Hagen. Ab dem 1. Juni ist das Jobcenter Hagen für die Leistungen an die Ukrainer zuständig. Dabei kämpft auch die Behörde mit bürokratischen Hürden.

Die Zeit ist der größte Feind. Die Zeit und die Mammutaufgabe, die mit fehlender Zeit verbunden ist. Und obwohl in diesem Fall auch die Mitarbeiter einer Behörde immer wieder gegen bürokratische Hürden ankämpfen müssen, macht sich im Jobcenter Hagen ein zurückhaltender Optimismus breit. Tenor: Wir schaffen das. Und: Wir schaffen damit etwas, was bei nüchternem Blick von außer kaum zu schaffen ist.

Die Jobcenter in Deutschland (und damit auch das Jobcenter Hagen) sind ab dem 1. Juni zuständig für die Auszahlung von Sozialleistungen nach dem SGB II an Flüchtlinge aus der Ukraine, die bislang Geld von den Ausländerbehörden der Kommunen bekommen haben. Das Problem der Behörde: Dass die Zuständigkeiten formal wechseln, ist klar. Die dafür nötige gesetzliche Grundlage fehlt. Die soll der Deutsche Bundestag am 20. Mai beschließen. Aber frühestens drei Tage später ist damit zu rechnen, dass dieses Gesetz auch veröffentlicht wird. Und erst dann wiederum ist das Jobcenter handlungsfähig.

Jobcenter stößt an Grenzen

„Bislang richten wir uns nur nach Entwürfen dieses Gesetzes“, sagt Annett Stöckle, die für den gesamten Prozess im Jobcenter Hagen zuständig ist, „allerdings werden die auch immer wieder abgeändert“. Was eine solide Planung nicht vereinfacht.

Also hat man beim Jobcenter überlegt, wie man wiederum die Übergangszeit bis zur Veröffentlichung des Gesetztes nutzen kann. Und so sind die Mitarbeiter der Behörde in den letzten Tagen in die Sammelunterkünfte ausgeschwärmt, um die Daten der Geflüchteten zu erfassen. Im Falle von 150 Fällen ist das bereits gelungen.

Datenaustausch zwischen Behörden nicht möglich

Gleichwohl hat dieser Ansatz bei den Menschen aus der Ukraine für Verwunderung gesorgt. Denn ein ähnliches Prozedere mussten sie ja bereits nach der Ankunft bei den Ausländerbehörden über sich ergehen lassen. „Da allerdings ging es ja zunächst um einen Aufenthaltstitel, die sogenannte Fiktionsbescheinigung“, sagt Annett Stöckle, „nun geht es darum, dass und wie wir die Leistungen auszahlen können.“ Und: Ein einfacher Datentransfer zwischen den Behörden sei unmöglich. Zum einen würde mit zwei unterschiedlichen, nicht kompatiblen Systemen gearbeitet, zum anderen käme das aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in Frage.

Immerhin: Bei all der Bürokratie, die über die Menschen aus der Ukraine hereinbricht, hat man sich in Hagen für einen möglichst einfachen Weg entschieden. Daraus ist ein Antragsformular entstanden, das im Vergleich zur üblichen Version erheblich einfacher gestaltet worden ist. „Wir haben uns auf die wichtigsten Fragen konzentriert“, sagt Annett Stöckle. Auch das Beiblatt mit Erläuterungen habe man komprimiert.

Mitarbeiter in den Unterkünften

Über Tage hinweg (Überstunden inklusive) waren die Mitarbeiter des Jobzentrums in den drei großen Massenunterkünften (Karl-Adam-Halle, Stadthalle, Haus Busch) in Hagen bis weit nach Feierabend unterwegs. „Wir haben vor Ort geholfen, die Formulare auszufüllen“, sagt Annett Stöckle. „Viele hatten Angst, dass sie kein Geld bekommen, wenn sie etwas Falsches eintragen. Wir waren mit Kollegen unterwegs, die Russisch sprechen. Dabei erfährt man mehr über Schicksale, die einen tief bewegen.“

Weitere Unterlagen sind mittlerweile auf dem Postweg verschickt worden. Allerdings liegt genau da ein weiteres Problem: Denn viele Familien, die privat untergekommen sind, stehen nicht auf Klingelschildern der Gastfamilien. Die Post kommt zurück.

Flüchtlinge müssen sich um Krankenversicherung kümmern

Bis zum 18. Mai allerdings – so ist es zumindest formal vermerkt – sollen die Unterlagen zurück sein. Ein Umstand, der bereits einige Ukrainer mit Sorge erfüllt. Aber Annett Stöckle kann beruhigen: „Alle, die am 1. Juni nicht in unserem System erfasst sind, erhalten die Leistungen auf dem bisherigen Weg. Das wird irgendwann intern verrechnet, ohne dass sich die Flüchtlinge selbst kümmern müssen.“

Anders sieht das allerdings beim Thema Krankenversicherung aus. Darum müssen sich die Menschen aus der Ukraine nun selbst kümmern. „Wer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II erhält, ist versicherungspflichtig“, sagt Annett Stöckel. „das bedeutet, dass sich die Ukrainer nun selbst eine Krankenversicherung suchen müssen, die sie aufnimmt.“ Zumindest die AOK scheine auf diesem Gebiet schon sehr aktiv zu sein.

Ukrainer brauchen ein deutsches Konto

Darüber hinaus können SGB-II-Leistungen nur auf Konten in Deutschland eingezahlt werden. Auch um ein Konto in Deutschland müssen sich die Flüchtlinge selbst kümmern. „Gibt es das nicht, können wir zum 1. Juni nicht auszahlen“, erklärt Annett Stöckle und richtet gleichzeitig einen Appell an die Kreditinstitute: „Es wäre schön, wenn die heimischen Banken da mitspielen und schnell diese Pfändungsschutzkonten einrichten.“ Ausgezahlt wird übrigens unabhängig von möglichen Vermögen oder Unterhaltsansprüchen in der Heimat.

Für Ukrainer, die das Renteneintrittsalter erreicht haben, ist übrigens das Sozialamt der Stadt zuständig. Sie erhalten eine Grundsicherung nach dem SGB XII. Ausgezahlt wird am Mittwoch, 25. Mai, Montag, 30. Mai und Dienstag 31. Mai jeweils von 9 bis 12 Uhr (keine Terminvereinbarung) an der Grundsicherungsstelle, Berliner Platz 22, 3. Etage. Mitzubringen sind der Pass, die Fiktionsbescheinigung oder der Nachweis der erkennungsdienstlichen Erfassung.

Unterlagen können per Mail geschickt werden

Unterlagen an das Jobcenter können auch per Mail (auch abfotografiert) geschickt werden. Die Adresse lautet: jobcenter-hagen.zuwanderung-ukraine@jobcenter-ge.de. Eine Servicehotline mit Russisch sprechenden Mitarbeitern ist geschaltet: 02331/36758500 (8 bis 13 Uhr). Der Schalter im Jobcenter ist werktags von 8.30 bis 13 Uhr besetzt.