Breckerfeld. Ortslandwirt Heiner Born aus Breckerfeld ist per Traktor bis Berlin gefahren. Er ist wütend über die Sparmaßnahmen der Regierung.
Er hat nach 17-stündiger Fahrt den besten Platz bekommen. So schreibt es Heiner Born aus Breckerfeld selbst in seinem Status im Messanger-Dienst WhatsApp. Der beste Platz ist die erste Reihe - direkt am Ende der Straße des 17. Juni durch den Berliner Tiergarten - mit Blick auf das Brandenburger Tor.
Touristisch mag es tatsächlich der beste Platz sein. Um die Botschaft, die er auf dem roten Plakat vorne an seinem Trecker aufgeschrieben hat, zu transportieren, vielleicht auch. Aber eigentlich ist der Grund, den ihn und tausende seiner Berufskollegen aus dem ganzen Land in die Bundeshauptstadt getrieben hat, doch ein trauriger.
Bauernverband ruft zur Demo auf
Die Bauern demonstrieren und folgen damit einem Aufruf des Deutschen Bauernverbands. Und sie legen mit rund 1700 Traktoren am Montagmorgen den Verkehr in Berlin mit ihrem Protest rund um das Brandenburger Tor nahezu komplett lahm. Denn Heiner Born und all die anderen Landwirte sind mit ihren Traktoren gekommen. Für Born eine kleine Odyssee - quer durch die Republik.
Das Thema aber, das ihn antreibt, den Ortslandwirt aus Breckerfeld, den Milchbauern aus Leidenschaft, bei dem die Kühe, wie er sagt, Teil der Familie sind - das Thema ist die Sache wert. Es geht darum, dass die Regierung im fernen Berlin den Bauern erneut Knüppel zwischen die Beine werfe - wie in seinen Augen schon so oft. Diesmal aber gehe es nicht nur um überbordende Bürokratie, um immer neue Auflagen. Diesmal gehe es um die Existenz. Um seine persönliche, um die unzähliger Kollegen und vielleicht gar um die einer ganzen Branche.
Schaden für Landwirtschaft
Teil der Bemühungen der Ampel-Regierung, die Born mit dem Schriftzug „Die Ampel muss weg“ am liebsten abgelöst sehen würde, um den Haushalt in den Griff zu kriegen, ist der Wegfall der Agrar-Diesel-Vergütung, die den Kraftstoff, auf den die Landwirte für ihre Traktoren und anderen Maschinen angewiesen sind, für sie erschwinglicher macht. „Dazu kommt, dass wir Landwirte ja ohnehin unter den immer höheren Spritpreisen leiden“, sagt Born. „Und auch die Steuerermäßigung für unsere Fahrzeuge soll wegfallen.“ Das seien nicht die ersten Beschlüsse, mit denen die rot-grün-gelbe Regierung immensen Schaden für die Landwirtschaft anrichte.
Für ihn und seine Kollegen, die im Konvoi am Sonntag in Halver in Richtung Berlin gestartet und mitten in der Nacht angekommen sind, müssten diese Pläne sofort vom Tisch. „Ansonsten kommen wir alle am 8. Januar wieder“, sagt der Breckerfelder.
Landwirtschaftsminister Özdemir rudert zurück
Immerhin: Zumindest Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat in der Zwischenzeit auf die Proteste reagiert. „Diese Kürzungen, wie wir sie da vornehmen, die überfordern den Sektor“, erklärte er im ARD-Morgenmagazin. Die Schmerzgrenze für Landwirte sei mit dieser Maßnahme „meines Erachtens überschritten“, sagte er weiter. Er wolle sich den erforderlichen Sparanstrengungen nicht verschließen. Die Streichung der Steuerentlastungen beim Agrardiesel sei aber falsch. Er habe intern bereits alternative Einsparvorschläge gemacht. Özdemir selbst stellte sich am Brandenburger Tor den Landwirten, wurde ausgepfiffen.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (ebenfalls Gründe) hingegen verteidigte die Pläne: „Der Bundeskanzler, der Finanzminister und ich haben die Entscheidung zur Agrardiesel-Beihilfe im Sinne einer Gesamtlösung treffen müssen“, sagte Habeck. Das sei nicht leicht gewesen. Er wisse um die Härten.
Bauern nicht zu Kompromissen bereit
Für Heiner Born hört sich das am Ende nach einer Einigung irgendwo in der Mitte an. Eine Einigung aber, die er und seine Kollegen so nicht akzeptieren würden: „Wir werden keine Kompromisse eingehen“, so der Breckerfelder, „die Pläne müssen vom Tisch - und zwar komplett.“ Er und seine Berufskollegen hätten in der Vergangenheit immer auf eine „nette“ Art versucht, mit ihren Botschaften Politik und Verbraucher zu erreichen - auch damit sei nun Schluss.