Hagen. Der Bildungsstandort Hagen droht eine weitere wichtige Einrichtung mit landesweiter Strahlkraft zu verlieren. Aber es gibt noch Hoffnung.
Die jüngste Nachricht aus dem Haus des Essener Bauriesen Hochtief lässt aufhorchen: Der global operierende Konzern teilt mit durchaus erfreutem Duktus mit, dass man in Herne für das Land Nordrhein-Westfalen eine neue Hochschule für Polizei und Öffentliche Verwaltung (HSPV) errichten werde. Ein Millionen-Projekt, das der Oberbürgermeister der Ruhrgebietskommune, Frank Duda, als „einen großen Wurf für die zukunftsorientierte Neuausrichtung unserer Stadt“ abfeiert. Sein Hagener Amtskollege Erik O. Schulz muss derweil befürchten, dass die Tage der bereits bestehenden HSPV-Dependance in seiner Stadt, die sich – neben einem Außenposten im Stadtwerk Rehstraße – vorzugsweise im Gewerbepark Kückelhausen findet, gezählt sind. Ein vom Land NRW verordneter drohender Substanzverlust für den viel gepriesenen (Weiter-)Bildungsstandort Hagen, dem sich die Stadt schon seit Jahren auf verschiedenen Ebenen entgegenstemmt.
Nachdem die Agentur-Mark in die Wippermann-Passage umgezogen sowie die ohnehin in Richtung Dortmund diffundierende Kreishandwerkerschaft im Teamwerk-Haus nebenan untergeschlüpft ist, steht die bestehende HSPV-Immobilie an der Handwerkerstraße inzwischen komplett unter der Regie der Hagener Erschließungs- und Entwicklungsgesellschaft (HEG). Diese hat zuletzt nicht bloß dafür gesorgt, dass die Studierenden obendrein entlang der Eugen-Richter-Straße adäquate Wohnmöglichkeiten finden, sondern würde den Standort sogar gerne bedarfsgerecht ausbauen und zugleich die schon heute unterdimensionierten Parkmöglichkeiten erweitern. Doch dafür bedarf es zunächst einer klaren Richtungsentscheidung aus Düsseldorf zugunsten des Standortes in Hagen. Zurzeit ist nur eines sicher: Der bestehende Mietvertrag läuft Ende August 2025 aus.
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An der Hochschule für Polizei und Öffentliche Verwaltung NRW absolvieren aktuell noch an zehn Studienorten (Aachen, Bielefeld, Duisburg, Dortmund, Gelsenkirchen, Hagen, Herne, Köln, Münster und Mülheim) gut 12.000 Studierende ein duales Studium, das sie für eine berufliche Tätigkeit bei der Polizei sowie bei Landes- und Kommunalverwaltungen oder der Rentenversicherung qualifiziert. Der künftige Zentralsitz in Herne wird mit einer Fläche von 32.000 Quadratmetern etwa 5000 Studierenden Platz bieten, ist also von Beginn an hoffnungslos unterdimensioniert. Vor diesem Hintergrund wittert man in Hagen die Chance, als Außenposten, der für den gesamten südwestfälischen Raum bis hinauf zur hessischen Grenze gut zu erreichen und somit als Standort attraktiv ist, auch in Zukunft unentbehrlich zu bleiben.
Neubau ist unterdimensioniert
„Hier wird über alle parteipolitischen Grenzen hinweg gerade versucht, das bisherige ,Nein‘ der Landesregierung noch abzuwenden“, engagiert sich der Hagener SPD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Jörg bei diesem Thema an vorderster Front und ist dabei bereits in der gesamten Region im Gespräch mit den Kommunalverwaltungen und der Wirtschaft. Denn auch dort besteht die Sorge, dass es sich in Zukunft noch schwieriger gestalten wird, qualifizierten und vor allem ausreichend Nachwuchs zu finden, wenn der Weg bis zum Studienort bis nach Herne führt. Zumal nicht bloß die Rahmedetalbrücke in den nächsten Jahren dafür sorgt, dass die Strecke ins Herz des Ruhrgebiets eine Tortur bleibt. „Und die Babyboomer-Jahrgänge, die in den Ruhestand gehen und alle ersetzt werden müssen, kommen ja jetzt erst noch“, unterstreicht Jörg die zunehmende Brisanz des Ausbildungsdrucks auch in den öffentlichen Verwaltungen. Dieser werde durch eine weiterhin bloß schleichend voranschreitende Digitalisierung kaum kompensiert werden können.
Gespräche mit NRW-Ministerin
Mitte August erwartet die Stadt NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) als Gast in Hagen und will diese Visite unter anderem dafür nutzen, ihr die Qualitäten sowie die Unverzichtbarkeit des Hochschulstandortes für die gesamte Region im direkten Austausch noch einmal näher zu bringen. Bis zum Herbst soll im Kabinett von Ministerpräsident Hendrik Wüst unter Federführung von Innenminister Herbert Reul die endgültige Entscheidung fallen.
„Wir brauchen letztlich ein langfristiges Standortversprechen“, unterstreicht derweil Michael Greive stellvertretender Vorstand des Wirtschaftsbetriebes Hagen (WBH), unter dessen Regie die HEG agiert. Sollte es dieses Signal geben, würde der Standort in Hagen nicht bloß weiter modernisiert, sondern auch noch baulich erweitert. Erst Konzepte dafür liegen bereits in den Schubladen. Der Bedarf dürfte allemal vorhanden sein.
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