Hagen. Die Mobilitätswende wird für die Hagener Straßenbahn richtig teuer. Die durch die EU vorgeschrieben Umstellung auf E-Busse kostet Millionen.
Einer neuen Richtlinie der Europäischen Union sei dank: Auf die Hagener Straßenbahn kommen in den nächsten Jahren Kosten in Millionenhöhe zu. Denn die so genannte Clean-Vehicle-Verordnung, die innerhalb von 30 Monaten in nationales Recht umgesetzt werden muss, sieht vor, dass bis 2025 weite Teile der Flotte elektrifiziert werden müssen. „Mich wundert, dass diese Richtlinie, die im April beschlossen worden ist, bislang öffentlich kaum wahrgenommen worden ist“, sagt Straßenbahn-Vorstand Christoph Köther.
Denn: Die Auswirkungen auf Unternehmen wie die Hagener Straßenbahn sind erheblich. „Wenn wir solche Quoten vorgegeben bekommen, müssen wir unsere Beschaffung komplett umstellen“, sagt Köther mit Blick auf die Richtlinie, die bereits ab dem vierten Quartal 2022 greift. „Von da an bis 2025 liegt die Vorgabe an Elektrobussen bei 45 Prozent, danach steigt sie auf 65 Prozent.“
E-Busse kosten mehr als das Doppelte
Das wiederum ist mit Neuanschaffungen in einem bislang noch nicht dagewesenen Ausmaß verbunden. „Da muss man sich schon Gedanken machen, wer das eigentlich bezahlen soll“, sagt Christoph Köther. Ein Elektro-Solo-Bus liegt bei 500.000 bis 650.000 Euro, ein Gelenkbus sogar bei 700.000 bis 850.000 Euro. Zum Vergleich: Die Kosten für moderne Dieselbusse (Euro VI) liegen bei 230.000 Euro bzw. 330.000 Euro.
Der Verband der Deutschen Verkehrsunternehmen ginge, so Köther weiter, bei einem Unternehmen mit 115 Linienbussen derzeit von Gesamtkosten von 126 Millionen Euro für eine Umrüstung aus. Wenn alle Unternehmen nun gezwungen seien, in diesem Maße umzurüsten, seien auch die Hersteller darauf gar nicht vorbereitet.
138 Busse bei der Straßenbahn
Derzeit rollen bei der Hagener Straßenbahn sogar 138 Diesel- und Hybridbusse. „Um unser Leistungsangebot aufrecht erhalten zu können, gehen wir davon aus, dass wir bei einer Umstellung 30 weitere Busse brauchen“, so Köther. Denn: Nach dem derzeitigen Stand der Technik sind die Elektrobusse nicht im Stande, einen kompletten Tagesumlauf draußen auf der Strecke zu bleiben.
Zum Laden müssten sie nachts und mindestens einmal am Tag ins Depot zurückkehren. „Die Reichweite ist schon bei guten Bedingungen eine Katastrophe. Die Angaben der Hersteller und die Erfahrungen im Realbetrieb weichen erheblich voneinander ab“, sagt Christoph Köther, „und da reden wir noch nicht einmal vom Winter, wenn die Fahrzeuge ja beheizt werden müssen.“
Mehr Fahrer nötig
Hinzu kommt: Mehr Busse brauchen auf mehr Fahrer, die sie steuern. „Auch das verursacht dauerhaft erhebliche Mehrkosten“, sagt Köther, „in der momentanen Situation ist es für uns sowieso schon schwierig, neue Fahrer für unser Unternehmen zu gewinnen.“
Auch die Haltbarkeit der Batterien sei noch nicht so weit, dass die Akkus ein Bus-Leben lang – rund elf Jahre sind herkömmliche Fahrzeuge bei der Straßenbahn im Einsatz – halten. Entsprechend müssten die Busse nach einigen Jahren mit neuen (teuren) Akkus ausgestattet werden.
Zweifelhafte Ökobilanz
Dabei steht für die Hagener Straßenbahn, die das Thema Elektromobilität durchaus auf der Agenda hat, noch nicht einmal fest, ob ein Umstieg ökologisch Sinn macht: „Nach meinem Verständnis ist die Gesamt-Ökobilanz eines Elektrobusses derzeit schlechter“, sagt Köther mit Blick auf die Herstellung, den Strommix und die Entsorgung der Batterien. „Wir sind aber eigentlich gerade dabei, die Voraussetzungen zu schaffen, damit wir wie andere Unternehmen auch selbst erste Erfahrungen sammeln können. Durch die neue Richtlinie ist unsere Planung aber überholt.“