Ennepetal. Das Gerüst macht sichtbar: Der Bahnhof Ennepetal wird endlich saniert. 3,2 Millionen Euro sind eingeplant. Wer dort einzieht, ist aber ungeklärt.
Seit wenigen Tagen zeugt ein Gerüst an der Vorderfront des Bahnhofs Ennepetal davon, dass die Sanierung und der Umbau des Baudenkmals vorangehen. In den kommenden Monaten soll das historisch bedeutende Gebäude, das im Eigentum der Stadt steht, so überarbeitet werden, dass es wieder nutzbar ist. Offen ist weiterhin, wer dort einmal einziehen wird. Insgesamt sind für die Maßnahme 3,2 Millionen Euro veranschlagt.
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Auch wenn es nach außen hin kaum sichtbar war, hat sich zuletzt einiges getan hinter den Wänden des Bahnhofgebäudes, das im März 1849 in Milspe eröffnet wurde. „Wir haben zwischenzeitlich schon Meilensteine erreicht. Die Aufräum-, Ausräum- und Freilegungsarbeiten sind erledigt“, betonte Marco Heimhardt, Leiter des Fachbereichs Planen, Bauen und Umwelt, in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses. Dort berichtete der beauftragte Architekt Thomas Ritter, der in Bochum ein Architektur- und Planungsbüro betreibt, über den aktuellen Sachstand.
Zunächst blickte Ritter, ein Spezialist für Denkmalsanierungen, einige Jahre zurück. 2018 habe es ein erstes Gutachten zum Zustand des Gebäudes gegeben, das von Hausschwamm und Schimmelpilz befallen war. Im Jahr darauf sei der Gutachter mit der Frage auf ihn zugekommen, ob er die Sanierung übernehmen wolle. „Er hat mir Fotos gezeigt“, so Ritter. „Ich habe dann erstmal abgelehnt und gesagt, dass ich schon Kummer genug habe.“ Im Jahr 2022 habe er nach erneuter Anfrage schließlich doch zugesagt, „weil es einfach ein interessantes Objekt ist.“ Er habe den Vorschlag gemacht, das Gebäude erst einmal freizulegen. Die erst später seitlich angebauten Teile wie die ehemalige Gepäckabfertigung wurden zurückgebaut, ebenso das Stellwärterhäuschen an der Bahnsteigseite. „Das war bautechnisch nicht mehr zu halten“, so Ritter.
Hausschwamm bekämpft
„Wir sind einmal durch das Gebäude gegangen und haben das Fachwerk freigelegt“, berichtete der Architekt. Es fand eine umfassende Hausschwammsanierung statt. „Das ist der gefährlichste Hauspilz, den man bekommen kann“, betonte er. Unter anderem hätten die Pilzstränge die Holzböden durchwachsen. Darüber hinaus sei man auf Brandschäden gestoßen. „Im Bahnhof hat es mehrfach gebrannt“, so Ritter. Große Mengen von Styropor und anderen Dämmmaterialien habe man entsorgt, ebenso schadstoffbelastete Teile.
Im Zuge der Arbeiten im Innern habe man aber auch überraschenderweise historisch interessante Elemente entdeckt. Dazu gehört eine alte gusseiserne Stahlstütze, die mitten im ehemaligen großen Wartesaal steht und beim Entfernen von eingezogenen Zwischenwänden auftauchte. „Die Stütze werden wir erhalten“, erklärte Thomas Ritter.
Nachdem die Grundstrukturen freigelegt sind, geht es nun Schritt für Schritt an die Restaurierung und denkmalgerechte Neugestaltung des Gebäudes. Im Erdgeschoss soll es neben Toilettenanlagen künftig zwei Säle für Ausstellungen und Veranstaltungen mit 65 beziehungsweise 85 Quadratmetern Grundfläche geben, dazu einen weiteren, 34 Quadratmeter großen Raum. Über eine Rampenanlage soll der Bahnhof für Rollstuhlfahrer erreichbar sein, innen ist ein Aufzug vorgesehen. Der große Saal, in dessen Mitte sich die alte Säule befindet, entspricht dem historischen Wartesaal des Bahnhofs und soll der zentrale Raum des Gebäudes sein.
