Breckerfeld. Mit 46 Traktoren und Lkw legen Landwirte und Spediteure den Verkehr in Breckerfeld lahm. So blickt Heiner Born auf die Situation der Bauern.

Er hält kurz an jener Stelle, an der es im Ortskern besonders eng wird. Ein Kind am Straßenrand winkt, ein Mann hat sein Handy gezückt und schießt ein Foto. Heiner Born drückt auf die Hupe und winkt. Ein paar Meter weiter hält eine Frau ein Pappschild hoch: „Danke“ steht darauf und daneben hat sie einen Daumen gemalt, der nach oben zeigt. Ein Paar Gummistiefel baumelt symbolisch am Ortsschild Breckerfeld. Es sind Eindrücke von einer Demonstration, wie sie die Hansestadt noch nicht erlebt hat. Mit 40 Traktoren und sechs Lastwagen legen der Ortslandwirt und seine Kollegen den Verkehr lahm. So blickt Born auf den Protesttag und die Situation vor Ort.

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Die Bundesregierung hat doch nachgegeben und einen Kompromiss vorgelegt. Muss der Protest denn da noch sein?

Heiner Born: Ja. Auf jeden Fall. Im Radio wurde verkündet, es ging nur um 1000 Euro. Das ärgert mich maßlos. Wenn das das Thema wäre, würde ich nicht hier auf dem Traktor sitzen, sondern mich um meine Kühe im Stall kümmern.

Worum geht es denn dann?

Die Politik hat uns vergessen. Es geht um die Zukunft unseres Berufsstands. Es geht um die Versorgungssicherheit im Land. Darum, dass wir gerade dabei sind, uns in einem weiteren Bereich abhängig zu machen vom Ausland. Und wenn ich auf mich und meinen Hof blicke und es bei dem bleibt, was die Regierung jetzt vorgeschlagen hat, dann fehlen mit pro Jahr 6000 Euro. Dazu kommt, dass der Milchpreis gerade von 60 auf 38 Cent gefallen ist. Das sind noch einmal 10.000 Euro jährlich, über die wir da reden. Woher soll das Geld denn kommen?

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Sehen Sie ihre Existenz in Gefahr?

Ganz klar: ja. Als ich vor sieben Jahren den Hof von meinem Vater übernommen habe, bin ich fest davon ausgegangen, dass ich bis zur Rente Bauer sein kann und dann wiederum den Hof an meinen Sohn übergeben werde. Wenn ich heute auf die Situation blicke, dann weiß ich nicht, ob ich die nächsten Jahre überleben kann. Das sind die Pläne der Politik, immer neue Vorgaben, die ständig wachsende Bürokratie - ein Viertel meiner Arbeitszeit muss ich mittlerweile am Schreibtisch verbringen. Dafür könnte ich eigens jemanden einstellen, wenn die Vorgänge auf einem Hof nicht so komplex wären.

Mit deutlichen Botschaften fahren die Landwirte in Breckerfeld über die Hauptstraße.
Mit deutlichen Botschaften fahren die Landwirte in Breckerfeld über die Hauptstraße. © WP | Michael Kleinrensing

Und trotzdem hängen Sie an ihrem Job...

Wir arbeiten 70 bis 80 Stunden an 365 Tagen im Jahr, wir finanzieren teure Maschinen und gehen ein erhebliches wirtschaftliches Risiko ein. Wenn ich das Leuten aus der freien Wirtschaft erkläre, glauben die, ich hätte einen Vogel. Aber ja: Ich bin Landwirt aus Leidenschaft. Und im Gegensatz zu anderen Unternehmen kann ich meine Produktion ja nicht einfach ins Ausland verlagern - auch wenn da die Bedingungen für Landwirte zum Teil besser sind.

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Wie viele Kollegen teilen denn in Breckerfeld noch ihre Leidenschaft?

15 Landwirte im Haupterwerb sind noch übrig geblieben. Vor zehn Jahren waren es noch zehn mehr. Man kann also sage, dass pro Jahr ein Hof aufgegeben wird. Das ist eine bittere Erkenntnis.

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Wie blicken Sie denn auf die Proteste?

Die Resonanz ist absolut positiv. Die Menschen haben Verständnis. Viele heben den Daumen, hupen, schalten die Warnblinker ein. 17 Prozent stehen nach Umfragen bundesweit hinter der Ampel-Regierung. In Breckerfeld dürften das weit weniger sein.

Die Landwirte in Breckerfeld fühlen sich von der Politik im Stich gelassen.
Die Landwirte in Breckerfeld fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. © WP | Michael Kleinrensing

Hat es Versuche gegeben, die Breckerfelder Landwirte politisch zu vereinnahmen?

Nein. Und das hätte auch keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Wir sind weder rechts noch links. Wir sind ganz normale Bürger mit gesundem Menschenverstand, die in ihrem Job wirtschaftlich denken müssen und die Versorgungssicherheit der Bevölkerung im Blick haben. Und das an 365 Tagen im Jahr. Wir protestieren friedlich. Wer seine Aggressionen ausleben will, der kann gleich zu Hause bleiben.

Bei der zentralen Kundgebung ist mit dem Bundestagsabgeordneten Janosch Dahmen ein Grünen-Politiker aufgetreten...

Ich kritisiere die Pläne der Regierung, der seine Partei angehört. Aber dass er sich stellt, verdient Respekt. Für mich gilt aber, was auf dem Schild vorne an meinem Traktor steht: Die Ampel muss weg.