Hagen. Aus dem Freilichtmuseum gibt es gleich mehrere Neuigkeiten: Die Bahn soll dieses Jahr losrollen, es gibt ein neues Museum; und eine neue Leiterin
Es waren lange, kalte und nasse Monate. So langsam aber legt sich der Frühling über das Mäckinger Bachtal. An den Wegen wird gearbeitet, das Leben hält Einzug in die Häuser. Vorbereitungen für die neue Saison im Freilichtmuseum.
Für Dr. Bärbel Maul, 59 Jahre alt, wird es die erste sein. Sie ist die neue Leiterin und Nachfolgerin von Dr. Uwe Beckmann. „Das ist ein wunderschöner Ort - und die neue Aufgabe belebt“, sagt sie mit Blick auf das Freilichtmuseum und lächelt. Sie hat jetzt einen Zweitwohnsitz in Eilpe, gute zehn Minuten Fahrtstrecke vom neuen Arbeitsplatz entfernt. „Ich wurde gut aufgenommen, im Job aber auch in der Nachbarschaft. Die Westfalen sind ein offener Schlag, das gefällt mir.“
In den letzten knapp 15 Jahren hat sie das Stadt- und Industriemuseum in Rüsselsheim geleitet, dort unter anderem die Sanierung und Neukonzeption von Museum und Dauer-Ausstellung verantwortet, an der Entwicklung der Route der Industriekultur Rhein-Main mitgewirkt und als Historikerin und Pädagogin im Modellprojekt „Stadtmuseum inklusive“ erprobt, wie Menschen mit kognitiven Einschränkungen die Teilhabe im Museum ermöglicht werden kann.
Neue Wegebahn rollt ab Juli
Damit schließt sich quasi ein schöner Kreis. Denn in ihrer ersten Saison in Hagen wird die neue Wegebahn anrollen, die das Museumsgelände für Menschen erlebbar machen soll, die nicht gut zu Fuß sind, Einschränkungen haben oder einfach das Museum auf neuen Wegen erkunden möchten. „Seit fast zehn Jahren hat uns dieses Thema beschäftigt. Mit der Bahn können wir das 42 Hektar große Gelände für alle erschließen“, freut sich auch LWL-Direktor Dr. Georg Lunemann.
Die neue Bahn soll im Sommer zum ersten Mal den Berg hochrollen, vom neuen Eingangsgelände aus über mehrere Stopps bis hoch zum Museumsplatz. Sie wird ausschließlich elektrisch betrieben, hat gut 220 Kilometer Reichweite und bietet Platz für 28 Personen, auch Rollstühle können mitgenommen werden. „Die Nutzung ist für jeden Besucher kostenlos. Das ist ein riesiger Fortschritt in Richtung Barrierefreiheit“, betont Lunemann mit Blick auf den Starttermin Anfang Juli.
Auf dem Gelände zu sehen ist von der Bahn bislang noch nichts - aber der Starttermin steht bereits. Am 7. Juli soll es neben der ersten Fahrt ein inklusives Fest geben - bei freiem Eintritt. Ein Gebärdenchor wird auftreten, es gibt Sitzgymnastik, einen inklusiven Spielestand, inklusive Sportmannschaften sind dabei, oder es werden Tastführungen für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen angeboten.
„Damit möchten wir eine neue Zielgruppe in den Blick nehmen und nachhaltige Angebote für sie in unserem Freilichtmuseum schaffen“, betont auch die stellvertretende Museumsleiterin Dr. Anke Hufschmidt. 120.000 Besucher kamen im letzten Jahr her - „und damit zeigt der Trend nach Corona erfreulicherweise wieder nach oben“.
Alte und neue Angebote auf dem Gelände
Neu ist in dieser Saison aber nicht nur die Wegebahn. Nein, in dieser Saison wird auch ein neues Museum im Museum eröffnen, eine neue Attraktion. Durch eine neue Partnerschaft mit dem Förderkreis Deutsches Kaltwalzmuseum konnten die Objekte, die vor einigen Jahren noch im Schloss Hohenlimburg zu sehen waren, an den Mäckingerbach umziehen. Am 14. April wird das Deutsche Kaltwalzmuseum auf dem Gelände öffnen.
„Parallel zu neuen Attraktionen sollen natürlich altbewährte Termine erhalten bleiben. Dazu zählen unter anderem das Trecker-Treffen (1. Mai), das Herbstfest (5. bis 6. Oktober) oder auch der Weihnachtsmarkt (29. November bis 3. Dezember)“, blickt Bärbel Maul auf die kommenden Monate. Erstmals soll es in diesem Jahr einen Repair-Day (30. Juni) geben, bei dem Besucherinnen und Besucher defekte oder ausgediente Haushaltsartikel mit ins Freilichtmuseum bringen können, um sie zu reparieren oder daraus Neues zu schaffen.
Bei den Ausstellungen sollen in diesem Jahr aktuelle gesellschaftliche Themen in den Fokus gerückt werden. So ist in der Goldschmiede die Ausstellung „Struktur//Wandel“ zu sehen, die kreative Goldschmiedearbeiten von Auszubildenden zum Thema Bernstein zeigen wird (29. März bis 30. Juni). Im Forum Museum (ehemaliges Eingangsgebäude) wird ab Anfang Mai die Ausstellung „Deutschlands Bodenschätze“ zu sehen sein. Es handelt sich dabei um die größte Sonderausstellung der Saison (Übernahme aus dem Carl-Bosch-Museum Heidelberg).
Zeitgleich startet am 5. Mai die Präsentation von „Macheten, Tabak, Edelsteine. Koloniale Spuren im Handwerk und Gewerbe“, angelehnt an das LWL-Themenjahr „POWR! Postkoloniales Westfalen-Lippe“. Dazu wird es 15 Stationen auf dem Gelände geben, „die auch mit einer App erkundet werden können“, freut sich Hufschmidt. Das gesamte Programm kann wie immer über die Internetseite eingesehen werden.
Zur neuen Leiterin
Dr. Bärbel Maul ist 1964 in Bad Hersfeld geboren, hat an der Universität Mainz Mittlere und Neuere Geschichte, Osteuropäische Geschichte und Pädagogik studiert und promovierte 2001 mit einer Arbeit zur Geschichte des Frauenstudiums in der Nachkriegszeit. Von 1992 bis 2000 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am pädagogischen Institut sowie an der Zentralstelle für wissenschaftliche Weiterbildung der Universität Mainz tätig. 2000 bis 2008 bereitete sie im Kulturamt der Stadt Wiesbaden die Gründung des Wiesbadener Stadtmuseums vor. Seit 2009 leitete sie das Stadt- und Industriemuseum in Rüsselsheim, bevor sie 2023 Leiterin des Freilichtmuseums in Hagen wurde.