Hagen. Corona und Hochwasser prägen das Jahr und bleiben Herausforderungen in Hagen. Oberbürgermeister Erik O. Schulz im Interview.

Hochwasser, anhaltende Pandemie, angespannte Haushaltslage – die Stadt Hagen und die Verwaltung mussten und müssen sich vielen Herausforderungen stellen. Aber es gibt auch einige Dinge, die Hoffnung machen. Darüber sprach unsere Zeitung zum Jahreswechsel mit Oberbürgermeister Erik O. Schulz (parteilos).

Mit dem Hochwasser Mitte Juli ist eine Katastrophe kaum vorstellbaren Ausmaßes über Hagen hereingebrochen – wie kann es gelingen, die Hagener und ihre Stadt künftig zu schützen?

Erik O. Schulz: Der Starkregen und das anschließende Hochwasser haben uns in aller Härte gezeigt, dass das Thema Hochwasserschutz neu in den Fokus genommen werden muss. Hochwasserschutz muss künftig über Stadt- oder Kreisgrenzen hinweg gedacht und umgesetzt werden. Die Stadtverwaltung arbeitet – neben dem fortlaufenden Wiederaufbau – mit Hochdruck an einem Hochwasserschutzkonzept, das solche tragischen Ereignisse in Zukunft verhindern soll. Einen hundertprozentigen Schutz aber wird es nie geben können; Naturgewalten, wie wir sie im Juli erleben mussten, lassen sich letztlich durch Menschenhand nicht bändigen.


Wie empfinden Sie angesichts von Pandemie und Hochwasser die Stimmung in der Stadt?

Wir alle stellen fest, wie sehr die seit nun fast zwei Jahren grassierende Corona-Pandemie an unseren Nerven zehrt. Viele von uns fühlen eine tiefe Ermüdung, merken, wie viel Kraft und Energie die beinahe alltägliche Auseinandersetzung mit diesem Thema gekostet hat. Und die aktuellen Prognosen und angekündigten Maßnahmen rund um die Omikron-Variante sorgen auch nicht dafür, dass es absehbar eine Entspannung geben könnte. Ich möchte mir im Moment gar nicht ausmalen, welche Folgen zum Beispiel ein drohender dritter Lockdown für die Menschen in unserer Stadt haben würde. Von den zunehmenden Belastungen für unser Gesundheitssystem ganz zu schweigen. Und ja, auch das Hochwasser und die damit verbundenen Folgen haben seit diesem Sommer die Stimmung nicht verbessert…

Was macht Ihnen Hoffnung?

In den letzten zwei Monaten hat allein unser städtisches Impfteam über 50.000 Impfungen in Hagen durchgeführt, an die 50 Prozent der Hagener Bevölkerung sind bereits zum dritten Mal geimpft und seit Mitte Dezember können auch Kinder unter zwölf Jahren geimpft werden. Die Impfung ist der entscheidende Weg raus aus der Pandemie, zurück in die Normalität, nach der wir uns bald zwei Jahre lang sehnen. Tief beeindruckt hat mich zudem in der schweren Zeit nach dem Hochwasser der Zusammenhalt der Hagenerinnen und Hagener untereinander, die Solidarität und die spontane Hilfsbereitschaft von Nachbarn, Freunden und auch ganz Fremden. Sich nicht allein gelassen zu fühlen, das hat uns allen wieder Mut gemacht. Und das ist auch ein hoffnungsvolles Signal für die Zukunft.

Der Kämmerer hat einen Haushalt vorgelegt, der auf Kante genäht ist – welche gestalterischen Spielräume bleiben für Hagen?

Wird der jetzt eingebrachte Haushalt so im Frühjahr vom Rat verabschiedet, dann werden wir – ohne Steuererhöhungen – in den beiden kommenden Jahren insgesamt 142 Millionen Euro für Zukunftsinvestitionen zur Verfügung haben, also rund 50 Millionen mehr als in den Vorjahren. Das ist ein Wort! Und bleibt es bei der Ankündigung der neuen Bundesregierung, den Städten endlich namhaft beim Abbau der Altschulden zu helfen, dann werden sich auf Dauer noch ganz andere Spielräume für Hagen eröffnen.

