Gevelsberg. Biologische Station sorgt sich um die Fledermauspopulation, Straßen NRW rechnet mit einem Mehraufwand und Gevelsberg hofft weiter auf Radweg.

Ganz entspannt über die ehemalige Elbschetalbahn-Trasse radeln, entlang schöner Landschaften, frei von Autoverkehr und ohne große Steigungen. Das ist die Idee, die hinter dem Lückenschluss zum Ruhrtalradweg steht, dem Radweg, der Wetter und Gevelsberg verbinden wird. Auch die Durchfahrt durch den Silscheder Tunnel ist geplant. Doch ein Fledermausbericht der Biologischen Station könnte das Aus für eine mögliche Durchfahrt durch das Bauwerk bedeuten. Gevelsbergs Bürgermeister Claus Jacobi kündigte an, alle Hebel in Bewegung zu setzen und alles zu machen, was möglich ist, damit der Silscheder Tunnel Teil des geplanten Radwegs bleibt. Er sagt: „Da werden Artenschutzaspekte gegen den Klimaschutz ausgespielt.“ Er appelliert an alle Beteiligten, eine Lösung zu finden, die alle Interessen berücksichtigt.

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Aus Sicht der Biologischen Station steht fest, dass sich im Tunnel nicht nur sehr viele Fledermäuse tummeln, sondern auch viele verschiedene Arten. Sie kommt in ihrem Bericht zum Schluss; „Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse lässt sich der Tunnel Silschede als das wichtigste bekannte Fledermausquartier, nicht nur vom Typ „stillgelegter Eisenbahntunnel“, im Süderbergland bezeichnen.“ Vorausgegangen war eine Erfassung der Fledermausfauna im Tunnel.

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Von Carmen Thomaschewski

Weiter heißt es: „Bedenkt man nun, dass fast alle im Raum liegenden stillgelegten Eisenbahntunnel in das Radwegenetz eingebunden sind bzw. in naher Zukunft eingebunden werden sollen, ist es sehr wahrscheinlich, dass der komplette Verlust dieses Quartiertyps einen sehr starken negativen Einfluss auf die lokalen Fledermauspopulationen haben wird.“

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Auch der Landesbetrieb Straßen NRW, der den Radweg baut, steht dem Vorhaben eher kritisch gegenüber. „Der Tunnel ist in einer deutlich schlechteren Verfassung als gedacht“, erklärt Straßen-NRW-Sprecher Andreas Berg. Das habe eine Voruntersuchung ergeben. Man müsse nun konkret draufschauen, was alles zu tun ist, dafür seien Erkundungsbohrungen notwendig. Wie umfassend diese sind, das werde bis Ende des Jahres in einem Bericht erläutert. Dann müsse die Naturschutzbehörde entscheiden, ob diese Arbeiten überhaupt aus Artenschutzgründen erlaubt werden. Und wenn keine Voruntersuchungen erlaubt würden, dann werde auch keiner Sanierung zugestimmt, erklärt Andreas Berg. Damit wäre der Radweg durch den Silscheder Tunnel vom Tisch.

Der Bericht der Biologischen Station und die Erläuterungen des Landesbetriebs hinterlassen bei der Stadt Gevelsberg eine düstere Vorahnung. Stadtplaner Björn Remer, der bei dem Naturschutzbeirat dabei war, als der Tunnel vor wenigen Tagen Thema war, hat den Eindruck, dass das Projekt kaputt geprüft würde. Natürlich sei es keine 08/15 Maßnahme, sie sei auch nicht einfach umzusetzen und teuer, aber es würden Hürden aufgebaut, die nicht sein müssten. Er erklärt, dass Straßen NRW von vielen Bohrungen gesprochen habe und notwendiger Verfüllungen von Hohlräumen, klar sei das schlecht für Fledermäuse. Er fragt sich, ob die Maßnahme nicht weniger invasiv umgesetzt werden könne. So wie es beim Klosterholztunnel auch üblich war, der zudem ähnlich alt ist. Dort hat in diesem Sommer die Sanierung begonnen.

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„Der Radweg durch den Silscheder Tunnel ist das A und O der ganzen Idee“, sagt Bürgermeister Claus Jacobi. „Ohne ihn wäre der Radweg witzlos und würde alles, was bisher passiert ist, ad absurdum führen.“ Wenn der Silscheder Tunnel ausgelassen würde, müssten die Radler den Radweg verlassen über die Straße ausweichen und etwa 14 Grad Steigung in Kauf nehmen.

Hier gibt es eine Grafik zur Umfahrung des Silscheder Tunnels

Jacobi betont, dass es um die einzige Nord-Süd-Verbindung für den Radverkehr gehe, um eine massive Verbesserung des Alltagsradverkehrs. „Und dann denkt man ernsthaft drüber nach, die Trasse nicht durch den Silscheder Tunnel zu führen und die Radler über den Silscheder Höhenrücken zu jagen?“ Claus Jacobi versteht die Bedenken der Kritiker, aber er ist sich sicher, dass Lösungen gefunden werden können. Ein Tunnel im Tunnel, wie er im Klosterholztunnel geplant ist, sei eine Idee, der auch das Lanuv als höchste Naturschutzbehörde bei einem Treffen positiv gegenüber gestanden habe. Es gebe hier kein schwarz oder weiß, sagt Jacobi. Es sei wichtig, alle Belange im Blick zu haben. Ein besseres Radwegenetz sei ein wichtiger Schritt hin zum Mobilitätswandel. „Wenn uns der Klimaschutz jetzt nicht gelingt, dann brauchen wir uns in zwei Generationen keine Gedanken mehr um den Artenschutz zu machen.“

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„Wir prüfen alle Möglichkeiten, die wir jetzt haben und werden versuchen, Lösungen zu finden“, sagt Claus Jacobi. Schon für eine Durchfahrt für den Hangschluchtwald sei das gelungen, da habe ein durch die Stadt beauftragtes Unternehmen, eine „bravouröse Idee gefunden“, sagt Jacobi und spricht von dem Käfig, der die Radler schützen soll und der die Natur weitgehend unberührt lässt. Eine Petition wäre auch ein Weg. Jacobi will auch gemeinsam mit dem Landrat sich an den NRW-Verkehrsminister wenden. „So schnell geben wir nicht auf. Wir werden das Thema mit großer Leidenschaft verfolgen.“

Die Stadt Gevelsberg drängt auf eine positive Entscheidung. Die Diskussion darüber sei schon aufgekommen, als er noch kein Bürgermeister sei. Und sogar noch vor Klaus Solmecke. Claus Jacobi erklärt: „Er hat das Thema auf den Tisch gebracht, da war auch er noch kein Bürgermeister.“ Im Linderhauser- und im Klosterholztunnel sei es doch auch gelungen, eine gute Lösung zu finden. Warum nicht auch für den Silscheder Tunnel?