Schwelm. In der Schwelmer Innenstadt gibt es zahlreiche Leerstände. Eine erste Gesprächsrunde zwischen Stadt und Einzelhändlern soll nun Lösungen bringen.
Die Leerstände in der Schwelmer Innenstadt häufen sich und die Einzelhändler schlagen Alarm. Sie trafen sich zum Krisengespräch gemeinsam mit Bürgermeister Stephan Langhard und Stadtmarketing-Geschäftsführerin Claudia Lipka auf Einladung von Christoph und Anne Ranft. Klar wurde am Dienstagabend: Die Probleme sind vielfältig und werden drängender. Aber: Eine einheitliche Linie in die Händlerschaft zu bringen, allein was Öffnungszeiten anbelangt, scheint nahezu unmöglich.
Immer mehr Geschäfte und Lokale schließen in Schwelm. Zuletzt ist die „wine&shop lounge“ aus der Innenstadt verschwunden. Betreiber Frank Arnhold hat im Sommer entschieden, einen Schlussstrich zu ziehen. Im Juli schloss er endgültig. Zwar hat dort nun der „Weltladen“ eröffnet, doch zum Ende dieses Jahres werden weitere Läden dicht machen: „Zeeman“ und das „Schuhhaus Klauser“. Ebenso soll nun auch das Bekleidungsgeschäft „Mü Women“ schließen (Bericht folgt). Hinzukommen die bereits seit längerer Zeit bestehenden Leerstände wie die ehemalige Bäckerei Oebel in der Hauptstraße oder das Lokal „Let’s go - R+S Schuhe“ gegenüber des Café 3.
Auch im Schwelm-Center gibt es auf den ersten Blick noch Platz für weitere Geschäfte, diese sollen allerdings im kommenden Jahr voll vermietet sein. Unklar auch, wie die Einzelhandelsfläche im neuen Rathaus belegt wird. All das sind Umstände, die insbesondere den Schwelmer Einzelhändlern sowie Gastronomen große Sorgen bereiten. Bei vielen bestehen regelrechte Existenzängste. Denn der steigende Leerstand in der City führe dazu, dass immer weniger Menschen in die Innenstadt kommen, was gleichzeitig einen Verlust potenzieller Kunden bedeutet. Wie also kann die Attraktivität der Schwelmer Innenstadt wieder gesteigert werden? Was können Verwaltung, Stadtmarketing und die Betroffenen selbst tun, um wieder Menschen in die Innenstadt zu locken?
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Es ist Dienstagabend. Christoph Ranft und seine Frau Anne, Inhaber der Metzgerei Ranft, haben in die Kirchstraße in ihr Eigenheim eingeladen. Treffpunkt: 19.45 Uhr. Doch weit vor der geplanten Uhrzeit sind bereits zahlreiche Einzelhändler und Gastronomen erschienen. Im Wohnzimmer der Ranfts sind Stehtische und ein großer Tisch aufgebaut. Um die 30 Schwelmer inklusive Bürgermeister Stephan Langhard und Claudia Lipka sowie Daniela Weithe – ebenfalls vom Stadtmarketing und gleichzeitig Vorsitzende der Werbegemeinschaft – sind vor Ort. Die Ranfts haben es sich zur Aufgabe gemacht, einen ersten Schritt zu wagen, um das Innenstadt-Problem endlich anzugehen. Es müsse eine Lösung gefunden werden – und zwar gemeinsam. Und dafür brauche man vor allem eins: Die Unterstützung der Stadt.
Parkplatzprobleme und Kosten
In der Gesprächsrunde kommen viele Themen auf. Zum einen spielt das Parkplatzproblem eine wichtige Rolle, zum anderen weist ein weiterer Einzelhändler auf kaputte Pflastersteine mitten in der City hin. Ebenso sind die Öffnungszeiten ein großes Thema. „Ich komme nicht aus Schwelm, dass es so etwas wie eine Mittagspause gibt, das kannte ich gar nicht. Doch ich muss sagen, seit dem 1. September habe ich auch eine Mittagspause von 13 bis 15 Uhr. Weil sich in dieser Zeit meine Mitarbeiter sonst Löcher in den Bauch stehen“, berichtet Manuela Wille, Inhaberin des Wolle-Geschäfts in der Hauptstraße. Gleichzeitig seien diese Mittagspausen und unterschiedlichen Öffnungszeiten allerdings eine Schwierigkeit. Oftmals habe eine weitere Händlerin bereits erlebt, dass Kunden zu ihr ins Geschäft kamen und erzählten, sie wollten noch woanders hin, doch dort ist derzeit geschlossen. „Und die waren eben keine Schwelmer, sondern kamen von außerhalb“, sagt sie. „Die machen das dann ein Mal, vielleicht auch zwei Male und beim dritten Mal fahren sie dann in eine andere Stadt“, fügt Anne Ranft hinzu.
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In puncto Parkplätze sieht insbesondere Christoph Ranft ein großes Problem mit Blick auf den Rathaus-Neubau. „Wir haben jetzt schon ein Parkplatz-Problem, wenn künftig noch 200 Mitarbeiter der Verwaltung einen Parkplatz in der Stadt brauchen, dann weiß ich nicht, wie das funktionieren soll“, sagt er im Gespräch mit der Redaktion. Kunden wollen es bequem, sie wollen nicht weit laufen müssen, um ihre Besorgungen zu erledigen, erklärt er weiter.
Ebenso spielt die Digitalisierung eine wichtige Rolle. Nicht nur Manuela Wille macht auf das Thema aufmerksam, auch Claudia Lipka, Geschäftsführerin des Stadtmarketings, betont die Wichtigkeit des Internetauftritts. Es sei von enormer Bedeutung, dass die Einzelhändler sich auch im Web präsentieren. Das könne über eigene Homepages, über Social-Media-Kanäle oder aber über ein gemeinsames Konzept erfolgen in Form von Bildschirm-Werbung oder ein sogenanntes Leistungsmagazin der Stadt, in welchem die verschiedenen Geschäfte mit den jeweiligen Infos aufgelistet sind.
Weiterer Termin geplant
Der springende Punkt bei all den Ideen? Die finanziellen Mittel. Vor allem Leistungsmagazine in Druckform seien kostspielig. Und auch die einheitlichen Öffnungszeiten durchzusetzen, scheint nach der Gesprächsrunde am Dienstagabend eher unrealistisch zu sein. Denn auch daran hängen wiederum steigende Kosten für Personal, Energie und Co.
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Nach einem langen, gesprächs- sowie diskussionsreichen Abend sind sich alle immerhin in einem Punkt definitiv einig: „Wir müssen die Stadt positiver darstellen. Der Einzelhandel soll nicht kaputtgehen, das ist der große Tenor. Wir müssen es schaffen, diese Zeit zu überstehen“, zieht Christoph Ranft ein Fazit. Im November soll ein weiteres Treffen dieser Art folgen, dann sollen auch Entscheidungsträger miteinbezogen werden, damit erste Ideen und Vorschläge schnellstmöglich umgesetzt werden können.
Zudem wünschen sich die Einzelhändler, dass Wirtschaftsförderin Daniela Mehling, beim November-Termin ebenso Lösungsansätze mit einbringt, um die Schwelmer Innenstadt wieder attraktiv zu machen und den Einzelhändlern sowie Gastronomen die Existenzängste zu nehmen. Die neue Wirtschaftsförderin der Stadt konnte am ersten Termin nicht teilnehmen, betonte jedoch bereits in der vergangenen Ratssitzung, dass sie das Leerstandsmanagement ganz oben auf ihrer Prioritäten-Liste stehen hat.