Boele. Allein das Instrument kostet 700.000 Euro. In Hagen-Boele trifft der Kirchenvorstand eine richtungsweisende Entscheidung. Trotz anderem Trend.

Es geht um viel mehr als eine Orgel. Es geht um den Grundsatz und ein Statement für die Zukunft. Aber auch um richtig, richtig viel Geld. Der Kirchenvorstand in Boele hat beschlossen, in die 1897 geweihte Pfarrkirche St. Johannes Baptist in Boele – im Volksmund der „Boeler Dom“ genannt – eine neue Orgel einbauen zu lassen. Kosten nur für das Instrument: rund 700.000 Euro. Die Entscheidung fällt in einer Zeit, in der perspektivisch wegen sinkender Mitgliederzahlen auch Kirchenschließungen erfolgen werden. (Lesen Sie auch: Der nächste Abwerbeversuch – Helios wirbt Mitarbeiter des Johannes-Hospitals ab)

Die Orgel in der Kirche St. Johannes Baptist in Boele wird erneuert. 
Die Orgel in der Kirche St. Johannes Baptist in Boele wird erneuert.  © Heinz-Werner Schroth | Heinz-Werner Schroth

Pfarrer Franz Drüke stellt ziemlich zügig klar: „Es handelt sich bei dieser Kirche neben der Marienkirche um den wichtigsten liturgischen Knotenpunkt in Hagen und die zentrale Kirche des Pastoralen Raumes.“ Gemeint ist der neugeschnittene Raum „Ruhrseen Hagen-Nord“. Boele, Boelerheide, Helfe und Kabel wurden zuletzt mit Alt-Wetter, Herdecke und dem Dortmunder Stadtteil Syburg verschmolzen. Der Boeler Dom bildet die Zentralkirche dieses Bereichs.

Tradition der Pfeifenorgeln

Warum hebt Pfarrer Drüke das so hervor? Weil eben diese Kirche es besonders wert sei, dass auch weiterhin Orgelmusik in ihr erklinge. Nicht aus digitalen Soundsystemen, sondern aus einer echten Kirchenorgel. Markus Rembold aus dem Kirchenvorstand sagt noch dazu: „Wir stehen in Deutschlands Kirchen in einer Tradition der Pfeifenorgeln. Die UNESCO hat den Orgelbau- und die Orgelmusik in Deutschland zum Kulturerbe gemacht.“ Das stimmt. 400 handwerkliche Orgelbaubetriebe gibt es in Deutschland. Ungefähr 50.000 Orgeln sind laut UNESCO hierzulande im Einsatz.

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15 Jahre lang rang der Kirchenvorstand mit der Frage, ob eine neue Orgel sinnvoll wäre, ob man die alte retten könnte oder ob man angesichts der Immobilienentwicklungen des Erzbistums, die den sinkenden Mitgliederzahlen Rechnung tragen, auf andere Technik setzt. Die aktuelle Orgel stammt aus dem Jahr 1941 und wurde 1971 umgebaut. Zahlreiche Originalteile sind aber verblieben. „Es gibt gewisse Register, die unsere Kirchenmusikerin Anna-Katharina Mergemann gar nicht mehr spielt, weil sie hinüber sind“, sagt Markus Rembold. Zu klanglichen Mängeln komme laut einem Gutachter, dass der Standort der Orgel auf der Westempore hinter dem letzten Turmjoch eine „optimale Klangabstrahlung in das Schiff unmöglich“ macht.

Die Kirche St. Johannes Baptist bildet das bauliche Herz des Ortsteils Boele. Sie wurde 1897 geweiht.
Die Kirche St. Johannes Baptist bildet das bauliche Herz des Ortsteils Boele. Sie wurde 1897 geweiht. © Hans Blossey

Orgel an völlig neuem Platz

Auch mit digitaler Orgeltechnik habe man sich beschäftigt, aber festgestellt, dass das für den Boeler Dom nicht in Frage käme. Und deshalb gibt es nun nicht nur eine neue Orgel, sondern auch einen völlig neuen Standort dafür. Das Hauptwerk verschwindet von der Westempore und wird – Blickrichtung Altar – links daneben in das Querschiff gesetzt. Eine Versetzung der Orgel auf der bisherigen Bühne würde statisch nicht gehen. Chor und Instrumentalisten würden auch keinen Platz mehr finden.

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Das neue Hauptwerk mit 1600 Pfeifen wird unmittelbar neben den Eingang gesetzt, der zum Pfarrzentrum am Kirchplatz deutet. Auf der bisherigen Orgelbühne bleibt ein Brüstungswerk mit 350 Pfeifen. So soll ein „dialogisches“ Orgelspiel mit der Hauptorgel möglich sein. Der Spieltisch ist übrigens fahrbar. Durch die Versetzung werden auch zwei bislang verbaute Fenster im Westen der Kirche wieder freigelegt.

Geprüft wurde auch, ob andere Orgeln aus weniger frequentierten Kirchen des Pastoralen Raumes genutzt werden könnten. Doch die sind entweder ähnlich alt oder in ähnlichem Zustand oder schaffen es nicht, den großen Dom klanglich zu füllen. Zu den 700.000 Euro, die Orgelbaumeister Markus Krawinkel aus Trendelburg-Deisel für Demontage und Neubau eines Orgel-Unikats erhält, kommen noch alle Handwerksarbeiten, die rundherum in der gesamten Kirche fällig werden. Zunächst sind die Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde, die Genehmigung des Erzbischöflichen Generalvikariats sowie die Zustimmung der Erzbischöflichen Kunstkommission einzuholen. Im Herbst 2023 soll mit dem Bau begonnen werden. Fertigstellung: Weihnachten 2024.