Hohenlimburg. Der Hohenlimburger Martin Haurand hat einen ausgemusterten Kirchenschrank und Altarstühle vor dem Schrottplatz bewahrt – und pflegt sie daheim:

Für Katholiken ist es der Ort, in dem das Allerheiligste in der Kirche aufbewahrt wird: der „Tabernakel“. Hier werden die geweihten Hostien, der Leib Christi, aufbewahrt. Ein historisches Exemplar dieses Schrankes hat Martin Haurand vor zwölf Jahren vor dem Schrottplatz bewahrt – und hält es bis heute in seiner Wohnung in Ehren. Wie es dazu kam und warum ihm dieser kleine Schrank aus Stahl so viel bedeutet.

Gläubiger Katholik

Von seinem Küchenfenster aus kann Martin Haurand auf den Turm der katholischen St. Bonifatius Kirche schauen. Der Hohenlimburger kennt das Kirchengebäude von Kindheit an. Er stammt aus einer katholischen Familie, der Glaube hat bis heute einen festen Platz im Leben des Hohenlimburgers und seiner Familie. Umso wertvoller hält er einen Schatz in Ehren, der äußerlich für Nichtchristen nicht mehr sein dürfte, als ein unscheinbarer kleiner Schrank aus Stahl. Doch für Martin Haurand ist dieser Schrank weit mehr – und viele Jahrzehnte war er auch weit mehr für zahlreiche gläubige Katholiken in Hohenlimburg.

Schrank aus 1860ern

Denn bei dem Schrank handelt es sich um den ersten Tabernakel, den die katholische Gemeinde in Hohenlimburg besaß. Gefertigt um die 1860er-Jahre, wurde es über viele Jahrzehnte für die Gottesdienste genutzt und schmückte den alten Hochaltar in der St. Bonifatius Kirche, bis zu deren Ausbau im Jahr 1952.

Der alte Hochaltar in der Katholischen Kirche Hohenlimburg. Bis zum Ausbau der Kirche im Jahr 1952 wurden vor diesem Altar die Messen gefeiert. Danach wurde der Altar aus Holz abgebaut samt des massiven Tabernakels. Die Bilder stammen aus dem Fundus von Martin Haurand aus Hohenlimburg.
Der alte Hochaltar in der Katholischen Kirche Hohenlimburg. Bis zum Ausbau der Kirche im Jahr 1952 wurden vor diesem Altar die Messen gefeiert. Danach wurde der Altar aus Holz abgebaut samt des massiven Tabernakels. Die Bilder stammen aus dem Fundus von Martin Haurand aus Hohenlimburg. © Privat

„Der Hochaltar ist dem Ausbau zum Opfer gefallen“, erzählt Haurand. Der Tabernakel blieb erhalten, wurde bis etwa 1978 aber nur noch für das ‘Heilige Grab’ zum Gottesdienst am Karfreitag aufgebaut. „Ich kann mich als junger Messdiener an diese Grablege erinnern, die dort nachgebildet wurde.“ Das letzte Kapitel für den alten Tabernakel begann, als er im Zuge neuer Sicherheitsvorschriften gegen Diebstahl geschützt und deshalb nicht mehr im Kirchenraum ausgestellt wurde.

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Inventar ausgemustert

Viele Jahre ungenutzt, sollte der Tabernakel im Oktober 2011 gemeinsam mit weiterem Altmaterial aus der Gemeinde auf den Schrottplatz gehen. Martin Haurand wurde mit der Entsorgung durch sein Unternehmen beauftragt, kaufte den Tabernakel aber privat vom Schrotthändler zurück. „Ich habe es nicht übers Herz gebracht, das an den Türen schön verzierte Stück einfach zu entsorgen.“ Eine Schrottgutschrift über das Material wurde der Gemeinde von der Rechnung abgesetzt, berichtet der Hohenlimburger, der seither das Stück aufbereitet und pflegt. Weniger aus Begeisterung für das Material. „Es ist vor allem der ideelle Wert.“

Der Hohenlimburger Martin Haurand hat den alten Tabernakel aus der katholischen Kirche vor Ort - den ersten Tabernakel der Gemeinde aus den 1860er-Jahren - vor der Verschrottung bewahrt. Er bereitet das historische Stück auf. Bis zum Ausbau der katholischen Kirche St. Bonifatius im Jahr 1952 war der Tabernakel in einem Hochaltar aus Holz eingefasst und wurde für die Gottesdienste genutzt.
Der Hohenlimburger Martin Haurand hat den alten Tabernakel aus der katholischen Kirche vor Ort - den ersten Tabernakel der Gemeinde aus den 1860er-Jahren - vor der Verschrottung bewahrt. Er bereitet das historische Stück auf. Bis zum Ausbau der katholischen Kirche St. Bonifatius im Jahr 1952 war der Tabernakel in einem Hochaltar aus Holz eingefasst und wurde für die Gottesdienste genutzt. © Marcel Krombusch