Seit 2009 Eigentum der Stadt
Die Stadt hatte den schon damals sanierungsbedürftigen Bahnhof nach einstimmigem Ratsbeschluss 2009 von einem Privateigentümer (der ihn zuvor von der Bahn gekauft hatte) erworben. Ein eigens gegründeter Förderverein Denkmal Bahnhof Ennepetal sollte die Sanierung fördern und Voraussetzungen für eine nachhaltige Nutzung schaffen. Zur Umsetzung kam das Vorhaben nie, vor allem weil Fördermittel nicht wie erwartet flossen.
Einige Veranstaltungen fanden im Gebäude statt, auch eine Gaststätte wurde darin zeitweise betrieben, doch dann gammelte das Baudenkmal Jahre lang vor sich hin. Es kam sogar zum Streit zwischen Förderverein und Stadt, der der Vereinsvorstand Untätigkeit vorwarf.
2017/2018 wurde ein umfassendes Gutachten erstellt, in dem erheblicher Hausschwamm- und Schimmelbefall dargestellt wurde. Auf Basis dieser Erkenntnisse erarbeitete die Stadt schließlich das Sanierungskonzept.
Übrigens: Als Hauptschwierigkeit bei den Sanierungsarbeiten nannte Architekt Thomas Ritter die Abstimmung mit der Deutschen Bahn. Dafür gebe es kein einheitliches Verfahren, man müsse ein eigenes Büro dafür beauftragen. Für den Gerüstaufbau auf der den Gleisen zugewandten Seite habe man nur wenige Stunden in der Nacht, außerdem benötige man dafür eine Bauaufsicht.
Für das erste Obergeschoss, in dem dem das Fachwerk laut Thomas Ritter vergleichsweise gut erhalten ist, ist ein größerer Seminarraum (43 Quadratmeter) geplant. Dazu sollen vier Büro- oder Gruppenräume mit 15 bis 21 Quadratmetern Grundfläche, eine Teeküche und ein Abstell-/Lagerraum geschaffen werden. Für das Dachgeschoss ist keine Aufenthaltsnutzung vorgesehen.
Jörgen Steinbrink (SPD) fragte nach, ob es hinsichtlich möglicher Nutzungen Neuigkeiten gebe. Es sei noch nichts spruchreif, so Marco Heimhardt. Architekt Ritter ergänzte, dass die Flächen multifunktional gestaltet würden. Der Antrag auf Fördermittel für das Denkmal beinhaltete, dass das Erdgeschoss als Begegnungsstätte und für ein Heimatmuseum genutzt wird und im ersten Obergeschoss Seminarräume angesiedelt werden. Denkbar seien auch ein Kiosk, ein E-Bike-Verleih oder einen „Info-Point Tourismus“. Vonseiten der Verwaltung wird insbesondere der Einzug einer Taxizentrale favorisiert, nicht zuletzt, um das Gebäude rund um die Uhr belebt zu haben – was im Hinblick auf das Thema Vandalismus vorteilhaft wäre.
Die Außenhülle soll im Zuge der Sanierung auch energetisch ertüchtigt werden, dafür bestehe ein Anspruch auf Förderung, sagte der Architekt. Und die Zimmererarbeiten seinen inzwischen vergeben. Auf die Frage von Frank Wittig (CDU), ob man sich noch im Rahmen des Budgets bewege, erklärte Marco Heimhardt, dass negative Überraschungen schon mit eingepreist gewesen seien. Und Thomas Ritter sagte, dass man vom schlimmsten ausgegangen sei, nämlich jedes Bauteil anfassen zu müssen. Es habe sich aber als Vorteil erwiesen, dass es das Gutachten von 2018 gegeben und man das Gebäude ganz frei gelegt habe. Auch wenn man nun noch ein paar Prozente aufschlagen müsse, bleibe man im Budget.
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