Hagen. Im Gerichtsviertel in Hagen sind es Anwohner gewohnt, nach Parkplätzen zu suchen. Das Verhalten der Stadt macht sie jetzt aber richtig sauer.
Wenn Christian Goeke um 18 Uhr von der Arbeit nach Hause kommt, dann gibt es ein festes Ritual: Er fährt in die Yorkstraße ein und dann kreuz und quer durch das Quartier. Oft genug endet seine Fahrt irgendwo an der Fleyer Straße. Von dort aus geht es dann zu Fuß zurück ins Gerichtsviertel, wo freie Parkplätze so selten sind, wie ein Sturzregen in der Sahara.
Was nun aber geschehen ist - das bringt das Fass zum Überlaufen. Knöllchen-Alarm auf einem E-Roller-Parkplatz! Als Christian Goekes Frau für kurze Zeit auf einem Stellplatz hält, der eigentlich für E-Scooter reserviert ist, verpasst ihr ein Mitarbeiter des Ordnungsamts der Stadt Hagen ein fettes Knöllchen. 55 Euro sind da fällig. Wobei man wissen muss, dass jener Scooter-Verleih, für den diverse Parkplätze im gesamten Stadtgebiet eingezogen wurden, schon vor vier Monaten das Weite gesucht hat. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht.
Anwohner sind sauer auf die Stadt
Goeke, der zahlen musste, steht mit seiner Wut nicht allein da. „Allein vier solcher Stellplätze gibt es hier bei uns ums Eck“, sagt Rainer Linxweiler, der ebenfalls in der Yorkstraße wohnt, „alle auf einer Fläche von 100 mal 100 Metern. Wir suchen hier jeden Abend verzweifelt nach freien Plätzen, und diese Parkflächen werden uns vorenthalten. Das ist doch ein schlechter Witz.“
Einer, den die Nachbarn eigentlich nicht mehr erzählen wollen. „Für mich war das Projekt eines E-Scooter-Verleihs in Hagen von vornherein zum Scheitern verurteilt“, sagt Linxweiler, „wir sind hier weder in Münster noch in Köln. Es gibt keine Studenten, die die Dinger nutzen. Wir haben reichlich Steigungen in der Stadt. Und wenn ich meinen Wocheneinkauf erledigen muss, dann nützt mir ein E-Roller auch herzlich wenig.“
Zwei Autos pro Haushalt sind Standard
Stattdessen setzen er und seine Nachbarn auf Autos. Je zwei pro Haushalt bei Rainer Linxweiler, bei Martin Goeke sowie bei Christian Goeke. Und weil das Gerichtsviertel ein durch Mehrfamilienhäuser geprägtes Quartier ist und sich obendrein auch auf Hinterhöfen noch weitere Immobilien befinden, in denen zum Teil mehrere Parteien leben, ist das Parkraumproblem im Gerichtsviertel (sowie in vielen dichtbebauten Quartieren der Stadt) riesig.
Was zu teilweise absurden Szenen führt. „Wenn ich Spätschicht habe, sind hier in der Umgebung lediglich die Plätze direkt an der Heinitzstraße vor dem Landgericht frei“, erzählt Martin Goeke. „Die allerdings muss ich bis 10 Uhr geräumt haben.“ Also marschiert er morgens zu seinem Auto, darf aber dort, wo er steht, nicht wenden. So muss er über den Autobahnzubringer erst in Richtung Hohenlimburg fahren, dann an der nächstmöglichen Abfahrt wenden, zurückfahren, um schließlich am Morgen einen Parkplatz im Wohnquartier zu suchen, der natürlich nicht mit einem Roller-Symbol versehen sein darf. „Ökologisch ist das völliger Blödsinn“, sagt Goeke.
Anbieter Hoppy zieht im September ab
Im September hatte der Anbieter Hoppy seine E-Scooter-Flotte aus Hagen abgezogen. „Während wir an unseren Standorten in Spanien, Griechenland, Gibraltar und Belgien erfolgreich sind, waren unsere Erfahrung in Hagen von vornherein problembehaftet“, hatte Hoppy-Sprecherin Hélène de Meester gegenüber unserer Zeitung erklärt. „Die Vandalismus-Rate an den Elektrorollern ist alarmierend hoch. Hinzu kommt eine enttäuschende Resonanz.“ Unter diesen Umständen sei es auch nicht wirtschaftlich, in Hagen das Angebot aufrechtzuerhalten.
Zur selben Erkenntnis war auch der Anbieter Zeus gelangt. Er hatte bereits im März 2023 kapituliert und seine E-Roller aus Hagen abgeholt.
Schilder stehen immer noch
Für Goeke und seine Nachbarn ist es daher nur konsequent, dass die dadurch frei werdenden Flächen nun wieder von Autos genutzt werden können. Einen Abbau der Beschilderung hatte Ordnungsdezernent André Erpenbach auch angekündigt. Geschehen ist aber nichts. Und von einem neuen Rolleranbieter ist auch nicht mehr die Rede.