Ennepetal. . Ein 23-Jähriger, der im Juli 2013 seine Ex-Freundin in Ennepetal auf offener Straße niedergeschossen hatte, ist am Mittwoch vom Hagener Schwurgericht wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das 19 Jahre alte Opfer war einige Wochen nach der Tat seinen schweren Verletzungen erlegen.

Max T. muss lebenslang hinter Gitter. So lautet das Urteil, das das Hagener Schwurgericht gestern Nachmittag gegen den 23-Jährigen Ennepetaler verhängt hat. Nach der Verhandlung spielten sich turbulente Szenen vor dem Gerichtssaal ab: Die Mutter des wegen Mordes verurteilten Mannes war nach der Verhandlung zusammengebrochen. Notarzt und Rettungswagen eilten herbei und versorgten die Frau medizinisch.

Sitzungssaal rappelvoll

Der Sitzungssaal platzte bereits am Morgen aus allen Nähten. Die Sicherheitsbeamten fungierten als Platzanweiser. Gleich sechs von ihnen waren im Saal, als die Richterin ihr Urteil verlas. Es bestand Grund zur Annahme, dass einige der Prozessgäste, das Urteil nicht akzeptieren würden, ohne für Tumulte zu sorgen. Zum Glück blieb alles ruhig zum Ende eines aufreibenden Verfahrens.

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Verteidiger Lutz Mollenkott hatte am Vormittag plädiert und forderte eine „schuldangemessene Strafe wegen Körperverletzung mit Todesfolge“. Er beurteilte den Schuss ins Gesicht der 19-jährigen Hagenerin als Affekthandlung. Sein Mandant habe die Waffe dabei gehabt, weil er einen Bekannten von Jacqueline A. später am Tage zur Rede stellen wollte, warum dieser in der Beziehung mehrfach intervenierte. Weil bei diesem Bekannten stets zahlreich zwielichtige Typen seien, habe er sich schützen wollen. Nachdem Jacqueline A. ihn dann barsch abgewiesen habe, hätte Max T. „spontan und ohne zu überlegen gehandelt. Er hat den Schuss reflexartig aus der Bewegung abgegeben.“

Mischung aus Angst und Zuneigung

Ebenso sah Mollenkott keine Mordmerkmale gegeben, führte den Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ an. Er belegte seine Ausführungen mit diversen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, bevor Max T. sich selbst zum letzten Wort erhob.

Max T. entschuldigte sich mit seinem letzten Wort bei seiner Familie und der des Opfers.
Max T. entschuldigte sich mit seinem letzten Wort bei seiner Familie und der des Opfers. © Alex Talash

„Ich weiß, dass meine Tat in keinster Weise zu entschuldigen ist. Was hier im Prozess über mich gesagt wurde, habe ich in dieser Form selbst nicht gesehen. Ich möchte mich für all das Leid, für all den Schmerz, den ich meiner und ihrer Familie zugefügt habe, entschuldigen“, sagte er, bevor er sich mit leerem Blick wieder setzte.

Weder diese Entschuldigung noch die Argumentation des Anwalts brachten dem Ennepetaler allerdings Pluspunkte bei den Richtern und Schöffen ein. Sie folgten dem Antrag von Staatsanwalt Bernd Haldorn, der bereits in der vergangenen Woche plädiert hatte.

Katz-und-Maus-Spiel

Die Vorsitzende Richterin Heike Hartmann-Garschagen zeichnete das Bild der Beziehung zwischen Max T. und seinem späteren Opfer nach, das die Verhandlung aus Sicht des Gerichts ergeben hat. Ein Wendepunkt sei der 13. Juli gewesen. „Jacqueline A. ließ sich aus einer Mischung von Angst und Zuneigung immer wieder auf ihn ein“, sagte die Richterin. Doch nach besagtem Tage, als Max T. sie mit der Ankündigung einer Überraschung in die Wohnung seiner Eltern lockte, sie schlug und in seinem Zimmer gefangen hielt, habe sie sich endgültig von ihm abgekehrt. Jacquelines Vater und der vom Verteidiger angeführte Bekannte hatten die 19-Jährige an diesem Tage aus dem Hause T. geholt.

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Danach habe ein Katz-und-Maus-Spiel stattgefunden. Entschuldigung, Geschlechtsverkehr, Trennung, Streit wechselten sich ab. Klar sei gewesen, dass Jacqueline A. sich nun ernsthaft von Max T. habe abwenden wollen. Auch am Tattag habe ihr Mörder das Treffen gefordert, sei sehr wütend gewesen, dass er von ihr Ablehnung erfuhr – gleichzeitig habe er sich das Recht rausgenommen, sich für sie unerreichbar zu machen.

Revision angekündigt - Bundesgerichtshof muss entscheiden

Der Nachrichtenverlauf des Handys macht nach Auffassung des Gerichts deutlich, dass er den Vorsatz hatte, Jacqueline A. zu töten, bevor er das Haus verließ. „Als er merkte, dass sie ihm das Gehorsam verweigerte, wollte er sie endgültig auslöschen, um seine eigene narzisstische Herrschsucht durchzusetzen“, sagte die Richterin. Während sie ihre Ausführungen machte, war es mucksmäuschenstill im Gerichtssaal – nur das leise Schluchzen sowohl der Angehörigen des Opfers als auch des Täters waren zu vernehmen. So endete nach zehn Prozesstagen eine Verhandlung ,in der es nur Verlierer gab.

Zumindest markierte die Urteilsverkündung einen vorläufigen Schlusspunkt, denn unmittelbar nach der Verhandlung kündigte Verteidiger Lutz Mollenkott Revision an. Eine Woche bleibt ihm, diese einzulegen, dann muss der Bundesgerichtshof in Karlsruhe über das Urteil befinden.