Hagen. Erste Elektro-Busse sollen eigentlich im nächsten Jahre für Hagen bestellt werden. Daraus wird jetzt aber wohl doch nichts.

Die Verkehrswende in Hagen steckt im Stau. Zumindest in einem Teilbereich des Öffentlichen Personennahverkehrs. Denn bis die ersten Elektrobusse der Hagener Straßenbahn durch die Stadt rollen, wird es dauern. Wie lange genau, das vermag Christoph Köther, Vorstand des Verkehrsunternehmens, derzeit nicht zu sagen. Gleichwohl spricht er von einer „ärgerlichen“ Entwicklung.

Die Verkehrswende steckt an dieser Stelle im Stau, weil die Stadt Hagen ihrem Tochterunternehmen, der Hagener Straßenbahn, keine Baugenehmigung erteilt. „Im November 2019 haben wir eine Bauvoranfrage gestellt, am 11. März schließlich die Unterlagen zur Genehmigung eingereicht“, sagt Köther. Seither aber hat sich nichts Entscheidendes getan.

Betriebshof muss umgebaut werden

E-Busse sollen über Nacht geladen werden

Die Hagener Straßenbahn zählt zu den ersten Verkehrsunternehmen, bei denen Hybridbusse im Linienverkehr zum Einsatz gekommen sind.

Durch eine Förderung gestaltete sich die Einführung sogar wirtschaftlich. Auch die Dieselflotte, so das Unternehmen, sei technisch auf hohem Niveau.

Die E-Busse, so die bisherige Planung, sollen über Nacht in der Halle auf dem Betriebsgelände Am Pfannenofen geladen werden.

Die reale Reichweite liegt nach Erfahrungen anderer Unternehmen im Alltag zum Teil nur bei 80 bis 100 Kilometern.

Laute Angaben von Herstellern sind bei optimalen Bedingungen bis zu 250 Kilometer möglich.

Die Anschaffungskosten für einen Elektro-Solobus liegen bei mindestens 550.000 Euro. Ein vergleichbares Dieselfahrzeug kostet um die 240.000 Euro.

Die Stromkosten betragen 32 Euro auf 100 Kilometern, beim Diesel kalkuliert die Straßenbahn mit 40 Euro.

Ob eine Batterie die gesamte Lebenszeit eines Busses übersteht, ist fraglich. Ein chinesischer Hersteller garantiert das. Allerdings nicht über elf Jahre. So lange fahren die Dieselbusse der Straßenbahn derzeit.

Bevor der erste Teil der Hagener Busflotte auf Elektrobetrieb umgestellt werden kann, müssen Teile des Betriebshofs am Pfannenofen umgebaut werden. So muss unter anderem die Dachkonstruktion der riesigen Halle, in der die Flotte nachts steht, statisch gestützt werden, weil Teile der Ladeinfrastruktur daran hängen sollen.

Daneben muss eine Strom-Übergabe-Station mit Schaltraum gebaut werden. Und es braucht einen Havarieplatz, auf dem Elektrobusse abgestellt werden, die bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden sind.

Ohne Genehmigung keine Förderung

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„Eine Baugenehmigung wiederum ist Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt Mittel aus Förderprogrammen beantragen können“, erklärt Köther. Bei einer Gesamtinvestition von 15 Millionen Euro für E-Fahrzeuge und die entsprechende Infrastruktur in einem ersten Schritt ein durchaus wichtiger Faktor für ein Unternehmen, das Jahr für Jahr als öffentlicher Verkehrsdienstleister zwangsläufig Verluste einfährt. Es geht um eine Förderkulisse in Höhe von rund 9 Millionen Euro.

Dass die Baugenehmigung nach einem Dreivierteljahr noch nicht vorliegt, hat Gründe. „Der Brandschutz ist immer wieder Thema, ein riesiges Problem. Allein die Vorstellung, dass es bei 140 Fahrzeugen zu einem Feuer in der Halle kommt, ist eine Katastrophe“, erklärt Köther, der der Stadt, die ja gleichzeitig den Auftrag Busverkehr an die Straßenbahn übergeben hat, keine Vorwürfe macht. „Ich will da niemanden kritisieren. Ich kann nur die Fakten darstellen. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass uns jemand Steine in den Weg legen will.“

Quote für Neuanschaffungen

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Das wäre auch widersinnig. Denn seit dem 1. August 2019 gibt es eine EU-Richtlinie zu sauberen Fahrzeugen, die in nationales Recht umgesetzt werden muss. Die gibt ab 2022 eine Feste Beschaffungsquote vor: 22,5 Prozent aller neubeschafften Fahrzeuge öffentlicher Träger müssen emissionsfrei sein, 22,5 Prozent emissionsarm. „Für uns bedeutet das eine Elektro-Quote von 45 Prozent.“

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Bis 2022 – so der ursprüngliche Plan, wollte man bei der Straßenbahn AG aber gar nicht warten. „Wir sind offen für neue Antriebstechnologien, beschäftigen uns seit 2018 vor dem Hintergrund des städtischen Masterplans Mobilität mit dem Thema E-Busse“, so Köther. „Da haben wir eine Machbarkeitsstudie vorgelegt.“ 2019 folgte ein konkretes Umsetzungskonzept. Bis 2023 sollten bereits 14 E-Busse in Hagen rollen. Die ersten sechs Busse sollten im nächsten Jahr bestellt und spätestens ab 2022 auf der Linie 527 eingesetzt werden. Jetzt allerdings steckt dieser Teil der Verkehrswende im Stau. Ein Gutachter soll nun klären, wie sich die Brandschutzauflagen erfüllen lassen. Ob und wie das Projekt dann noch finanziell darstellbar ist, ist offen.