Hagen. 1,8 Millionen Euro Landesmittel fließen in das neue Stadtmuseum. Es soll künftig einen chronologischen Überblick über die Stadtgeschichte geben.

Ein Förderbescheid über 1,8 Millionen Euro für das Stadtmuseum im Kunstquartier hat die Stadt Hagen jetzt erreicht. Über das Konzept des Museums sprach unsere Zeitung mit Dr. Tayfun Belgin, Leiter des Fachbereichs Kultur, Dr. Ralf Blank, Leiter des Fachdienstes Wissenschaft, Museen und Archive, sowie Verwaltungsdirektor Michael Fuchs.

Was bedeutet der Förderbescheid des Landes für das Stadtmuseum?

Michael Fuchs: Durch die Landesförderung ist es möglich, eine inhaltlich fundierte und von der Gestaltung anspruchsvolle Ausstellung zur reichen Geschichte unserer Stadt einzurichten. Der städtische Eigenanteil ergänzt die Fördersumme, so dass für die notwendigen Umbauten und die Einrichtung der Ausstellung einschließlich des pädagogischen Arbeitsbereiches fast 2 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

1,755 Millionen Euro für neues Stadtmuseum

Die Bezirksregierung Arnsberg hat für die Stadt Hagen eine Förderung aus dem Programm „Heimat-Zeugnis“ des Landes bewilligt.

Hagen erhielt einen Zuwendungsbescheid in Höhe von 1,8 Millionen Euro.

Damit wird die Neukonzeption und Einrichtung der Dauerausstellung zur Geschichte der Stadt Hagen im 1863 erbauten Kreis- und Landgericht am Osthausmuseum gefördert.

Hagen verfügt über ein über die Stadtgrenzen hinaus wirkendes Museumsquartier, das aus zwei Kunstmuseen und einem Geschichtsmuseum besteht.

Warum hatte Hagen so lange kein Museum?

Tayfun Belgin: Die seit 2015 laufenden Planungen für ein Museum dieser Größe erfordern lange und intensive Vorbereitungen. Viele Museen sind daher oft ein ganzes Jahrzehnt geschlossen. Es darf auch nicht vergessen werden, dass wir 2017/18 auch noch den Umzug des kompletten Stadtarchivs, immerhin eines der größeren Kommunalarchive in NRW, geleistet haben. Hinzu kommt auch, dass der Fachbereich im Vergleich zu anderen Großstadt-Museen über eine übersichtliche Personalausstattung verfügt. Was die Kolleginnen und Kollegen in den vergangenen fünf Jahren dennoch geleistet haben, spiegelt sich in dem erfolgreichen Förderantrag bestens wider. Eine große Hilfe war und ist uns das LWL-Museumsamt in Münster, mit dem wir kollegial und eng zusammenarbeiten. Auch die städtische AG Stadtmuseum ist eine wichtige Unterstützung des Projekts.

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Welches Konzept verfolgt das neue Museum?

Dr. Ralf Blank: Die neue Dauerausstellung wird einen sowohl chronologischen als auch thematischen Überblick zur Stadt- und Regionalgeschichte geben. Das klingt auf den ersten Blick einfach, ist aber angesichts der vielschichtigen historischen Entwicklungen sowie sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Prozessen nicht einfach. In einem umfassenden Feinkonzept, das den politischen Gremien vorgestellt wurde, haben wir eine Art inhaltliches Drehbuch für die Ausstellung fertiggestellt. Das wird nun mit einem versierten Ausstellungsgestalter sorgfältig und kreativ umgesetzt. Wir werden uns auch an moderne stadtgeschichtliche Ausstellungen, wie beispielsweise das Historische Museum in Frankfurt am Main und das Stadtmuseum in Kassel, orientieren. Durch den fachlichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen in anderen Museen und Facheinrichtungen soll die Dauerausstellung auch neue Aspekte und Entwicklungen in der zeithistorischen Forschung und museumsdidaktischen Arbeit aufgreifen.

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Wer sind die Zielgruppen?

Fuchs: Zielgruppen sind natürlich alle Hagenerinnen und Hagener, aber auch die Menschen aus der Region sowie alle Gäste unserer Stadt. Aus pädagogischer und didaktischer Sicht stellen Schulklassen der unterschiedlichen Jahrgangsstufen eine der Hauptzielgruppe dar. Deshalb werden wir großen Wert auf eine leistungsfähige Museumspädagogik legen. Umso erfreulicher ist es, dass wir in der früheren Catacombe vor Ort über Räumlichkeiten verfügen werden, die wie eine Art Geschichtslabor pädagogisches Arbeiten möglich machen wird.

