Hagen-Hohenlimburg. Erneute Wende: Die Stadt Hagen will doch gegen ein Verwaltungsgerichtsurteil vorgehen. Der entscheidende Hinweis kam von einer Bürgerinitiative.
Eine erneute Wende in der Windkraftplanung: Nur eine Woche, nachdem die Stadtverwaltung den Ratspolitikern dringend empfohlen hatte, nicht gegen das Windrad-Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vorzugehen, rät sie nun das Gegenteil. Hagen soll vor das Oberverwaltungsgericht ziehen. In der Folge wird Hagen wohl doch nicht so schnell ein neues Windrad am Stoppelberg oberhalb des Nahmertales bekommen, von dem die Hohenlimburger betroffen sein würden. Und
in der Nähe des Freilichtmuseums werden die beantragten zwei neuen Windräder zunächst noch einmal in die Warteschleife gehen.
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Was ist in dieser Woche geschehen? Vor einer Woche hatte der neue Baudezernent eine Beschlussvorlage der Stadt für die politischen Gremien vorgestellt, die die bisherige Windkraft-Planung radikal geändert hätte. Hatte man bis dahin versucht, im Hagener Stadtgebiet die bei Betroffenen höchst umstrittenen Konzentrationszonen für Windkraft auszuweisen, so sollte die Planung jetzt komplett gestoppt werden. Stattdessen sollten künftige Anträge im Einzelfall entschieden werden – nach den Vorgaben des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BimSch).
Stadt wollte Windrad am Stoppelberg nach Urteil schon genehmigen
Der Grund für diesen Sinneswandel: Der Investor, der das Windrad am Stoppelberg (und auch in Rafflenbeul) bauen will, hatte die Stadt verklagt. Denn die wollte das Windrad nicht genehmigen, weil es nicht auf den Flächen stehen würde, die schon 2003 bei einer Flächennutzungsplan-Änderung als Windkraftflächen ausgewiesen worden waren. Der Investor siegte vor dem Gericht in Arnsberg. Denn die dortigen Richter erklärten die Flächennutzungsplan-Änderung aus 2003 für unwirksam: Bei der Veröffentlichung habe es Fehler gegeben.
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Diese Fehler, so die Einschätzung der Stadtverwaltung in der vergangenen Woche, sei auch nachträglich nicht heilbar. Daher mache es auch keinen Sinn, dagegen in weiteren Instanzen vorzugehen, da sich das Urteil auch auf einen Richterspruch des Oberverwaltungsgerichts Münster berufe. Die Folge: Das Windrad am Stoppelberg müsse die Stadt nun wohl genehmigen, zudem müsse die Flächennutzungsplanänderung mit den Windkraftzonen aus 2003 aufgehoben werden.
Und auch die Planung für weitere Windkraftzonen, die im Hagener Süden – teils an der Grenze zu Hohenlimburg – liegen und seit Jahren in Hagen heftig umstritten sind, müsse eingestellt werden. Denn die, so die Einschätzung der Stadt, würden bei weitem nicht so vielen Windkraftanlagen Platz bieten, wie die Gerichte forderten. Demnach müssen es deutlich mehr als zehn im Hagener Stadtgebiet sein, um nicht von einer verbotenen Verhinderungsplanung zu sprechen. Hagen könne das aber nicht bieten.
Hinweis von Initiative: Urteil noch gar nicht rechtskräftig
Doch nun ist es ein Hinweis aus der Hohenlimburger Windkraft-Protestbewegung „Gegenwind“, der diese Sicht wieder über den Haufen wirft. Denn: Der Anwalt der Initiative wusste, dass die Nachbarstadt Nachrodt-Wiblingwerde in einem ganz ähnlichen Fall wie der Causa „Stoppelberg“ Rechtsmittel eingelegt hatte. Begründung: Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster, auf das sich die Arnsberger Richter beziehen, ist noch gar nicht rechtskräftig. Das Bundesverwaltungsgericht hatte die Revision dagegen zugelassen.
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Und das, so Hagens Rechtsdezernent Thomas Huyeng, geschehe nur in zehn Prozent der Fälle: „Das ist noch keine Vorentscheidung, aber es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass das Urteil aus Münster nicht Bestand haben könnte.“ Und das könnte zur Folge haben, dass auch das Arnsberger Urteil gegen die Stadt Hagen in der nächsten Instanz wieder kassiert werden würde.
Windräder können jetzt nicht so schnell kommen
Trotz dieser Entwicklung sieht Baudezernent Hennig Keune keine grundsätzliche Wende: „Wir bleiben dabei, dass wir langfristig keine Vorrangzonen in Hagen ausweisen können, weil diese Flächen nicht genug Raum bieten.“ Vorerst gilt aber nun weiter die Flächennutzungsplanänderung aus dem Jahr 2003, Investoren werden also auf diese verwiesen.
„Wir stellen aber ohnehin einen ganz neuen Flächennutzungsplan auf“, so Keune. Wenn der verabschiedet wird, dann muss sich die Stadt wieder mit den Windkraftzonen auseinander setzen. „Und dann werden wir wieder zu dem Ergebnis kommen, dass wir nicht genug Flächen haben“, prophezeit Henning Keune. Und dann müsse – wie in der vergangenen Woche vorgeschlagen – doch im Einzelfall entschieden werden. „Wir haben aber Zeit gewonnen“, so Henning Keune.
Im Sinne der Windkraftgegner bedeutet das: Die Windräder wie etwa in Rafflenbeul und am Stoppelberg werden nicht so schnell kommen, aber auf lange Sicht lassen sie sich nicht verhindern. Es sei denn, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier setzt sich durch und es kommt tatsächlich ein 1000-Meter-Mindestabstand zu allen Wohnbebauungen. Doch noch ist unklar, wie diese bundesgesetzliche Regelung tatsächlich aussieht. „Die Situation ist derzeit an vielen Stellen noch unklar“, sagt Henning Keune. Wir heißen: Das Thema Windkraft wird noch länger die Gemüter bewegen.