Hagen. . Der Raser-Prozess in Hagen läuft auf die Zielgerade zu. Doch die vorgelegten Gutachten lassen noch viele Fragen offen.

Der Raser-Prozess läuft auf die Zielgerade zu: Vorsitzende Richterin Dr. Bettina Wendlandt schloss gestern um 15.06 Uhr die Beweisaufnahme.

Illegales Rennen auf Feithstraße nachgestellt

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    Zuvor waren noch stundenlang nahezu alle theoretischen Varianten eines womöglichen Unfallgeschehens durchgespielt und durchdiskutiert worden. Michael Lerch (47), vereidigter Sachverständiger für Straßenverkehrsunfälle bei der Dekra, kam fleißig allen gewünschten Berechnungen nach.

    Bis zu 120 Stundenkilometer

    Die gutachterlichen Feststellungen blieben letztlich trotzdem vage: Die beiden Raserautos, der schwarze Audi und der rote Skoda, könnten am Unfallabend mit Geschwindigkeiten zwischen mindestens 80 bis zu 110, höchstens 120 Stundenkilometern über die Feithstraße gerauscht sein – erlaubt sind an dieser Stelle 50 km/h.

    Diese Urteile fielen bisher in Raser-Prozessen

    >>> HINTERGRUND: ILLEGALE AUTORENNEN

    • 2001 stirbt bei einem Raserunfall in Köln der Sohn des damaligen Oberbürgermeisters. Zwei Männer bekommen zwei Jahre Haft auf Bewährung.
    • 2008 verurteilt das Landgericht Konstanz zwei Raser zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung. Der Bundesgerichtshof widerspricht der Bewährung.
    • 2012 kommen bei Freiburg eine unbeteiligte 27-Jährige und einer der beiden Raser ums Leben. Der andere erhält zweieinhalb Jahre Haft.
    • 2015 stirbt in Köln eine Radfahrerin (19). Die beiden Raser erhalten zwei Jahre auf Bewährung.
    • Im Juni 2017 starten drei Raser auf der Rathenaustraße in Mönchengladbach ein Rennen. Nur wenige Hundert Meter nach dem Start erfasst einer auf der Gegenfahrbahn einen Fußgänger: Der Mann wird 36 Meterweit durch die Luft gewirbelt wird und sofort stirbt. Die Staatsanwaltschaft will das Vergehen als Mord einstufen.

    Ein Blick auf den Angeklagten (34), der an allen vier Verhandlungstagen über seine mögliche Tatbeteiligung eisern geschwiegen hat und dem, aus taktischen Gründen, keine einzige Silbe einer Entschuldigung gegenüber den schwer verletzten Unfallopfern über die Lippen kam.

    Als Zeuge getarnt

    Dafür hatte sich sein Verteidiger Dominic Marraffa zum Prozessbeginn vor laufender Kamera geäußert: „Meinen Mandanten belastet das alles sehr, er hat sofort im Rahmen seiner Möglichkeiten Erste Hilfe vor Ort geleistet.“ Tatsächlich war er nach dem Horror-Crash mit dem unbeschädigten Audi zunächst weggefahren, hatte sich dann als Fußgänger an die Unfallstelle zurückbegeben, und sich als angeblich „unbeteiligter Zeuge“ der Polizei zur Verfügung gestellt.

    Den Beamten log er vor, der Audi sei vorschriftsmäßig schnell gewesen (was nicht stimmte) und unterschlug dreist, dass er selbst dieser Audifahrer war. Auch mischte er sich immer wieder so aktiv in die Ermittlungen am Unfallort ein, dass ihm schließlich sogar ein Platzverbot erteilt wurde. Erst später kam ­heraus, dass er ein Tatbeteiligter war.

    Er könnte deshalb neben Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung auf wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt werden.

    Großer Andrang erwartet

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    Kommenden Montag ab 9 Uhr ­sollen Staatsanwalt Michael Burggräf, die fünf Verteidiger und der Vertreter der Nebenklage plädieren. Die Kammer muss beraten und will noch am selben Tag die Urteile verkünden. Dazu wird, wie bereits zum Prozessbeginn, ein großer Andrang an Zuschauern und Medien erwartet.