Hagen. Mit besserer Sozialarbeit will die Politik nach den jüngsten Silvester-Erfahrungen versuchen, die Integrationsbemühungen in Hagen zu verbessern.
Obwohl Polizei und Ordnungsbehörden vier Wochen nach den erschreckenden Silvester-Bildern aus Altenhagen die dortigen Ereignisse als „bei weitem nicht so dramatisch wie dargestellt“, so Polizeisprecher Tino Schäfer, einordnen, regt die Politik in Hagen an, die Sozialarbeit in den Brennpunktquartieren weiter zu intensivieren.
CDU-Fraktionschef Jörg Klepper warnte in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses davor, in übertriebene Betroffenheitsrituale zu verfallen, sondern die Aufarbeitung der Ereignisse vor allem zu versachlichen: „Die Szenen aus Altenhagen haben nichts mit den Bildern aus Berlin zu tun.“ „Wir dürfen nichts überdramatisieren“, unterstrich auch SPD-Ratsherr Dietmar Thieser und appellierte zugleich die Netzwerke der Sozialarbeit zu vergrößern: „Wir müssen die besorgniserregende Situation vor Ort hinterfragen, die mit Silvester erst einmal gar nichts zu tun haben.“ Mahnende Rückendeckung erhielt er von Ömer Oral vom Hagener Aktivisten-Kreis (HAK): „Die Sozialarbeit muss dringend intensiviert werden, damit Integration gelingen kann.“ Sozial- und Jugendhilfeausschuss sowie Integrationsrat und Schulausschuss müssten sich hier viel enger verzahnen.
500 Leute in der City unterwegs
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Auf Antrag der Sozialdemokraten, deren Fraktionschef Claus Rudel noch einmal deutlich machte, dass Bilder von auf der Straße brennenden Mülltonnen durchaus Verunsicherung in der Bevölkerung schürten, hatte zuvor die Polizei noch einmal aus ihrer Sicht die Ereignisse rund um den Jahreswechsel skizziert. Dabei machte der Erste Polizeihauptkommissar Mathias Witte, in der fraglichen Nacht verantwortlicher Dienstgruppenleiter in der Innenstadt-Wache, deutlich, dass man in Abstimmung mit dem Stadtordnungsdienst und der Feuerwehr gut vorbereitet gewesen sei.
Allerdings hätten die meisten Einsatzkräfte ihren Fokus zunächst auf die Innenstadt gerichtet, weil von dort um 23.52 Uhr die besorgniserregende Meldung kam, dass sich 500 Personen im Bereich Friedrich-Ebert-Platz/Badstraße zusammengerottet hätten. Doch die Lage entpuppte sich schnell als entspannt, Ausschreitungen blieben aus.
Stattdessen kam dann kurz nach Mitternacht der Alarmruf aus der Alleestraße, dass dort „starker Silvesterverkehr“ herrsche und Feuerwerk unkontrolliert abgebrannt werde. Zu diesem Zeitpunkt hatten auch schon 10 bis 20 junge Erwachsene eine Waschmaschine auf die Straße gezerrt und Mülltonnen türmten sich zu einer Barrikade. Bis die Polizei starke Kräfte zusammengezogen hatte, standen die Abfallbehälter schon in Flammen. Während sich einige verdächtige Personen über die Röntgenstraße aus dem Staub zu machen versuchten, bildete die 20-köpfige Polizei, so Witte, eine Zange und nahm letztlich fünf Personen fest. Parallel wurde das Feuer gelöscht, und es gab lediglich noch einige Würfe von Feuerwerkskörpern aus Fenstern der Wohnhäuser. „Platzverweisen wurde sofort nachgekommen“, betonte der Polizeiberichterstatter, dass es – abgesehen von einem Gaststätten-Einsatz – ansonsten lediglich das normale Silvestergeschäft gegeben habe.
Mob in den Sozialen Netzwerken
Polizei-Sprecher Schäfer wiederholte, wie auch schon nach den Halloween-Ereignissen in der Badstraße, dass es ureigenste Aufgabe der Polizei sei, bei der Nachbetrachtung der Silvesternacht zu objektivieren, nicht zu verharmlosen. Auch er habe sich beim Blick auf die ersten Videos zunächst „erschrocken“. Doch nach ausführlicher Sichtung der Bilder aus den Bodycams der Beamten habe sich das Bild relativiert: „Damit wollen wir das Thema nicht kleinreden, auch wir bekommen die Emotionen mit. Wir müssen aber nicht nur auf das gucken, was auf der Straße passiert: Wütender Mob ist vor allem in den sozialen Netzwerken unterwegs“, verwies Schäfer auf die dort „kaum zu ertragende unsachliche Kritik“. Hier würde die Wahrheit komplett verschoben, warnte er vor einer gefährlichen Entwicklung, die das Vertrauen in die Polizei zerstöre.
Thomas Lichtenberg, Chef des Stadtordnungsdienstes bestätigte die Perspektive der Polizei: „Diese Silvesternacht war nicht außergewöhnlich“, vermutete er auch einige Krawall-Touristen in Altenhagen. Zugleich betonte er, dass die Feuerwehr in der Nacht keinen einzigen Übergriff gemeldet habe und auch die Busse unbehelligt geblieben seien: Diese rollten zwischen 23.30 und 0.30 Uhr ohnehin nicht.