Hagen. Trotz neuer Schulden: Die Stadt Hagen wird die Steuern für Bürger und Unternehmen nicht erhöhen. Alle Hintergründe.

Es war am Ende ein langes, ein zähes Ringen. Änderungen, Ergänzungen, emotionale Diskussionen, dann aber dieses Ergebnis: Die Stadt Hagen wird weder die Grundsteuer noch die Gewerbesteuer erhöhen. Auch Eltern müssen künftig nicht mehr für die Betreuung ihrer Kinder aufwenden. Das sind die wichtigsten Beschlüsse aus dem Haupt- und Finanzausschuss, die der Rat noch bestätigen muss.

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Beide Steuern wollte Kämmerer Christoph Gerbersmann (CDU) angesichts der Haushaltslöcher und des Schuldenbergs erhöhen. 11,6 Millionen Euro zusätzlich sollten so jährlich in die Stadtkasse fließen.

Allianz für moderate Erhöhung

Zumindest eine „moderate Erhöhung“ der Grundbesitzabgaben, die alle Hausbesitzer zahlen müssen und die über Mieterhöhungen wohl weitergereicht worden wären, hätten auch die Allianz aus CDU, Grünen und FDP - wenn auch zähneknirschend - mitgetragen. Weil sich aber sonst keine Fraktion oder Ratsgruppe anschloss, fand sich auch dafür keine Mehrheit.

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Durch diesen wegweisenden Beschluss und durch die Entscheidung, dass auch die Hebesätze für die Gewerbesteuer unangetastet bleiben kommen weitere Schulden in den nächsten Jahren auf die Stadt zu. Immerhin gibt es zarte Ansätze einer Kompensation: Eine angestrebte Erhöhung der Ausschüttung von Sparkasse und Wirtschaftsbetrieb Hagen sollen zum Teil dazu beitragen, Einnahmeverluste auszugleichen,

Schuldenberg wächst wieder an

39,2 Millionen errechneten die Experten der Kämmerei für 2024, 44,7 Millionen für 2025, 44,3 Millionen für 2026, 35,1 Millionen für 2027. Erst im Jahre 2031 kann es nach Prognosen der Stadt wieder gelingen, einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen. Voraussetzung: Es kommt zu keinen neuen Belastungen (wie zuletzt durch die Jahrhundertflut, die Corona-Krise oder den Ukraine-Krieg), die sich heute noch nicht absehen lassen.

Das alles wird zu einer Situation führen, wie wir sie in dieser Stadt noch nicht hatten. Das ist selbst im Vergleich zu unseren schlechtesten Zeiten noch einmal eine Verschlechterung.
Christoph Gerbersmann - Kämmerer

Genau vor dem Szenario, das die Politik letztlich mehrheitlich beschlossen hat, hatte der scheidende CDU-Kämmerer noch einmal eindringlich gewarnt und dabei auch schon angekündigt, dass die Gewerbesteuer schon in diesem Jahr längst nicht in dem Umfang fließe, wie man es ursprünglich mal erhofft und kalkuliert hatte: „Das alles wird zu einer Situation führen, wie wir sie in dieser Stadt noch nicht hatten. Das ist selbst im Vergleich zu unseren schlechtesten Zeiten noch einmal eine Verschlechterung.“

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Und weiter: „Wenn wir die geplanten Steuererhöhungen ohne Kompensationen streichen, ist ein Drittel unseres Haushaltssicherungskonzepts hinfällig. Wir verlagern unsere Probleme damit auf kommende Genrerationen.“

Wir sind gerade dabei, 13 Jahre Konsolidierung einfach wegzuschmeißen.
Jörg Klepper - Fraktionsvorsitzender CDU

Keine Einigkeit im Vorfeld

Ähnlich argumentierte auch die CDU, die mit eigenen Vorschlägen in die Sitzung gegangen war. Fraktionsvorsitzender Jörg Klepper bedauerte, dass es im Vorfeld nicht gelungen sei, „Einigkeit unter den Demokraten im Rat“ herzustellen. „Wir sind gerade dabei, 13 Jahre Konsolidierung einfach wegzuschmeißen.“ Seine Fraktion sei die einzige, die Kompensierungen vorgeschlagen habe.

Dass man sich gegenüber den Bürgern ehrlich machen müsse, unterstrich Jörg Fritzsche für die Grünen: „Ohne Steuererhöhungen wird es nicht gehen.“

Bürger haben Schulden bei der Stadt

Das sieht man bei vielen anderen Fraktionen und Gruppen anders. Für die SPD argumentierten Claus Rudel und Werner König: „Wenn Steuererhöhungen die Lösungen der Probleme bedeuten würden, wären wir ja bereit, mitzugehen“, so König, „aber das ist nicht so.“

Wir glauben, dass wir am Ende der Zumutungen angekommen sind. Der Anstieg der Verbindlichkeiten der Bürger gegenüber der Stadt zeigt schon jetzt, dass viele ihren Verpflichtungen einfach nicht mehr nachkommen können.
Claus Rudel - Fraktionsvorsitzender der SPD

„Wir glauben, dass wir am Ende der Zumutungen angekommen sind“, erklärte Rudel, „der Anstieg der Verbindlichkeiten der Bürger gegenüber der Stadt zeigt schon jetzt, dass viele ihren Verpflichtungen einfach nicht mehr nachkommen können.“