Balve. Im Gebiet der KVWL gibt‘s ab 1. Januar das E-Rezept. Welche Erfahrungen Balver Ärzte bei einem Pilotprojekt bisher gemacht haben.
Der Jahreswechsel ist die Zeit der Veränderungen. So auch 2024. Ab 1. Januar wird das elektronische Rezept für Arztpraxen verpflichtend. Die heimischen Mediziner Dr. Paul Stüeken und Dr. Gregor Schmitz haben bereits an einem Testlauf teilgenommen. Welche Erfahrungen sie gemacht haben - und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt.
Ein guter Start
Bereits im vergangenen Jahr hatten sich rund 250 Praxen an einer mehrmonatigen Erprobung in der bundesweit einzigen ModellregionWestfalen-Lippe beteiligt - darunter auch das Praxisteam um Dr. Paul Stüeken. „In der Praxis in Wenholthausen haben wir bereits seit Anfang Dezember an einem Probelauf teilgenommen, worüber unsere zuständigen Apotheken in Eslohe ganz begeistert waren“, so der Balver Mediziner. Ein vorübergehendes Alleinstellungsmerkmal in Eslohe. Gleichwohl konnten so „auch die beiden Apotheken in Eslohe ihre ersten Erfahrungen mit dem E-Rezept machen“, freut sich Stüeken.
Gleiches gilt für Dr. Gregor Schmitz. „Die Balver Hausarztpraxen sind technisch schon seit 2022 so aufgestellt, dass sie E-Rezepte ausstellen können. Seit einigen Wochen stellen beide Praxen bereits versuchsweise solche Rezepte aus. Auch die Zusammenarbeit mit den Balver Apotheken läuft einwandfrei.“
Einige Hürden hatte man aufseiten der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) dennoch zu bewältigen. „Der Gamechanger war aber eindeutig die elektronische Gesundheitskarte, für deren Einsatz wir uns starkgemacht haben“, betont Thomas Müller, Vorstand der KVWL. Erst durch die Gesundheitskarte sei die Einlösung des E-Rezepts für die meisten Versicherten „einfach und schnell möglich geworden“.
Nicht alles läuft rund
Doch noch läuft längst nicht alles rund. „Nach anfänglich guten Ergebnissen funktioniert allerdings seit einer Woche die elektronische Übermittlung der Medikamente auf die Versichertenkarte nicht mehr. Dieses Problem konnte von den Softwarefirmen bis heute nicht behoben werden“, so Paul Stüeken. Doch dabei bleibt‘s nicht. Weitere Schwachpunkte der neuen Technik: „Privatrezepte können ebenso wenig übermittelt werden wie sogenannte Heilmittelrezepte für Verbandsmaterialien oder Insulinnadeln“, erklärt Stüeken. Dabei fordert genau hier die KVWL selbst Nachbesserungen vom Bund. „Der Bund muss für eine funktionierende, stabile Telematik-Infrastruktur sorgen, für eine störungsfreie, schnelle Daten-Autobahn“, fordert KVWL-Vorstand Thomas Müller. Die Tücken sind für Gregor Schmitz jedoch absehbar: „Wenn dann wieder einmal die hinter dem ganzen System liegende zentrale Dateninfrastruktur ausfällt, funktioniert auch die schöne neue E-Rezeptwelt nicht.“
Doch die Digitalisierung des Praxisalltags birgt für den Balver Arzt auch Tücken. Bislang können die Medizinischen Fachangestellten vorbereitete und ausgedruckte Rezepte von der Ärztin zwischen zwei Behandlungen kontrollieren und unterschrieben lassen und dem wartenden Patienten dann geben. „Zukünftig muss jedes vorbereitete Rezept am Computer aufgerufen, kontrolliert und elektronisch signiert werden.“ Auch per E-mail oder telefonisch bestellte Rezepte würden zukünftig erst am Folgetag abholbereit sein, „da die Ärztinnen und Ärzte demnächst erst abends die am Tag gesammelten elektronischen Rezeptstapel abarbeiten werden“.
Die Vorteile, die sich vor allem Arztpraxen vom E-Rezept versprechen: Standardisierung, Zeitersparnis und weniger Aufwand. Die digitale Version müsse laut KVWL in jedem Fall einfacher und schneller auszustellen sein als die Papier-Version; nur dann könne die Systemumstellung auch funktionieren. Der Alltag wird ab 1. Januar in den Arztpraxen beim Thema E-Rezept allerdings klar geregelt sein. Praxen erstellen das elektronische Rezept und laden es in die bundesweite Telematik-Infrastruktur (TI) hoch. Das Rezept wird dann über einen sicheren Übertragungsweg im zentralen E-Rezept-Fachdienst der Bundesdigitalagentur gematik gespeichert. Das E-Rezept ist über die elektronische Gesundheitskarte (eGK), die E-Rezept-App und einen Ausdruck mit einer dem QR-Code ähnlichen Grafik („Token“) einlösbar. Bei Hausbesuchen, Störfällen oder noch nicht unterstützten Verordnungsarten wird weiterhin das bisherige Papierrezept ausgestellt.
„Dennoch wird die Umsetzung bei Patienten und Praxen noch ein Umdenken erfordern“, ist sich Gregor Schmitz sicher. Letztendlich könnte das E-Rezept für ihn dazu führen, dass der Alltag deutlich reibungsloser laufen wird. „Das E-Rezept kann ausgestellt werden, ohne dass der Patient in die Praxis kommen muss. Er geht mit seiner Versichertenkarte in die Apotheke und erhält dort das verordnete Medikament.“ Einzige Krux dabei: Die Karte muss einmal im Quartal in der Praxis eingelesen werden. Für die Balver Praxen werde das bedeuten, dass es zu Quartalsbeginn zu einem Andrang führen kann.