Hagen. Dieser Fall bietet Stoff für einen Krimi: Vor dem Landgericht Hagen geht es um den Verdacht der Geldwäsche beim Kauf des Gymnasium Garenfeld.
Falsche Namen, aber bündelweise echtes Geld: Was seit Mittwoch vor der Großen Wirtschaftskammer des Landgerichts Hagen verhandelt wird, bietet reichlich Stoff für einen Kriminalfilm und weitere umfangreiche Ermittlungen. Es geht um den Verkauf des ehemaligen Internats Garenfeld und um die dubiosen Machenschaften einer Großfamilie, die im Hintergrund agiert und sich mit ihren Immobilien- und Bargeldgeschäften im Millionenbereich offensichtlich über alle gültigen Regeln hinwegsetzt.
Wo stammt das Geld her, das im Februar 2021 für den Erwerb des Schulgebäudes nebst Grundstück gezahlt wurde? Ein seinerzeit 21-Jähriger blätterte damals den Kaufpreis in Höhe von 915.000 Euro auf den Tisch. Die Staatsanwaltschaft Hagen ist sich nach umfangreichen Ermittlungen sicher, dass der Erwerber von seinem Vater nur vorgeschoben wurde. Und dass der stolze Betrag aus Straftaten, insbesondere Betrügereien in Deutschland und dem europäischen Ausland, stammt.
Justiz beschlagnahmt Gebäude
Die Justiz hat deshalb das Gebäude des ehemaligen Privat-Gymnasiums und das 18.500 Quadratmeter große Areal drumherum beschlagnahmt. Jetzt geht es darum, ob diese Einziehung rechtens war. Für das Landgericht Hagen ist es eine Premiere: Erstmals wird dort ein eigenständiges Einziehungsverfahren durchgeführt.
Seit 2017 stand das ehemalige Internatsgebäude in Garenfeld leer. Die Dr.-Hille-Stiftung, der es gehörte, hatte Schulden bei der Bezirksregierung angehäuft, sodass ein Notar zum schnellen Verkauf drängte. Trotz eines eingeschalteten Maklers konnte das Objekt „nur mit Mühe und Not“ angepriesen werden, es fand sich einfach kein Käufer. „Ein Nachbar aus Garenfeld hat dann den Kontakt zum Vater vermittelt, dessen 21-jähriger Sohn schließlich als Käufer auftrat“, berichtet der zuständige Ermittlungsführer der Kripo (62) dem Gericht.
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Schwager war kein Schwager
Bei den Verhandlungen und Kaufabwicklungen sei der Vater vor Ort mit dabei gewesen, allerdings unter einem falschen Namen. Für die Mitglieder einer Roma-Großfamilie gäbe es jeweils zwei verschiedene Namen: Einen, den sie innerhalb der Sippe führen und mit dem sie sich anreden - den anderen, der in ihren Ausweisen steht und den sie oft noch nicht einmal selbst kennen würden, berichtete der Schwager (40) des jungen Immobilien-Käufers im Zeugenstand. Ein Schwager im rechtlichen Sinne sei er aber nicht gewesen, „weil ich mit meiner Frau nur auf unsere Art verheiratet war“.
Er hätte dem nahen Angehörigen auf dessen Wunsch hin das Geld geliehen, das zum Kauf des ehemaligen Gymnasiums benötigt wurde. Insgesamt 970.000 Euro wären dem 21-Jährigen leihweise überlassen worden. Nur in bar, alles in 200-Euro-Scheinen, gerollt und mit Banderolen.
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Ein neues Zuhause für die Großfamilie
Nach dem Erwerb sollte das Schulgebäude in ein komplettes Familienhaus umgebaut werden: „Alles entkernen, alles neu machen. Wir wollten dort selber einziehen und leben.“ Natürlich nicht alle: „In unserer Familie sind 2000 Leute.“ Der Schwager, der vor Gericht als der Geldverleiher auftrat, wohnt angeblich in Göttingen. Dort ist er gemeldet, doch unter der angegebenen Adresse erreichte ihn keine Gerichtspost: „Die Zeugenladung kam sofort zurück“, hakte Richter Andreas Behrens nach, „wieso kriegt man Sie dort nicht? Kein Namenschild an der Tür, keine Klingel mit Namen. Die Polizei hat Sie dort auch nicht gefunden.“ Die lapidare Antwort: „Ich bin halt viel unterwegs.“
Viel unterwegs sind wohl auch die Eltern des jungen Immobilienerwerbers. Sie sind eigentlich in Herne gemeldet. Doch in der Hagener Innenstadt wurde seine Mutter bei einem Betrugsversuch erwischt, als sie in einem Leihhaus einen falschen Diamanten vorlegte. Als der Schwindel aufflog, hätte sich sein Vater lauthals eingemischt, sodass schließlich die Polizei hinzugezogen werden musste. Ein Gutachten bescheinigte später, dass der vorgelegte Diamant tatsächlich unecht war.
Bündelweise Franken sichergestellt
„Diese Situation haben wir genutzt“, so der Kriminalbeamte im Zeugenstand, „um Durchsuchungsbeschlüsse umzusetzen.“ Sie lagen aufgrund eines Verdachts der Geldwäsche, sowohl in der Schweiz als auch im Ruhrgebiet, vor. Unter der Anschrift in Herne konnten bündelweise Schweizer Franken sichergestellt werden. Drei Personen wurden festgenommen. Darunter auch der Sohn, der als Garenfelder Neu-Immobilienbesitzer ja eigentlich in der Schweiz gemeldet ist.
Über den mittlerweile 23-jährigen Mann, der in diesem Verfahren als „Einziehungsbeteilgter“ und nicht als Angeklagter bezeichnet wird, konnten nur mit sehr Aufwand Informationen der Schweizer Behörden beschafft werden: Er betreibe dort, so der Kriminalbeamte im Zeugenstand, „ein ominöses Geschäft mit Teppichhandel, Pelz und Schmuck-Ankauf“. Auch gäbe es dort ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Wuchers.