Hagen: Gutachter spricht sich für eine Straßenbahn aus
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Hagen. Rollt in Hagen bald wieder eine Straßenbahn? Fest steht: Der ÖPNV in Hagen soll sich radikal ändern. Das sind die möglichen Alternativen.
Auf den Straßen von Hagen könnten in fernerer Zukunft wieder Straßenbahnen fahren. Diese Lösung zu einem öffentlichen Personennahverkehr der Zukunft favorisiert zumindest das Gutachterbüro Plan Mobil aus Kassel, das quasi von außen auf die Stadt geblickt hat. Das Ziel: Der motorisierte Individualverkehr soll im Jahr nur noch 50 Prozent des Gesamtverkehrs ausmachen.
Um genau diese Vorgabe zu erreichen, wäre eine Straßenbahn am geeignetsten. Sie könnte – wo Platz genug vorhanden ist – auf einer eigenen Trasse rollen, allerdings auch mit integrierten Schienen mitten auf der Straße.
Straßenbahn: Aufwendige Eingriffe nötig
Ob das Ergebnis des Gutachtens allerdings auch so umgesetzt wird, ist offen: „Letztlich muss man bedenken, dass eine Straßenbahn das am meisten invasive System ist. Für kein anders System braucht es derartig aufwendige Eingriffe“, so Oberbürgermeister Erik O. Schulz, der mit Blick auf ein gerade umgesetztes Projekt in Kiel von Kosten in Höhe von rund 1 Milliarde Euro spricht. „Auch wenn wir von einer hohen Fördersumme ausgehen – letztlich sind es Bürgergelder, die wir ausgeben.“
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Weil die Wiedereinführung einer Straßenbahn nicht die einzige Option ist, den sogenannten Modal Split (also die Aufteilung auf unterschiedliche Verkehrsarten) zu reformieren, soll nun weitere Expertise eingeholt und auch die Politik mit einem Workshop frühzeitig eingebunden werden. „Wir wollen eine Diskussion, die nicht ideologisch geprägt ist“, so Schulz. Und Baudezernent Hennig Keune ergänzt, dass es sich – so die Straßenbahn am Ende tatsächlich kommt – letztlich um „ein Jahrhundert-Projekt“ handele, für das es eine breite Mehrheit in Hagen brauche.
Alternative könnte ein BHLS-System sein. Das wiederum steht für „Bus High Level of Service“. Dahinter stecken Busse ohne Verbrenner-Motor, die größer sind als die, die die Hagener Straßenbahn AG schon jetzt in der Stadt einsetzt. Takt und Tempo werden in diesem System deutlich erhöht. Wo immer möglich gilt auch hier: Die neuen Busse rollen auf eigenen Spuren (ähnlich wie das jetzt bereits auf der Körnerstraße der Fall ist), können aber an neuralgischen Stellen sich auch Fläche mit anderen Verkehrsmitteln teilen. „An Kreuzungen könnte die Vorrangschaltung ausgeweitet werden“, so Keune.
Sowohl für Straßenbahn als auch für größere Busse braucht es neue Depots bzw. weitere Hallen, in der die Fahrzeuge untergestellt und gewartet werden können. Allerdings dürften nach Einschätzung der Fachverwaltung auch hier die Kosten bei der Einführung einer Straßenbahn deutlich höher sein.
Neue Fahrzeuge für Hauptachsen
Fest steht, dass sich die neuen Systeme nur auf die Hauptachsen konzentrieren. „Die“, so Keune, „verlaufen zwischen Boele und der Innenstadt, zwischen Haspe und der Innenstadt und zwischen Hohenlimburg und der Innenstadt.“ Wobei für Hohenlimburg letztlich keine Straßenbahnanbindung über Remberg und Hünenpforte in Frage komme. Letztlich seien stand jetzt unterschiedliche Trassen denkbar. Der Zubringerverkehr soll weiterhin über normale Busse abgewickelt werden.
Die Verwaltung erwägt momentan, die beiden favorisierten Systeme parallel zu denken. „Bis eine Straßenbahn realistisch kommt, vergehen mindestens 15 bis 20 Jahre“, so Keune, „da müssen wir überlegen, was sich bis dahin tut. Vielleicht stellen wir ja in der Zwischenzeit auch fest, dass wir mit einem BHLS-System auskommen.“
Flächen für Verkehr in Hagen sind begrenzt
Offene Fragen bleiben: Wie beispielsweise können Straßenbahnen bestehende Bahnschienen queren? Woher kommen die Fahrer, die es für beide Systeme braucht? „Letztlich haben wir es im Verkehr immer mit konkurrierenden Interessen zu tun“, erklärt Erik O. Schulz und hat dabei den beschränkten Platz im Blick. „Flächen kann man nur einmal verteilen. Aber am Ende hat es eben auch etwas mit Lebensqualität zu tun, wie wir Schwerpunkte setzen.“
Erinnerung an die Straßenbahn-Linie 11
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So soll der Modal Split übrigens auch unabhängig von der steigenden Anzahl an Elektroautos umgesetzt werden. „Letztlich reden wir immer von 1,5 Tonnen Stahl, die ein paar Kilometer durch die Stadt bewegt werden, um dann eine Fläche zu blockieren oder in einem Parkhaus zu verschwinden“, so Schulz, „natürlich gibt es Menschen, die auf ein Auto angewiesen sind. Aber Ziel muss es doch sein, all jene, denen es möglich ist, zum Umstieg zu bewegen.“
Geprüft hat das Gutachterbüro auch Metrobusse, das System Bus-Rapid-Transit (BRT) sowie eine urbane Seilbahn. Ergebnis: Aus den unterschiedlichsten Gründen sind diese Alternativen für Hagen nicht zu empfehlen.
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