Balve. .
Aus den Gerüchten ist Realität geworden. Die Kruse Holding GmbH & Co. KG aus Balve, die zu ihren Glanzzeiten einen Umsatz von 250 Millionen Euro auswies, ist in so großen finanziellen Schwierigkeiten, dass Geschäftsführer Matthias Kruse eine Insolvenz nicht gänzlich ausschließt.
Die etwa 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fürchten um ihre Arbeitsplätze. Denn es mehren sich die Anzeichen, dass die beiden Gesellschafter Matthias Kruse und Andreas Früh schon bald den Gang zum Amtsgericht Hagen antreten, um Insolvenz anzumelden. „Seit langem prüfen wir alle Optionen. Somit ist auch die Insolvenz eine Möglichkeit, um die Fortführung des Unternehmens zu sichern“, erklärte Kruse, der sich nach seiner Meinung persönlich keinen Vorwurf machen muss. „Für mich ist das Ganze unverständlich, mir fehlen die Worte“, ringt der Unternehmer im Gespräch mit dieser Zeitung um Fassung. Er ist trotz der dramatischen finanziellen Lage des Traditionsunternehmens optimistisch: „Ich hoffe auf einen Befreiungsschlag, zumal unser Unternehmen über eine gute Substanz verfügt. Überdies gibt es eine gute Fortführungsprognose.“
Ein schwer angeschlagener Dampfer
Die gute Prognose allein wird allerdings nicht reichen, aus dem schwer angeschlagenen Dampfer wieder ein tolles Flaggschiff wie zu Zeiten von Vollblutunternehmer Rainer Kruse (†) zu machen. Das weiß auch sein Neffe Matthias Kruse, der gemeinsam mit seinem Partner Andreas Früh die Kruse-Gruppe Ende 2008 von der Tochter des im Jahr 2005 verstorbenen Hauptgesellschafters Rainer Kruse für einen hohen Betrag erworben hatte.
Und genau dieser Kaufpreis ist das Problem der heutigen Geschäftsführer der Firma Kruse. Sie sind derzeit nicht mehr in der Lage, die Refinanzierung zu stemmen. Dies hat zur Folge, dass die Banken nicht mehr die Mittel zur Verfügung stellen, um die Liquidität des Unternehmens zu sichern. „Wir laufen nicht mit geschlossenen Augen durch die Welt und wissen sehr wohl, dass eine gute Refinanzierung erforderlich ist, damit es weiter gehen kann“, sagt Matthias Kruse. Ob er auch in Zukunft mit Andreas Früh in einem Boot sitzt? Auf diese Frage gab es keine klare Antwort. Stattdessen führte Kruse aus: „Mit der jetzigen Konstellation kommen wir nicht weiter.“
Loyalität zur Kruse-Gruppe unter den Beschäftigten
Hört man in die Belegschaft hinein, fällt das Urteil über Andreas Früh alles andere als für ihn erfreulich aus: „Die Arroganz und Ignoranz, mit der er hier auftritt, verstehen wir nicht“, sagt ein langjähriger Mitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden will. Dennoch ist die Loyalität zur Kruse-Gruppe nach wie vor bestens. Obwohl die Mitarbeiter bisher nicht in einer Versammlung von der Firmenleitung über die desaströse Situation des Unternehmens informiert wurden, setzen sie sich nach wie vor mit viel Herzblut für ihre Firma ein.
Trotz fehlender Information wissen viele von ihnen, wie es um den größten Arbeitgeber in Balve bestellt ist. Denn schon seit Monaten pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Die Kruse-Gruppe hat große Liquiditätsprobleme. Die Gehälter sind zwar noch gezahlt worden, aber ansonsten taten sich finanzielle Lücken auf, die nur schwer oder gar nicht mehr geschlossen werden konnten. Die Folge: Die Gruppe konnte weder alle Lieferanten noch Spediteure bezahlen. Teilweise wurden die Kruse-Lkw von Geschäftspartnern erst dann vom Hof gelassen, wenn Herren aus der Zentrale in Sanssouci die finanziellen Forderungen erfüllt hatten.
Unbestritten ist auch, dass das Unternehmen aus der Hönnestadt nur noch Ware gegen Vorkasse erhalten hat. Als jedoch in den vergangenen Tagen die Bankkredite ausgereizt waren, sah sich die Firmenleitung nicht einmal mehr in der Lage, wichtige Reparaturen an den eigenen Fahrzeugen zu veranlassen. Selbst abgefahrene oder defekte Reifen zu ersetzen, stellte ein Problem dar.