Balve. Den Hausärzten auf dem Land fehlt der Nachwuchs. Ein Uni-Projekt soll Abhilfe schaffen. Das haben die Studenten an ihren ersten Tagen erlebt.

Das Leben als Landarzt testen diese Woche 24 junge Medizinstudenten der Universität Witten/Herdecke. Auch in Balve konnten zwei Studentinnen Erfahrungen als sammeln. Antonia Landwehr unterstützt derzeit Dr. med. Paul Stüeken in seiner Praxis am Drostenplatz. Maria Münstermann hat ebenso ihren Weg nach Balve gefunden und hilft bei Dr. med. Gregor Schmitz mit. Wo Balve verortet ist, wussten beide bislang nicht.

Nachwuchsärzte halten

Insgesamt 24 Medizinstudenten des zweiten Semesters der Universität Witten/Herdecke nehmen dieses Jahr an der Aktion „Localhero“ teil. In Zusammenarbeit mit den jeweiligen Kommunen wurde das Projekt Anfang 2022 ins Leben gerufen. Die Studierenden sollen erste Praxiserfahrungen sammeln und das Leben als Landarzt kennenlernen. Maria Münstermann kommt selbst aus einem kleinen Stadtteil nahe Paderborn und kennt ländliche Atmosphäre. Der 20-Jährigen gefällt besonders die Arbeit mit den Menschen. „Die Patienten auf dem Land sind anders, aber genau das ist das Spannende daran“, berichtet sie. Die Arbeit als Allgemeinmedizinerin schrecke sie nicht ab. „Es ist zwar mit viel Stress verbunden, die Versorgung auf dem Land sollte aber nicht einschlafen. Jeder sollte die Möglichkeit haben, einen Arzt aufzusuchen, auch auf dem Land.“

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Den hohen Andrang auf die Ärzte in Balve bestätigt auch Dr. Stüeken. In der ersten Juliwoche hatte er bereits 1000 Patienten zu betreuen. Nicht alle von ihnen waren in seiner Praxis; Rezepte schreiben oder Überweisungen ausstellen, nehme laut Stüeken auch einige Zeit in Anspruch. „Das war vor 35 Jahren die Patientenanzahl für ein Quartal“, bestätigt auch Dr. Gregor Schmitz. Zu wenig Nachwuchsärzte wären nur ein Teil des Problems. Um diesem Mangel entgegenzuwirken, ist es das Ziel des „Localhero“-Programms, angehende Medizinerinnen und Mediziner für die Allgemeinmedizin auf dem Land zu interessieren. Außerdem wollen die Kommunen herausfinden, wie der ärztliche Nachwuchs langfristig in den Regionen zu halten ist.

Antonia Landwehrs Vorstellung zur Allgemeinmedizin ist nun auch konkreter. Die 23-Jährige hat Potential in einem kleinen Dorf gesehen. „Hier erhält man einen anderen Blickwinkel, losgelöst vom Uni-Kontext“, beschreibt die Studentin. Für sie sei der Spagat zwischen einem Vertrauensverhältnis zu den Patienten und dem Zeitdruck interessant. Den Alltag eines Landarztes erleben die Studenten hautnah mit. Bisher haben sie die Blutabnahmen durchgeführt, ein EKG aufgezeichnet und waren bei den Sprechstundeterminen dabei.

Der Standort Balve wurde den beiden Studentinnen von der Projekt-Orga zugewiesen. Um den Märkischen Kreis attraktiv darzustellen, wurde ein Begleitprogramm zusammengestellt. Luisenhütte, Schloss Wocklum und die Balver Höhle dürfen die Studentinnen besichtigen. Davon sind auch die beiden Ärzte begeistert. „Ich möchte den Nachwuchs für das Land begeistern“, erzählt Gregor Schmitz. Er komme auch aus der Stadt, möchte aber nicht mehr zurück. Die Stadt Balve lobt er ebenso. „Wir haben keine Mehrkosten, Unterkunft und Fahrtkosten werden uns bezahlt“, lobt auch Antonia Landwehr. Insgesamt fünfmal werden die beiden Studentinnen noch nach Balve zurückkehren.