Hagen. Der Hagener Physiotherapeut David Lopez spricht über den Krisen-Druck auf seine Branche, aber auch über die Chancen, die sich plötzlich ergeben.
Wenn die Corona-Pandemie vorüber ist, wird vieles nicht mehr so sein wie es war. Manche Unternehmen werden die Krise nicht überleben, andere werden kleiner sein. Doch in der Krise, das hört man vielerorts in Hagen, stecken auch Chancen und Entwicklungen. Beispielsweise im Bereich der Digitalisierung. Ein Gespräch mit dem Physiotherapeuten David Lopez macht deutlich, welch ungewissen Kampf viele Unternehmen gerade führen und dass es doch eine Perspektive gibt.
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Herr Lopez, Sie haben eine große Praxis in der Elberfelder Straße und ein Rehasport-Zentrum in der Bahnhofstraße. Wie stark sind Sie betroffen?
David Lopez: Das Rehasport-Zentrum ist aktuell geschlossen, was ich auch nachvollziehbar finde. Hier kommen viele Risiko-Patienten her, die sich keiner Gefahr aussetzen sollen. Übrigens auch vier Lungen-Therapiegruppen, teilweise Patienten der Lungenklinik Ambrock oder aus den fachärztlichen Praxen in Hagen. Auch Lungentransplantierte.
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Und ihre Praxis?
Ich habe insgesamt ein Team von 15 Mitarbeitern. Viele mussten in Kurzarbeit gehen, damit das Unternehmen gesichert werden kann. In der Praxis sind wir noch mit drei Therapeuten plus Verwaltung, und der Betrieb ist um etwa 50 Prozent zurückgefahren. Viele Ärzte, die ihre Sprechzeiten reduziert haben, sind noch dazu zurückhaltend mit Verschreibungen, wovon wir Physiotherapeuten ja immens abhängig sind. Hinzu kommt, dass vor allem im Fernsehen fälschlicherweise früh kommuniziert wurde, die Physiopraxen seien zu. Das ist aber falsch. Wir gehören zur sogenannten kritischen Infrastruktur, und wir helfen den Patienten auch jetzt.
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Wie lange kann man so einen Zustand als mittelständisches Unternehmen durchhalten?
Angesichts der Rücklagen vielleicht drei oder vier Monate. Dann wird es schwierig. Es gibt in Hagen knapp 80 Praxen. Manche größer, manche kleiner als meine. Wie viele es durch die Krise schaffen können, ist völlig unklar.
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Was gibt denn Hoffnung?
Ich bin grundsätzlich ein positiv gestimmter Mensch. Ich glaube, wir werden das schaffen. Ich habe ein starkes Team, das zum Unternehmen hält, und wir finden gerade kreative Wege, wie wir die Menschen trotzdem behandeln können. Nach Ostern wird es Reha-Sport online auf Verordnung geben. Eine Kollegin treibt dann interaktiv vor der Kamera mit den Patienten Sport. Darüber hinaus haben wir die Tele-Therapie eingeführt. Therapie über Videosprechstunde, die über ein normales Rezept abgerechnet werden kann. Das sind Neuerungen, die wir ohne die Krise vielleicht nicht angeschoben hätten. Wenn das bleibt, haben wir uns sogar inhaltlich weiterentwickelt. Und die Perspektive heißt ja eigentlich: mehr Arbeit.
Wie meinen Sie das?
Viele Menschen, die jetzt eigentlich unsere Hilfe brauchen, bleiben aktuell aus Vorsicht daheim und haben lieber Schmerzen, anstatt sich einer Ansteckungsgefahr auszusetzen. Wir Physiotherapeuten werden viel mehr Arbeit haben, wenn die Krise vorüber ist.
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Ihr Hagener Kollege Steffen Barth hat neulich erklärt, wie wichtig Physiotherapeuten jetzt in der Corona-Krise seien. Mit Atemübungen, Klopf- und Streichtechniken könnte das oft tödlich endende Verschleimen der Lunge aufgehalten werden.
Prinzipiell hat er Recht. Aber in meinen Augen betrifft das eher das Stadium der Prävention, wo man noch daheim ist und durch gute Ausatemtechniken beispielsweise etwas bewirken kann. Im Akutstadium oder auf Intensivstationen kann auch dieser Teil der physiotherapeutischen Arbeit nur noch schwer helfen. Wenn das so gut helfen würde, gäbe es dafür längst Maschinen.
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Sie kämpfen im Zirkel „Vereinte Therapeuten“ schon lange an vorderster Front für bessere Vergütungen der physiotherapeutischen Arbeit in Deutschland. Inwiefern wirft Corona das Erreichte jetzt zurück?
Wir haben viel erreicht in den vergangenen Jahren auf Bundesebene. Mittlerweile erhält ein Physiotherapeut 21,11 Euro pro Verordnung. Klar, da rollt dann noch die Steuer und alles Weitere drüber, aber dieser Betrag ist in den vergangenen zwei Jahren zweimal angehoben worden. Derzeit braucht man nur mit niemandem zu verhandeln, weil niemand weiß, wie es weitergeht. Aber auch da zeigen sich in der Krise Hoffnungsschimmer. Die Soforthilfen des Bundes gelten auch für Betriebe wie meinen. Ich habe sie beantragt. Das ist vielleicht nicht die Welt, was da an Geld kommt, aber es ist ein solidarisches Zeichen. Das gibt Hoffnung.
Ganz realistisch: Was glauben Sie, wann es wieder normal weitergehen kann?
Ich setze auf den Juli. Aber das ist eine ganz persönliche Einschätzung. Die Situation, in der wir stecken, kennt kein Mensch. Ich kann uns nur in Hagen und darüber hinaus raten, zusammenzuhalten. Nichts wird mehr sein, wie es war. Aber das muss nichts Schlechtes heißen, vielleicht können wir auch positive Schlüsse ziehen, indem wir erkennen, dass nicht alles immer gewinnmaximierend vorangetrieben werden muss. Es wird anders sein, und wir werden dann darauf reagieren können.
Mit David Lopez sprach Mike Fiebig