Hagen. Die Polizei Hagen präsentiert die Kriminalstatistik 2021. Der Bereich Missbrauch und Kinderpornografie bringt die Polizisten an ihren Grenze.

Es sind reichlich Zahlen, die bei der Präsentation einer Jahresstatistik verkündet werden. Und das gilt auch, wenn die Polizei sich zu den Straftaten in Hagen äußert. Diese Zahlen aber ragen ebenso heraus wie die Worte, die Guido Liedke, dem stellvertretenden Leiter des Polizeipräsidiums Hagen, dazu einfallen. Die Zahl der Fälle im Bereich der Kinder- und Jugendpornografie ist von 43 Fällen (2020) auf 97 gestiegen, die des sexuellen Missbrauchs von Kindern von 30 auf 49. „Wer die schwächsten der Gesellschaft angreift, der greift diese Gesellschaft an“, sagt Kriminaldirektor Liedke.

Hinter jedem einzelnen dieser Fälle steckt ein Kind, steckt eine kaum vorstellbare Leidensgeschichte, steckt ein Schicksal. Jeder dieser Fälle ist einer zu viel. Aber dass sie überhaupt an Tageslicht gekommen sind, hat auch damit zu tun, dass Kinderpornografie und Kindesmissbrauch Schwerpunkte der Arbeit der Ermittler in der Hagener Behörde sind.

Belastende Arbeit für Polizisten und Beschäftigte

„Wir haben in den letzten Jahren die Anzahl der Mitarbeiter noch einmal erhöht und auch in diesem Jahr werden wir eine weitere Stelle ausschreiben“, erklärt David Clemens, Leiter der Kriminalinspektion 1, „elf Polizeibeamte und drei Regierungsbeschäftigte arbeiten nahezu ausschließlich in diesem Bereich.“ Dabei beschränkt sich ihre Zuständigkeit nicht nur auf das Stadtgebiet, sondern umfasst den Bereich der Kriminalhauptstelle (Hagen, Märkischer Kreis, Ennepe-Ruhr-Kreis, Olpe und Siegen).

Delikte im Jahresvergleich
Delikte im Jahresvergleich © funkegrafik nrw | Pascal Behning

Wie belastend auch diese Arbeit ist, dass können Liedke und Clemens nur skizzieren. „Es gibt immer einen Zielkonflikt“, sagt Liedke, „zum einen geht es darum, Datenmaterial schnell auszuwerten, um Opfer sexuellen Missbrauchs aus ihrem Umfeld herauszuholen. Zum anderen müssen wir sehr genau auf die Belastung unserer Mitarbeiter achten, die sich zum Teil über drei bis vier Stunden hinweg menschenverachtende Bilder anschauen müssen.“ Supervision und Coaching spielen da eine Rolle, Rückzugsmöglichkeiten für Kollegen, die einmal eine Auszeit benötigen.

Masse an Taten wird für Polizei zur Herausforderung

Die Masse an Taten ist für die Polizei eine Herausforderung“, sagt Liedke, „die sorgt für eine wahre Datenflut. Das bringt die Ermittler an die Belastungsgrenze, setzt sie auch unter Druck.“ Wenn es überhaupt eine positive Botschaft gibt, die mit diesem Thema in Verbindung steht, dann diese: „Kinderpornografie ist Mitten in der Gesellschaft angekommen“, so Liedke, „es ist mittlerweile allen klar, dass es sich nicht um ein Phänomen irgendwo am Rande handelt, das niemanden etwas angeht.“

Kriminaloberrat David Clemens, Leiter Kriminalinspektion 1, sieht die hohe Belastung seiner Kollegen.
Kriminaloberrat David Clemens, Leiter Kriminalinspektion 1, sieht die hohe Belastung seiner Kollegen. © WP | Michael Kleinrensing

Die Zahl der Anzeigen steigt: Was damit zu tun hat, dass die Menschen aufmerksamer reagieren, dass es „niederschwellige Hinweise“ gibt, die wichtig sind, weil sie zumindest manchmal ermöglichen, frühzeitig einzugreifen und Kinder zu schützen. „Hinzu kommt, dass die Fälle auch deshalb steigen, weil wir unsere Arbeit in diesem Bereich in den letzten Jahren immer weiter intensiviert haben“, sagt Kriminaloberrat David Clemens.

Polizeibehörden kooperieren

Weil das auch für andere Behörden gilt, spiegeln die Hagener Zahlen einen Trend auf Landes- und Bundesebene wieder. Und: Ganze Netze fliegen immer häufiger auf, die vielleicht nicht ihren Ursprung in Hagen haben, aber doch bis hierhin reichen. „Chatgruppen und Foren mit mehreren tausend Mitgliedern geraten immer wieder in den Fokus“, so Clemens, „die Zusammenarbeit verschiedener Behörden ist in diesem Bereich sehr intensiv.“