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Was erwartet die Besucher?

Blank: Diese Frage lässt sich eigentlich erst beantworten, wenn ein qualifizierter Ausstellungsgestalter mit uns gemeinsam die zukünftige Dauerausstellung eingerichtet hat. Doch schon jetzt können wir sagen, dass viele neue Aspekte der Stadtgeschichte, wie etwa die Bedeutung von Migration für das Gemeinwesen früher und heute, angeschnitten werden. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Auseinandersetzung mit Nationalismus, Nationalsozialismus, Extremismus, Gewalt und Krieg sein. Diese genuine Funktion von Geschichtsmuseen spielt aktuell im historisch-politischen Lernen eine immer größere Rolle. Doch wir wollen auch anhand von teilweise überregional bedeutenden und auch alltäglichen Objekten mit dem Museum einen Erlebnisraum eröffnen. Letztendlich geht es bei Geschichte immer auch um Menschen, die Spuren und Rückwirkungen hinterlassen haben. Aber auch Handlungsräume und Strukturen im Gemeinwesen Stadt waren und sind stets einem Wandel unterzogen.

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Welche Rolle spielen neue Medien?

Blank: Dazu muss zunächst gesagt werden, dass die elektronischen Medien eigentlich nicht mehr „neu“ sind, sondern bereits integraler Bestandteil unseres Alltags. Das erweist sich besonders auch in der derzeitigen Coronakrise. Die 2005 eröffnete Dauerausstellung in der Wippermann-Passage im Stadtteil Eilpe war etwas medienlastig. Heute ist der Medieneinsatz in Museen konsolidiert und hat die Experimentalphase verlassen. Wir wollen im neuen Stadtmuseum einen mehr auf die Wirkung und den Nutzen konzentrierten Weg gehen. Das bedeutet: fundierte und qualitativ hochwertige, ausgewählte Angebote in der Ausstellung sowie eine Vernetzung von realer Ausstellung mit digitalen Angeboten. Die Besucher können die Informationen „mitnehmen“ oder aber via Internet außerhalb des Museumsbesuchs nutzen. Ein digitales Museum soll vor allem auch für Schulklassen zahlreiche Angebote zur Verfügung stellen. Mit der Digitalisierung und Bereitstellung von Museumsobjekten im Internet hat das Stadtmuseum bereits begonnen: derzeit sind mehr als 350 Exponat online abrufbar. Auch unser Facebook-Angebot ist mit rund 12.000 Abonnenten eine gute Ausgangsbasis.

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Kann ein Stadtmuseum auch eine Bedeutung über die Grenzen von Hagen hinaus entwickeln?

Fuchs: Selbstverständlich ist es nicht einfach, angesichts der reichen Museumslandschaft im Rheinland und in Westfalen eine besondere Aufmerksamkeit zu wecken. Doch bin ich sicher, dass es uns gelingen wird, durch den Einsatz neuer Techniken und einer modernen Gestaltung eine weitere Entwicklungsstufe musealer Präsentation erreichen zu können. Insbesondere durch spezialisierte Angebote, herausragende Expositionen und eine zeitgemäße Öffentlichkeitsarbeit wird das neue Stadtmuseum Hagen Wirkung und Bedeutung in der Region und darüber hinaus entfalten können.

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Welche Rolle spielt das Stadtmuseum im Kunstquartier?

Belgin: Für Hagen und das zukünftige Museumsquartier im Herzen der Innenstadt bietet sich eine große Chance. Mit zwei Kunstmuseen und einem Geschichtsmuseum verfügt die Stadt über ein echtes Museumsquartier, das von seinen Angeboten in der Region seinesgleichen sucht. Das Osthaus Museum Hagen und das Stadtmuseum Hagen arbeiten seit der Bildung des Fachbereichs vor acht Jahren eng zusammen. Ein Beispiel war 2014 die überregional viel beachtete und gelobte Ausstellung „Weltenbrand“, mit der Ausstellung „Die Stadt“ bereiten wir derzeit eine weitere gemeinsame Ausstellung vor.