Schwelm. Marcus Lusebrink hat den Schwelmer Bahnhof gekauft. Er hat große Pläne mit dem Schandfleck und visionäre Konzepte erarbeitet.
Ist das der Durchbruch für den ältesten und schlimmsten Schandfleck der Stadt Schwelm? Der Schwelmer Unternehmer Marcus Lusebrink hat den Bahnhof gekauft und will so schnell wie möglich die Arbeit aufnehmen, um aus der Bruchbude ein schönes Eingangsportal zur Stadt zu erschaffen. Doch seine Pläne gehen über eine neue Optik und eine attraktive Restauration weit hinaus: Lusebrink will mit seiner Firma Tepass an dieser Stelle visionär Bus, Bahn, Taxi, Rad, Auto und viele Mobilitätsmöglichkeiten mehr verknüpfen.
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Zurückhaltend spricht Marcus Lusebrink davon, dass die Immobilie im Jahr 2022 umgebaut sein könnte. Beim Rundgang durch das Gebäude lässt er den Blick schweifen, zieht die Stirn in leichte Falten, schaut herüber und sagt: „Oder vielleicht doch erst 2023...“ Das sagt im Prinzip alles über den Zustand aus, der nicht zufällig derart desaströs ist. Warum, das zeigt ein kurzer Blick in die Historie.
Leidensweg seit 2005
Der schweift zurück bis ins Jahr 2005. Da hat die Bahnentwicklungsgesellschaft (BEG) mitgeteilt, dass sie neben vielen anderen deutschen Bahnhöfen auch den in Schwelm verkaufen will. Ihr Vorkaufsrecht, das zwei Jahre lang bestand, ließ die Stadt unter dem damaligen Bürgermeister Jürgen Steinrücke verstreichen. Erst Ende des Jahres 2010 fand die BEG schließlich einen Abnehmer für den Bahnhof. Mittlerweile war Jochen Stobbe Bürgermeister und begrüßte Oliver Garthe, Architekt aus Wetter, in der Stadt. Der versprach die tollsten Dinge und setzte davon überhaupt nichts um.
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Im Jahr 2014 kaufte die Aedificia um Stefan Steinert und Abdol Rasoulinia das Bahnhofsgebäude. Auch sie legten großartige Pläne vor, begannen sogar mit den Arbeiten, schienen dann aber die Lust am Schwelmer Bahnhof verloren zu haben. Die für Schwelm gegründete KG meldete Insolvenz an. Vor drei Jahren trat Marcus Lusebrink auf den Plan. „Ich war damals mit dem Brunnenparkplatz befasst, um dort eine Infrastruktur für Elektromobilität zu entwickeln“, sagt er. „Dann bin ich aber über unseren Bahnhof gestolpert.“ Er nahm Kontakt zu Schwelms Beigeordnetem Ralf Schweinsberg auf und eine Odyssee begann. „Die Gespräche mit den Eigentümern, dem Insolvenzverwalter und vielen, vielen mehr waren hart – allein schon was die Preisvorstellungen anbelangte.“
Er sei bewusst ins Risiko gegangen, um in Schwelm sein Konzept von Mobilität in der Zukunft umzusetzen, sagt der Inhaber der Tepass-Autohäuser und weiterer Firmen – unter anderem einem Verkehrsunternehmen in Potsdam, das Funkmietwagen, Taxen, Kleinbusse, Linienbusse und so etwas wie ein modernes Anrufsammeltaxi betreibt. „Um all dies zusammenzuführen, ist der Bahnhof der perfekte Ort.“ Dazu soll es Lademöglichkeiten für E-Autos und E-Bikes geben. Auch Elektro-Roller die per App wie in Großstädten zu nutzen sind? „Wenn die Kunden dies fordern und es sich rechnet, natürlich“, sagt der Schwelmer Unternehmer.
Gastronomie ausweiten
Parallel zum Mobilitätsknotenpunkt soll auch der Bahnhof endlich in einem schönen Licht erstrahlen, kein vermüllter Angstraum mehr sein. „Wir werden die Wohnungen in Bürofläche umwandeln. Die VER wird hier einen Standort bekommen und ich kann mir vorstellen, dass eine größere, attraktivere Gastronomie auf Anklang trifft“, sagt der neue Bahnhofsbesitzer.
Bis es so weit ist, liegt allerdings noch sehr, sehr viel Arbeit vor Lusebrink und seinen Leuten. Denn obwohl die Aedificia begonnen hatte, zu renovieren, ist alles in einem katastrophalen Zustand. Ein Rohrbruch blieb ewig unentdeckt, hat neuen Trockenbau komplett zerstört. Überall ist dort Schimmel. Obdachlose sind in die verlassenen Wohnungen eingebrochen, haben diese verwüstet, ihre Notdurft auf dem Boden verrichtet. Durch die Elektroverteilung blickt niemand durch, und auch die fast frisch gestrichene Fassade bröckelt schon wieder. So will sich Marcus Lusebrink erst einmal einen kompletten Überblick verschaffen, bevor er ein Fertigstellungsjahr nennt.
Weitere Berichterstattung folgt.