Ennepetal. Schlägereien, Müll, Sachbeschädigung: Die Innenstadt von Ennepetal ist zur Problemzone geworden. Verwaltung und Politik wollen nun gegensteuern.

„Perspektive für Milspe“: So hat die Ennepetaler Stadtverwaltung ein umfassendes Aktionsprogramm überschrieben, mit dem den vielfältigen Problemen, die in den vergangenen Wochen und Monaten aufgetreten sind, aktiv begegnet werden soll.

Handgreifliche Auseinandersetzungen, Sachbeschädigung, Ruhestörung und Vermüllung haben dafür gesorgt, dass Anwohner, Händler und Besucher sich in der Innenstadt zumindest zeitweise nicht mehr wohl fühlen. Sogar vom „Angstraum“ war die Rede. Eine Vielzahl von Maßnahmen soll für Verbesserungen sorgen. Erstes sichtbares Zeichen: Seit Montag patrouilliert ein Sicherheitsdienst im Bereich Marktplatz, Fußgängerzone, Süd- und Gasstraße, City-Parkhaus und Haus Ennepetal bis zum Kluterthöhlen-Eingang.

„Wir alle haben gehört und gemerkt, wie sich die Situation in Milspe entwickelt hat“, meint Bürgermeisterin Imke Heymann. „Wir wissen, dass wir eine schnelle Reaktion brauchen, und können nicht warten, bis die Polizei oder der Kreis eingreift.“ Heymann betonte, dass die Politik sehr schnell reagiert habe, mit einem gemeinsamen Antrag, den Ordnungsdienst zu verstärken. „Das war ein gutes Zeichen, dass der Zusammenhalt da ist.“

Nach Rücksprache mit allen sechs Ratsfraktionen hätten diese jeweils einen Vertreter in eine kleine Arbeitsgruppe entsandt, um verschiedene Maßnahmen zu erarbeiten. „Es geht dabei ja auch um Gelder, die kurzfristig freigegeben werden müssen“, so die Bürgermeisterin. Entscheidend sei, dass die Bürger merken: ,Das ist meine Innenstadt, dort kann ich hingehen.’“

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Inzwischen tagte die Runde mit der Politik zweimal, zudem setzten sich innerhalb der Verwaltung die Leitungskräfte der tangierten Fachbereiche, Ruza Zrakic und Stefanie Zoller, sowie die Bürgermeisterin, ihre Referentin Nina Däumig und der Erste Beigeordnete Dieter Kaltenbach zusammen, um einen Maßnahmenkatalog auszuarbeiten. Unter anderem diese Handlungsfelder sind enthalten:

Sicherheitsdienst

Nach dem Antrag der Ratsfraktionen auf Verstärkung des Ordnungsdienstes um zwei Kräfte seien die Stellen inzwischen ausgeschrieben, so Nina Däumig. Die Bewerbungsfrist laufe bis zum 12. November. Als Sofortmaßnahme hat die Stadt den Sicherheitsdienst „Staats & Niggemann Security“ verpflichtet. Seit Montag (16. Oktober) und zunächst bis Ende des Jahres werden Zweierteams in Milspe unterwegs sein. Die Kräfte sollen für mehr Sicherheit sorgen und außerdem Rückmeldung an die Verwaltung geben. Schon in den ersten Tagen hätten sie von Randalierern, Schlägen vor Fensterscheiben, bedrohlichem Auftreten einer Gruppe, urinierenden Personen im Parkhaus und Vermüllung berichtet, so Stefanie Zoller, designierte Leiterin des Fachbereichs Ordnung, Bürgerdienste und Bildung. Nicht zuletzt haben die Händler für alle Fälle die Rufnummern der Sicherheitsleute. Natürlich kontrolliert der städtische Ordnungsdienst ebenfalls in Milspe, dieser ist aber wie gewohnt auch in den anderen Ortsteilen im Einsatz. Die sollten natürlich nicht vernachlässigt werden, betont Imke Heymann.