Zum Jahresende belastet die Sperrung der Rahmedetalbrücke Wirtschaft und Bürger der Stadt gleichermaßen. Welche Erwartungen haben sie an den Bund und was kann die Stadt selbst tun?

Die Erwartungen sind klar: Die Bewilligungsbehörden müssen alles dafür tun, um einen Neubau in Rekordzeit zu ermöglichen! Selbst dann werden immer noch drei, vier, vielleicht fünf Jahre ins Land gehen, bis insbesondere der Lkw-Verkehr wieder normal über die A 45 rollen wird. Bis dahin können wir innerstädtisch nur alles versuchen, um Brennpunkte, die im Zusammenhang mit den Ausweichverkehren entstehen, wo eben möglich zu entschärfen.

Eigentlich soll die Hagener Bäderlandschaft neu geordnet werden – verhagelt ein Bürgerbegehren die Pläne?

Das denke ich nicht! Ich bin überzeugt, dass sich eine deutliche Mehrheit beim Bürgerentscheid im März dem Votum des Rates anschließen und sich damit für die mit Abstand bessere und zukunftssichere Lösung für das Schwimmen in Hohenlimburg aussprechen wird – sprich: Den Abriss des im höchsten Maße sanierungsbedürftigen Lennebades bei gleichzeitigem Ausbau des heutigen Freibades Henkhausen zum Ganzjahresbad.

In Hagen fehlt es sowohl an Kita- als auch an Plätzen an Grundschulen – wie kann die Stadt für Familien attraktiv bleiben?

Obwohl wir schon in den zurückliegenden Jahren eine große Zahl an neuen Kita-, Grundschul- und OGS-Plätzen geschaffen haben, reicht dies in der Tat lange noch nicht aus. Das ist und bleibt – nicht zuletzt vor dem Hintergrund anhaltender Migrationsbewegungen – eine Mammutaufgabe für alle Verantwortlichen. Aber da fehlt es weder an einem breiten politischen Konsens, noch – trotz anhaltend schwieriger Haushaltslage – an den notwendigen finanziellen Mitteln. In den kommenden Jahren werden Stand heute weit über 30 Millionen Euro in neue Grundschul-, Kita- und OGS-Plätze sowie deren Ausstattung fließen. Das ist ein starkes Signal.

Das Südufer des Hengsteysees soll aus dem Dornröschenschlaf erweckt werden – welche Bedeutung hat das Projekt für die Stadt?

Nach dem Baubeginn der Radbrücke über die Volme ist im Mai mit dem Spatenstich für das neue Freizeitareal rund um das Freibad am Hengsteysee der langersehnte Startschuss für eines der größten Projekte für den regionalen und überregionalen Tourismus sowie die Naherholung am Hengsteysee gefallen. Der „Seepark Hengstey“ wird jetzt Schritt für Schritt als ein echter Freizeit-Magnet seine Gestalt annehmen. Bis zum Jahr 2026 wollen wir am Südufer 22 Millionen Euro investieren – das wird unübersehbar sein.

Auf welche drei Projekte legen Sie 2022 persönlich Ihren Fokus?

Erstens: Der bereits erwähnte Ausbau der vorhandenen Grundschul-, Kita- und OGS-Plätze, was sicher von Beginn an eine der Kernaufgaben für die neue Beigeordnete bzw. den neuen Beigeordneten sein wird. Zweitens: Das Thema „Integration“. Die Grundlagen dafür haben wir mit einem neuen Fachbereich gelegt, der im Januar an den Start geht. Und Drittens: Eine weitere Forcierung beim Thema Digitalisierung – insbesondere mit Blick auf unsere Schulen.