Hagen. 29 Übergriffe auf Linienbusse hat es bisher 2023 in Hagen gegeben. Jetzt reicht’s – sagen Polizei und Straßenbahn. So wollen sie gegensteuern.
Er berichtet davon, wie er stets mit einem mulmigen Gefühl über die Wehringhauser Straße in Hagen fahre. Nicht an diesem Tag, an dem er einen frisch folierten Bus mit der Aufschrift „Gewalt und Vandalismus ausbremsen“ in Richtung Bodelschwinghplatz fährt. Sondern an den anderen warmen Sommertagen, an denen Robin Sieker, Busfahrer von Beruf, die Linie 542 steuert. „Immer wieder kommt es vor, dass Kinder am Fahrbahnrand stehen, provozieren einen Schritt auf die Straße machen“, sagt Sieker, „wenn ich dann voll auf die Bremse trete und der Bus steht, lachen sie sich kaputt.“
Sieker steht jetzt vor dem Bus am Bodelschwinghplatz in der brütenden Mittagshitze, kleine Kinder, bei denen man sich fragt, warum sie eigentlich nicht gerade die Schulbank drücken, toben um ihn herum. Anwohner kommen näher, die fluchen, dass niemand etwas gegen die unhaltbaren Zustände auf und um den Platz im unteren Wehringhausen unternehme.
Polizisten fahren in Bussen mit
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Jetzt aber tut sich etwas: Polizeipräsidentin Ursula Tomahogh ist gekommen, ebenso Markus Monßen-Wackerbeck, der Vorstand der Hagener Straßenbahn. Sie wissen um die Erfahrungen, die Sieker und seine Kollegen mit schöner Regelmäßigkeit in Wehringhausen, aber auch in anderen Hagener Straßenzügen machen, und sie haben eine Botschaft im Gepäck, die ganz simpel so lautet: Es reicht.
„Wir haben es ja mit Deeskalation versucht“, sagt Markus Monßen-Wackerbeck, „aber: Damit kommen wir nicht weiter.“ Also gibt es nun eine Kampagne, die sich nicht nur durch zwei folierte Busse auszeichnet, sondern durch konkrete Maßnahmen. Wie zum Beispiel diese hier: „Wir werden in Bussen Beamte einsetzen – und zwar in Uniform und in Zivil“, sagt Polizeipräsidentin Ursula Tomahogh.
Übergriffe werden nicht akzeptiert
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Dazu gibt es ein Konzept, das auch auf den schwarzen Bussen mit einfachen Botschaften zu lesen ist: Bei einem Übergriff hält der Fahrer den Bus sofort an, er ruft die Polizei und setzt die Fahrt erst fort, wenn die Situation vor Ort geklärt ist. Dahinter steht die Botschaft: Übergriffe werden nicht akzeptiert.
Immerhin: 29 davon hat es seit Beginn des Jahres gegeben. 16 davon allein im Stadtteil Wehringhausen. Und dass sind nur die, die auch bekannt geworden sind: Eier sind auf Busse geflogen, Steine auch, Fahrer sind bespuckt worden, Einkaufswagen sind vor die Fahrzeuge gerollt worden.
Polizisten aus Rumänien in Hagen im Einsatz
Immer wieder sind Kinder und Jugendliche die Täter. „Mal in der Gruppe, mal gehen sie alleine vor“, sagt Ursula Tomahogh, die gleichzeitig ankündigt, dass die Polizei einen Schwerpunkt ihrer Arbeit auf den Schutz der Busse, der Fahrer und der Fahrgäste setzen will. „Dazu arbeiten wir auch mit rumänischen Kollegen zusammen, die in die Familien hinein gehen.“
Immer wieder hat die Hagener Straßenbahn zuletzt den Bereich Wehringhauser Straße umfahren. Eine kurzfristige Reaktion, aber keine langfristige Lösung. „Es geht auf keinen Fall darum, Haltestellen nicht mehr anzufahren und uns zurückzuziehen“, unterstreicht Markus Monßen-Wackerbeck und reagiert auf Sorgen der Anwohner. „Wir wollen das Angebot so, wie es ist, aufrechterhalten.“ Gleichzeitig rücke aber der Schutz von Fahrgästen und Fahrern in den Mittelpunkt.
Fahrer diskutieren über Vorfälle
Fahrer wie Robin Sieker: „Natürlich ist die steigende Zahl an Vorfällen bei den Kollegen ein Thema. Wenn einem so etwas passiert, muss man das ja auch irgendwie verarbeiten“, sagt Sieker, „als Fahrer müssen wir innerhalb von Bruchteilen von Sekunden eine Entscheidung treffen. Man stelle sich nur einmal vor, jemand muss eine Vollbremsung machen und im Bus stürzt ein Fahrgast und verletzt sich. Wenn aber ein Kind verletzt wird, ist das doch auch eine Katastrophe.“ Was bleibt, ist ein mulmiges Gefühl.