Hagen. Die Hagener vergeben beim Heimatcheck für den öffentlichen Nahverkehr gute Noten. Ein Beispiel aus Emst zeigt, warum das so ist.

Dieser Mann ist ein Paradebeispiel. Ein Paradebeispiel dafür, was man bewegen kann, wenn man ein Angebot verbessert. Denn seitdem die Hagener Straßenbahn ihren Fahrplan umgestellt hat, setzt der Emster Torsten Rack (50) auf den Bus. Mit der Schulnote 2,69 bewerten fast 3000 Hagener das Angebot beim Heimatcheck.

Christoph Köther- „Guter Beginn jäh beendet“

Mitte Dezember hat die Hagener Straßenbahn AG ihren Fahrplan umgestellt und das Angebot erweitert. Im Kern sind vor allen Dingen die Hauptverbindungsachsen so gestärkt worden, das tagsüber unter der Woche mindestens alle zehn Minuten ein Bus fährt. Dazu sind Gebiete erschlossen worden, in denen bislang kein Bus fuhr. Im Interview zieht Straßenbahn-Vorstand Christoph Köther ein erstes Zwischenfazit.

1Seit einem halben Jahr gilt der neue Fahrplan – wie ist Ihr Eindruck?

Wir konnten im Rahmen der Einführungsphase des neuen Fahrtenangebotes für Hagen durchaus erste positive Tendenzen feststellen, so dass wir eigentlich recht zufrieden sein könnten. So haben wir in den Monaten Januar und Februar sogar leicht überplanmäßige Fahrgastzahlen verzeichnen können.

2Dann kam Corona. Welche Auswirkungen hat das die Krise?

Der gute Beginn ist durch Ausbruch der Corona-Krise jäh beendet worden. Rückblickend war der Starttermin für das neue Liniennetz somit ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt. Denn ab Mitte März kam es coronabedingt zu einem massiven Einbruch der Fahrgastzahlen, der bis heute anhält.

3Wo liegen denn die Herausforderungen für die nächsten Monate?

Zurzeit fahren wir auftragsgemäß rund eine Million Kilometer pro Jahr mehr als im Vorjahr, haben aber nur noch rund halb so viele Fahrgäste wie vor der Krise. Deshalb ist es für uns jetzt vorrangige Herausforderung, die coronabedingt verloren gegangenen Kunden zurückzugewinnen.

„Das war ein ganz bewusster Entschluss“, sagt jener Mann, der in der Straße Am Waldesrand auf Emst lebt und seit Mitte Dezember eine eigene Buslinie quasi vor seiner Haustür hat, „das ist – wenn man so will – mein ganz persönlicher Beitrag, um die Verkehrswende in der Stadt Hagen zu unterstützen.“

Alle privaten Fahrten mit dem ÖPNV

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Dabei kann Torsten Rack auf das Auto nicht verzichten. Was mit seinem Beruf zu tun hat. Er arbeitet im Außendienst für eine Krankenkasse. „Ich sitze pro Jahr 30.000 Kilometer hinter dem Steuer“, sagt jener Mann, der vor mittlerweile 13 Jahren aus Bochum nach Hagen gezogen ist. „Da verliert man den Spaß am Autofahren von ganz alleine.“

Also wächst der Entschluss, zumindest alle Fahrten im privaten Bereich mit dem Öffentlichen Personennahverkehr zu erledigen. „Und als dann noch die Hagener Straßenbahn so massiv für die neuen Verbindungen im Stadtteil geworben hat, habe ich mich entschieden, umzusteigen“, sagt Rack, der zugibt, auch aus Bequemlichkeit lange das Auto genutzt zu haben. „Jetzt haben wir mit der 527 eine eigene Linie in Richtung Innenstadt direkt vor der Tür. Und dazu endlich einem abgestimmten Takt auf der Hauptverkehrsachse das Wasserlose Tal hinunter.“

Neues System besteht den Alltagstest

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Auch das sei ein große Verbesserung. Zwar seien dort auch bislang zwei Linien gefahren. Allerdings seien die Busse in einem Abstand von nur wenigen Minuten quasi hintereinander hergefahren. Dann wiederum tat sich lange Zeit nichts.

Das aber gehört nun der Vergangenheit an. Das neue System hat für Torsten Rack den Alltagstest längst bestanden. „Als die Schwiegermutter im Josefs-Hospital in Altenhagen gelegen hat, konnten wir die Klinik ohne Umsteigen direkt erreichen. Und auch jetzt, da sie im Franziskus-Haus an der Lützowstraße untergebracht ist, gehen wir zu Fuß oder nutzen den Bus.“

Streit um die neue Buslinie auf Emst

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Einen Bus, der im Viertel keineswegs unumstritten ist. Denn bereits Anfang November hatten einige Anwohner der Straße „Im Felsental“, die oberhalb der Straße Am Waldesrand liegt, gegen die neue Linie 527 mobil gemacht. Sie argumentierten, dass der Bus die enge Straße unmöglich passieren könne, sahen die Sicherheit von Fußgängern und Kindern gefährdet und fürchteten um Parkplätze.

Die Hagener Straßenbahn aber hielt schon damals dagegen. Immer wieder, so erklärte eine Sprecherin, hätten das Verkehrsunternehmen Kundenwünsche erreicht. Gerade ältere Menschen würden von der neuen Linie profitieren.

Ältere nehmen neues Angebot gerne an

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Was Torsten Rack bestätigt: „Man merkt, wie viele Ältere dieses Angebot gerne annehmen“, sagt er. „Ich kann die Argumente, die damals gegen die Linie vorgetragen wurden, überhaupt nicht nachvollziehen. Ein großer Teil der Menschen, die hier oben auf dem Berg wohnen, profitiert von der neuen Anbindung.“

Zwar war während der Corona-Krise der Busverkehr reduziert, seit Öffnung der Schulen allerdings gilt wieder der normale Fahrplan. „Man merkt, wie die Busse wieder voller werden“, sagt Torsten Strack, der dem alternativen Verkehrsmittel noch einen weiteren Vorteil abgewinnen kann. „Man lernt im Bus und an der Haltestelle neue Leute kennen, man kommt ins Gespräch und erfährt mehr über die eigene Nachbarschaft.“