Hagen. . Die Operette „Ball im Savoy“ wird am Samstagabend, 29. November, erstmals im Hagener Theater aufgeführt. Bei der Premiere verwandelt sich die Bühne in den Tanzsaal des Hotels Savoy in Nizza, wo die abgedrehte Liebes- und Eifersuchtsgeschichte um ein frisch vermähltes Paar ihren Lauf nimmt.

In den musikalisch so schöpferischen zwanziger Jahren bildete die Operette eine blühende Unterhaltungsindustrie, die Superstars produzierte wie heutzutage die Rock- und Popbranche. Zu den kreativsten Köpfen des Genres gehörte der ungarische Komponist Paul Abraham (1892 bis 1960), der mit seinen Werken ab 1930 in ganz Europa sensationelle Erfolge feierte.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten musste der in Berlin lebende Jude Abraham die deutsche Hauptstadt verlassen und ins Exil gehen, und analog mit seinem tragischen Schicksal (er konnte nie wieder an seine früheren Triumphe anknüpfen und starb geistig umnachtet) begann der Niedergang der Operette zum seichten, verkitschten Musiktheater.

Triumphales Comeback

Jetzt endlich feiern beide, Komponist und Kunstform, fröhliche Urständ. Nachdem die Berliner Komische Oper dem „Ball im Savoy“, der wohl schillerndsten Jazz-Operette der Weimarer Republik, 2013 nach 80 Jahren ein triumphales Comeback bereitet hat, erleben Abrahams Werke eine Renaissance an deutschen Bühnen.

Auch das Hagener Theater verwandelt sich in den Tanzsaal des Hotels Savoy in Nizza, wo die abgedrehte Liebes- und Eifersuchtsgeschichte um ein frisch vermähltes Paar ihren Lauf nimmt. „Man darf den Inhalt des Stückes nicht zu ernst nehmen, die Texte leben von ihrer Chuzpe und Ironie“, betont Regisseur Roland Hüve, der erstmals in Hagen inszeniert.

Brillante Musik

Um der brillanten Musik, in der sich Jazzelemente, Zigeunerweisen, Schlagerhaftes und Herzerweichendes mischen, Genüge zu tun, will Hüve bewusst darauf verzichten, die Aufführung bedeutungsschwanger zu überfrachten. Es gehe ihm nicht darum, diese mitreißende Geschichte realistisch zu verorten: „Das ist kein Stoff, um mein Regieprofil zu schärfen.“ Stattdessen soll das Hagener Publikum eine elegante und doch edle und doch puffige Darbietung mit viel Talmi, Glanz, Samt und ein bisschen Hautgout, mit Pailletten, Opium und rotem Licht erleben.

Chaotischer Impuls

Dennoch ist die Vorstellung nicht als seichtes Unterhaltungs-Tingeltangel angelegt. Viele Operetten besaßen ja, bevor sie unter den Nazis verboten bzw. in der Nachkriegszeit verbiedert wurden, einen anarchischen, frivolen, geradezu chaotischen Impuls. Der „Ball im Savoy“ ist ein Paradebeispiel für die Libertinage und sexuelle Befreiung im Berlin der Roaring Twenties, und dieser zeitgenössische Aspekt soll in der Hagener Aufführung des Jahres 2014 rüberkommen: „Die Unordnung der Handlung hat etwas ungemein Lustvolles, die Figuren stürzen sich ohne Vorsicht in ihre Abenteuer“, beschreibt Dramaturgin Dorothee Hannappel das Geschehen.

Premiere am kommenden Samstag

Die musikalische Leitung hat David Marlow, für die Inszenierung ist Roland Hüve verantwortlich. Bühnenbild & Kostüme: Siegfried E. Mayer; Licht: Ulrich Schneider, Choreographie: Andrea Danae Kingston, Chorleitung: Wolfgang Müller-Salow, Dramaturgie: Dorothee Hannappel.

Es singen Marilyn Bennett, Kristine Larissa Funkhauser, Veronika Haller, Richard van Gemert, Bernhard Hirtreiter, Johannes Rosenzweig, Johannes Wollrab.

Premiere am Samstag, 29. November, um 19.30 Uhr.

Karten unter 207-3218 oder im Leserladen an der Hohenzollernstraße.

Diese Lebenslust vertont vor allem das berühmte „Toujours l’amour“, in dem, eingehüllt in eine Liebesmelodie, die Untreue zum Lebensprinzip erhoben wird. Gitta Alpar machte das Lied zum Welthit. Die jüdische Diva, die übrigens auch in der Uraufführung der Operette mitwirkte, ereilte das gleiche Schicksal wie Paul Abraham. Sie musste aus Deutschland fliehen und fand nie mehr zu ihrem einstigen Ruhm zurück.

Fortan lebte sie in der Vergangenheit – einer Vergangenheit, die das Hagener Theater wieder aufleben lässt.