“, kündigt Katja-Nina Wischnewski an.

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