Hagen. In Hagen könnten theoretisch überall in der Stadt Windkraftanlagen entstehen. Die Vorrangzonen-Planung soll beendet werden. Grund ist ein Urteil.
Seit vielen Jahren wird in Hagen heftig über so genannte Vorrangflächen für Windkraftanlagen gestritten. Sie sollen dafür sorgen, dass der Ausbau von Windrädern geordnet verläuft, dass Investoren auf eben jene Flächen verwiesen werden könne. Aber es gibt auch heftigen Gegenwind von denen, die nah an diesen Flächen wohnen.
Jetzt vollzieht die Stadtverwaltung eine radikale Kehrtwende: Sie schlägt vor, die bisherigen Vorrangflächen wieder aufzuheben und die Planung für weitere Konzentrationsflächen – die im Hagener Süden, teils an der Grenze zu Hohenlimburg liegen – zu stoppen. Der Grund für diesen überraschenden Schritt ist ein Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg.
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Urteil ermöglicht neue Windkraftanlage am Stoppelberg
Dieses wird Hagen in Kürze wohl seine elfte Windkraftanlage bescheren. Die wird am Stoppelberg auf dem Gebiete des Bezirks Eilpe/Dahl entstehen, zu sehen sein wird sie aber eher von Hohenlimburg aus, da sie oberhalb des Nahmertals entstehen wird.
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Wie konnte es dazu kommen? Der Investor hatte bereits im Jahr 2017 eine Genehmigung für das Windrad an der Stelle beantragt. Doch die Stadt hatte diese damals versagt, weil das Gebiet nicht zu den Vorrangzonen gehörte, die bereits im Jahr 2003 durch eine Änderung des Flächennutzungsplans festgestellt worden waren. Grundsätzlich darf eine Kommune dann auf solche Flächen verweisen. Der Investor wollte sich damit aber nicht abfinden und zog vor das Verwaltungsgericht Arnsberg.
Bisheriger Flächennutzungsplan hat „Ewigkeitsfehler“
Hier bekam er nun Recht. Denn, so die Richter: Bei der Bekanntmachung der Flächennutzungsplanänderung sei ein Formfehler unterlaufen, dieser lasse sich auch nicht mehr heilen – oder wie die Juristen so schön sagen: „ein Ewigkeitsfehler“. In der Folge sind die Vorrangflächen nicht rechtmäßig. Die Anlagen, die bisher dort existieren – insgesamt zehn im Stadtgebiet – haben allerdings Bestandsschutz.
Nun könnte die Stadt natürlich versuchen, neue Vorrangflächen ohne Formfehler auszuweisen. Aber der neue Technische Beigeordnete Henning Keune sieht dafür keine Chance in Folge der Hinweise der Arnsberg Richter, die wiederum auf Gerichte höherer Instanzen verweisen: „Es darf keine Alibi- oder Feigenblattplanung durchgeführt werden, mit der am Ende Windkraft eher verhindert als ermöglicht wird.“
Neue Planung wäre wohl nicht rechtmäßig
Als eine solche würden Gerichte aber die derzeit laufenden Planungen für den „Teilflächennutzungsplan Windenergie“ werten, ist sich die Stadtverwaltung sicher. Der Plan sieht die sechs Konzentrationszonen im Hagener Süden, teils an der Grenze zu Hohenlimburg vor. Von einer politischen Mehrheit wurde – auch wegen der Proteste von Betroffenen – immer wieder versucht, diese Flächen weiter zu reduzieren. Zuletzt auch durch eine spezielle Hagener Formel, mit der Mindestabstände zur Wohnbebauung festgelegt werden sollten.
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Die Verwaltung hatte schon da gewarnt, dass dies rechtlich nicht umsetzbar sei und sieht sich nun auch durch die richterlichen Hinweise bestätigt. Am Ende wären auf den verbliebenen 96 Hektar wohl 13 Windkraftanlagen möglich. Da in einer Zone (Bölling) schon zwei Anlagen stehen, könnten de facto also nur elf neue entstehen.
Langfristig zehn Anlage für ganz Hagen sind zu wenig
Die jetzt schon existierenden acht Anlagen außerhalb dieser sechs Zonen hätten zwar Bestandschutz, dürften aber nicht „repowered“, also aufgestockt und damit marktgerecht gemacht werden. Da diese also irgendwann vom Markt verschwinden würden, böte die Regelung langfristig in Hagen nur Platz für zehn Windkraftanlagen. Und das, so Beigeordneter Henning Keune, sei zu wenig. Damit, so hätten die Richter klar gesagt, werde der Windkraft in Hagen nicht substanzieller Raum gegeben.
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Wie geht es nun weiter? Wenn der Rat den Vorschlag der Verwaltung mitträgt und die bisherigen Planung aufhebt, dann kann sich jeder Investor mit seinem individuellen Standortwunsch an die Stadtverwaltung wenden. Geprüft wird dann, ob das Windrad nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BimSch) zulässig. Auch hier gibt es eine Reihe von Auflagen und Restriktionen zu Abständen, Artenschutz und Immissionen.
Baudezernent Henning Keune rechnet daher auch nicht damit, dass Hagen von Windkraft-Investoren überrollt wird. Und er blickt dabei auch auf seine bisherige Wirkungsstätte: Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg: „Da haben wir es auch nicht geschafft, Vorrangflächen auszuweisen – und das Gebiet ist mit 250 Quadratkilometern größer als Hagen. Gebaut worden ist dort bislang keine einzige Anlage.“