Hagen. .
Die Reihe „Konzert im Dialog“ in der Kirche Am Widey wurde am Samstagnachmittag mit einem Kammerkonzert für Violoncello und Orgel fortgesetzt. Organist Roland Voit klärte die zahlreiche wissbegierige Zuhörerschaft nicht nur über die Besonderheiten der Programmpunkte, sondern auch über die Bauweise des Barock-Cellos auf.
Hauptunterschiede waren hier wohl das fehlende Vibrato, das leichte Vibrieren zur Belebung der Töne, unverzichtbar im modernen Streich-Orchester, und die tiefere Stimmung.
Jan-Hendrik Esser ist Student an der Staatlichen Berufsfachschule Musikinstrumentenbau in Mittenwald. Er demonstrierte mit der Solosuite G-Dur BWV 1007 von Bach beeindruckend, dass mit andersartig bezogenem Bogen auf Darmsaiten ohne Metall-Umspinnung durch eine unmittelbare Beeinflussung der Tongebung ein ausdrucksvolles Spielen möglich ist.
Lange Töne führen Eigenleben
Jeder Akzent saß, lange Töne klangen nicht statisch, sondern führten ein musikantisches Eigenleben. Doppelgriffe, sauber artikulierte Non-Stop-Motive, eine gefühlvoll ausgesungene langsame Sarabande und die ausgelassene Gigue zum Schluss der Tanz-Sätze stellten ihn als souveränen Virtuosen vor.
Das Verhältnis von Streichern und Orgel war zur Zeit Bachs und seiner Söhne durch die übermäßig hohe Stimmung der Orgeln (bis zu 490 Hertz in Norddeutschland) auch getrübt. Man behalf sich beim Zusammenspielen mit einem Register, das zu den tiefer gestimmten Streichern passte, also aus einem F ein E machte, wenn es sein musste: Das Publikum staunte.
Ausgewogenes Verhältnis
Die Gambensonate D-Dur BWV 1028 von Bach profitierte von einem klanglich ausgewogenen Verhältnis zwischen den Musikern. Ein geschickter Schachzug des Moderatoren gestaltete das Programm abwechslungsreicher, indem die Sätze eines Werkes nicht komplett nacheinander, sondern geteilt aufgeführt wurden.
Dem kantablen Adagio folgte ein virtuoses Allegro. Das Andante, diesmal ein Moll-Satz, wurde an den Schluss des Konzerts gestellt. Eine Überraschung war auch das Orgelkonzert Nr. 2 g-Moll der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth (1709-1758), einer Schwester Friedrichs des Großen. Beschränkte sich die weibliche Kreativität damals nicht auf das Kinderkriegen? Diese Dame jedenfalls hatte ein originelles Werk in die Welt gesetzt, im barocken Stil mit gleichberechtigter Stimmenverflechtung im 1. und 3. Satz (superschnell und mit kecken Sprüngen genau das Richtige für die überragende Technik des Organisten) und einem liedhaften Thema zu untergeordneter Begleitung in vorklassischer Manier im langsamen Cantabile.
Der Schübler-Choral „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ BWV 602 von Bach mit einer trillerverzierten Umspielung der Melodie interpretierte entsprechend den euphorischen Text, von Philipp Nicolai während einer Pest-Epidemie in Unna gedichtet.
Vielfältiges Angebot
Durch die Musik erfrischt und mit aufgestockter Bildung stärkte sich das begeisterte Publikum schließlich an dem vielfältigen Angebot leiblicher Genüsse der Kirchengemeinde.