Streetwork

„Wir haben den Wunsch, die aufsuchende Jugendarbeit auszubauen, mit dem Fokus auf Milspe“, erklärt Ruza Zrakic, die den Fachbereich Jugend und Soziales leitet. Ein wichtiges Thema seien dabei entsprechende Sprachkenntnisse. Vielfach handle es sich um junge Leute aus osteuropäischen EU-Staaten, die für Probleme sorgen würden. Ein neuer Streetworker habe bereits am 1. August seine Tätigkeit aufgenommen und man werde hoffentlich in Kürze noch eine erfahrene Fachkraft hinzugewinnen, so Zrakic. „Unser primäres Ziel ist die Integration in die Schule“, erklärt sie. Viele Jugendliche treffe man morgens in der Innenstadt an. Man müsse auch die Eltern hinzuziehen und sie über die Konsequenzen informieren, die die Missachtung der Schulpflicht nach sich ziehe. Nicht zuletzt sollten die Kinder und Jugendlichen in die bestehenden Strukturen mit dem Kinder- und Jugendtreff integriert werden.

Kümmerer

„Wir suchen außerdem einen Kümmerer für Milspe“, erklärt Nina Däumig. Der- oder diejenige solle sich direkt mit den Bedürfnissen der Menschen vor Ort beschäftigen. Wie genau diese Stelle ausgestaltet werden könne, werde derzeit noch innerhalb der Verwaltung ausgearbeitet. Darüber hinaus wolle man den Dialog mit der Händlergemeinschaft verstärken, mit „My City“ als federführendem Verein. Grundsätzlich gehe es auch darum, die Kommunikation auszubauen und die Bürger möglichst gut zu informieren.

Beleuchtung/Grünschnitt

Die Durchgänge in Richtung Gasstraße sollen besser beleuchtet werden, durch Auswechseln von Leuchten oder gegebenenfalls durch zusätzliche Laternen. In einigen Bereichen wie der „Himmelsleiter“, der Treppe zur Kirchstraße hin, solle auch möglichst das Grün zurückgeschnitten werden. Dazu müssten stellenweise Privateigentümer mit ins Boot geholt werden.

Hauseigentümer

Man werde das Gespräch mit den Hauseigentümern in der Innenstadt suchen und auf Probleme aufmerksam machen, kündigt Imke Heymann an. Sofern es erforderlich sei, habe man auch ein ganzes Portfolio an Möglichkeiten, auf die Einhaltung von Regeln und Vorschriften zu drängen, von der Bauordnung über das Jugendamt bis hin zum Ordnungsamt. Nicht zuletzt die Fassadengestaltung spielt eine Rolle. Die Stadt selbst will in der Innenstadt das Wandbild eines Künstlers aus Vilvoorde, dass die Partnerstadt zum Jubiläum der Städtefreundschaft als Gastgeschenk in Aussicht gestellt hat, erstellen lassen.

Veranstaltungen

„Wie kann man Menschen aus den anderen Stadtteilen zu Veranstaltungen in die Innenstadt bekommen?“, fragt Nina Däumig. Damit werde man sich beschäftigen, nicht zuletzt biete das 2024 anstehende 75-jährige Jubiläum der Stadt Ennepetal in der Hinsicht Möglichkeiten. Zudem wäre angesichts der großen Vereinslandschaft in Ennepetal denkbar, dass sich Vereine an dem einen oder anderen Wochenende in Milspe präsentieren und Aktionen starten.

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„Es ist klar, um was es für alle demokratischen Parteien geht“, betont Heymann. Sie hofft, dass der „große Rundumschlag“ aus kurz- und mittelfristigen Maßnahmen Ergebnisse bringe. Wichtig sei dabei aber, dass die Situation bei aller Konsequenz nicht in die andere Richtung kippe, meint die Bürgermeisterin. Ruza Zrakic ergänzt: „Es geht um Integration, nicht um Vertreibung.“