Über die Jahre fing er an, die mehrfachen Anstrichfarben abzutragen, um die Ursprungsfarbe zum Vorschein zu bringen. Farb-Partikel seien zur Untersuchung, um die originalen Farbtöne zu ermitteln. Der Schlüssel für das massive Schloß ging schon vor der geplanten Entsorgung verloren. Ein Bekannter versucht sich an einer Nachbildung. Bald soll der Schrank aus Stahl wieder in alter Pracht erstrahlen.

Kein Interesse an Rückkehr

Und was dann? Unklar. Vorstellbar ist für Haurand vieles, vielleicht auch eine Dauerleihgabe als Ausstellungsstück. Die frühere Gemeinde St. Bonifatius zeigt sich heute, zwölf Jahre nachdem der alte Tabernakel dort ausgemustert wurde, an einer Rückkehr nicht interessiert. „Da die Kirche St. Bonifatius einen Tabernakel hat, ist es zurzeit nicht erforderlich, einen zweiten zu erwerben“, sagt Dechant Dieter Aufenanger, Leiter des Pastoralen Raumes am Hagener Kreuz.

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Viele Möglichkeiten

Möglichkeiten, mit ausgemustertem Inventar umzugehen, bieten sich derweil viele. Aufenanger verweist auf Lagerstätten des Erzbistums Paderborn, in denen Gemeinden, sofern sie etwas für eine Kirchenausstattung benötigen, Gegenstände als Dauerleihgabe erhalten oder auch kaufen könnten. „So haben wir zum Beispiel in unserer St. Josefs-Kapelle auf dem Heidefriedhof das Kreuz und den Ambo aus einer anderen Kirche erhalten, die als sakraler Raum und damit als Gotteshaus entwidmet wurde.“

Auch Altarstühle erhalten

Derweil ist der Tabernakel nicht das das einzige Stück dieser Art im Hause Haurand: Auch mehrere alte Altarstühle, sogenannte „Sedilien“, aus der Bonifatius-Kirche hat er vor der Entsorgung bewahrt. Sie wurden 1952 von der Stofffirma Göhke für die Kirche gestiftet. Als Messdiener hätten er und seine Ehefrau viele Jahre bei Gottesdiensten in diesen Stühlen gesessen. Diese lassen sich mit einem Handgriff zu Kniebänken umklappen. „So wurden sie damals vor allem bei Trauungen genutzt, viele Paare haben sich darauf ihr Eheversprechen gegeben.“

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Erzbistum: Erhalt in Privathand möglich

Ungenutztes Kircheninventar an Privatpersonen zu veräußern, ist nicht vorgesehen, ließe sich aber immer mal wieder beobachten, so erklärt es das Erzbistum Paderborn auf Anfrage. „Wenn Privatpersonen nicht mehr verwendetes Kircheninventar rechtmäßig erwerben, pflegen und wertschätzen, spricht da grundsätzlich nichts gegen“, sagt Benjamin Krysmann, Sprecher des Bistums.

Generell gibt es im Erzbistum Paderborn mehrere Möglichkeiten, wie mit ausgemustertem Kircheninventar verfahren werden kann:

Gebrauchtmarkt für Inventar

Möglich ist etwa, eine Kirchengemeinde verwendet Gegenstände an anderer Stelle weiter – quasi eine Art Gebrauchtwarenmarkt. „Gegenstände werden in einem Depot des Erzbistums Paderborn zur Weitergabe an andere Kirchengemeinden, die Bedarf an Kirchenausstattung haben, eingelagert oder Gegenstände kommen direkt in anderen Kirchengemeinden zum Einsatz“, so Krysmann.

Nach eingehender Prüfung können Kirchengegenstände auch endgültig abgegeben werden an Gemeinden innerhalb oder außerhalb des Erzbistums Paderborn.

Auch der Weg in den Müll ist für kirchliches Inventar grundsätzlich nicht ausgeschlossen. „Ist eine sinnvolle Weiternutzung nicht möglich oder besteht die Gefahr einer entehrenden Nutzung, können und sollen sakrale Gegenstände auch kontrolliert zerstört und würdig entsorgt werden“, so Krysmann.

Bei Fragen zu diesem Thema stehe den Kirchengemeinden im Erzbistum Paderborn, bzw. den Eigentümern, als Ansprechpartner die Bereiche Kunst und Bauen im Erzbischöflichen Generalvikariat zur Verfügung.