Hagen. Er kümmert sich um Obdachlose in Hagen. Er versorgt sie, behandelt sie, gibt Menschen ein Stück Würde. Was Prof. Theo Scholten antreibt.
Er ist keiner, der gern im Mittelpunkt steht: Nicht, wenn er im Arztmobil der Diakonie durch die Stadt fährt und sich um Menschen kümmert, die in keiner Praxis mehr behandelt werden. Nicht, wenn er in der Suppenküche mit seinem Team hilft, dass Menschen zumindest eine warme Mahlzeit bekommen. Und auch nicht, wenn er Impfaktionen auf öffentlichen Plätzen für jene ins Leben ruft, die sich von alleine nicht auf den Weg machen, und so dafür sorgt, dass die Impfquote in der Stadt Hagen so hoch wie in nur wenigen anderen Städten ist.
Er ist keiner, der gern im Mittelpunkt steht. Weshalb ihm dieser Satz vielleicht unangenehm ist. Er muss aber ausgesprochen und niedergeschrieben werden: Prof. Theo Scholten (79), einst Chefarzt am Allgemeinen Krankenhaus in Hagen, ist für die Armen in der Stadt ein guter Engel. Der Satz muss niedergeschrieben werden an einem Tag, an dem diesem Engel eine besondere Ehre zuteilwird: Scholten, den Kollegen als herausragend guten Mediziner und alle, die ihn kennen, einfach als guten Menschen beschreiben, erhält das Bundesverdienstkreuz.
Waschmaschinen für den Waschsalon
Er ist keiner, der gerne im Mittelpunkt steht. Weshalb er diesen Satz sagt: „Ich nehme diese Ehrung stellvertretend an für die zahlreichen Unterstützer, die mich in den letzten 30 Jahren begleitet haben.“ Und dabei hat Theo Scholten all jene im Blick, die sich von Berufswegen oder ehrenamtlich um Menschen kümmern, die kein Dach über dem Kopf, kein Essen auf dem Tisch oder keine Dusche haben, die sie nutzen können.
Damit hat alles angefangen: Scholtens Rotary-Club, der Club Hohenlimburg-Letmathe, hatte Waschmaschinen für Luthers Waschsalon gespendet. 1999 war es, als der Mediziner die Einrichtung besuchte und mit Schrecken sah, in welch schlechtem Gesundheitszustand sich viele befanden, die in Räume kamen, in denen sie ihre Wäsche waschen und eine Dusche nehmen konnten. Mit seinen Assistenzärzten kümmerte er sich fortan um die medizinische Versorgung.
Aus einer Mischung aus Motivation, Möglichkeiten und Netzwerken habe sein Engagement immer bestanden, sagt Scholten. „Und das galt auch damals. Ich bin - was heute kaum denkbar scheint - vom Allgemeinen Krankenhaus für zweimal zwei Stunden freigestellt worden“, blickt er zurück, „wir haben Medikamente besorgt und losgelegt. Und wenn es uns notwendig schien, haben wir erreicht, dass unsere Patienten auch stationär aufgenommen wurden.“
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Mit dem Arztmobil unterwegs
Es ist der Beginn eines Engagements, das über Jahrzehnte andauern sollte. Scholten organisiert ein Arztmobil und sucht damit Menschen in den Stadtteilen auf. Als er 2009 in den Ruhestand eintritt, steht er im Waschsalon auf der Matte und verkündet: „So - jetzt könnt ihr mich ehrenamtlich einsetzen.“ 2010 wird er Vorstandsmitglied der Suppenküche, weil „Ingeborg Otto einen Nachfolger suchte, der nicht auch noch ein Geistlicher sein sollte“.
2012 wird er Kirchenvorstand in St. Marien und hat auch hier die Belange der Ärmsten der Armen der Gemeinde im Blick. Seit 2014 gehört er dem Verwaltungsrat der katholischen Kliniken an, seit 2019 der Ethikkommission der Uniklinik Witten/Herdecke. Dazu kommt sein ehrenamtliches Engagement in jenen Monaten 2021, als Hagen als absoluter Corona-Hotspot gilt.
All das hebt auch Oberbürgermeister Erik O. Schulz, der das Verdienstkreuz im Auftrag des Bundespräsidenten verleiht, hervor. Und betont: „Der respektvolle und einfühlsame Umgang mit Menschen, egal woher sie kommen - das zeichnet Theo Scholten aus. Er ist ein Mann, der organisiert, der anpackt.“
Arbeitshandschuhe für den Flaschensammler
Und dann erzählt er jene Geschichte, die den Pragmatiker Scholten beschreibt: Es gab in Hagen einen Mann, der in der ganzen Stadt bekannt war, weil er durch das Sammeln von Pfandflaschen ein paar Euro zusammengekratzt hat. Immer wieder hat er sich dabei Schnittverletzungen zugezogen. Immer wieder musste Theo Scholten ihn behandeln. Bis zu jenem Tag, als der Professor den Obdachlosen in sein Auto setzte und mit ihm zum nächsten Baumarkt fuhr. Scholten kaufte ihm ein paar gute Arbeitshandschuhe.
Er ist für die Armen der Stadt ein guter Engel, dieser Theo Scholten.