Balve. Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg sind für viele Schüler noch immer eine Belastung. Wie ein gemeinsamer Spielenachmittag helfen kann.
Emsiges Gewusel in der Murmke-Turnhalle. Dann ertönt ein Countdown. „Zehn! Neun! Acht! Sieben! Sechs! Fünf! Vier! Drei! Zwei! Eins!“ Plötzlich wird es still, die knapp 80 Kinder stehen rund um den dunklen Mittelkreis der Halle. Es ist ein Nachmittag des Durcheinanders und Miteinanders. Was dahinter steckt und warum es für die Grundschüler ein besonderer Tag ist.
Schulen in Balve gezielt ausgewählt
12.50 Uhr am Mittwochmittag. Die Ruhe vor dem Sturm für Erlebnispädagoge Rafael Hahne. Er und sein Team von „Woohoo Sundern“ sind heute dafür da, um Berührungsängste abzubauen und zu vermitteln. Zwischen Klassenkameradinnen und -kameraden - aber vor allem zwischen den verschiedenenKulturen. „Wenn Ihr irgendwas nicht versteht, verständigt euch mit Händen und Füßen“, ermuntert er die Kinder gleich zu Beginn des dreistündigen Spielenachmittags.
Es ist eine Veranstaltung im Rahmen des „Aktionsprogramms Integration“ für schulpflichtige Kinder, wie Cordula Budde von der Balver Stadtverwaltung erklärt. Es gehe darum, gerade Kinder aus der Ukrainebesser in Schulalltag und Klassengemeinschaft zu integrieren. Was an der Balver Realschule mit einem Escape-Room-Nachmittag in der vergangenen Woche bereits prächtig geklappt habe, will man nun auch den Grundschülern zuteilwerden lassen. Die Wahl der Schulen kommt dabei nicht von ungefähr, wie Budde sagt.
Gezielt seien die beiden Schulen ausgewählt worden, die den höchsten Anteil an geflüchteten Kindern aus der Ukraine haben
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Dass es ein Spielenachmittag und kein Sprachkurs ist, sei ganz bewusst so entschieden worden. „Die Kinder werden zum einen bunt gemischt und zum anderen macht das natürlich mehr Spaß“, sagt Cordula Budde. Unterstützung bei den Integrationsmaßnahmen kommt allerdings nicht nur vom Sunderner Unternehmen „Woohoo“, sondern auch vom Kinder- und Jugendcafé der Stadt. Es ist so etwas wie das Bindeglied zwischen Verwaltung, Sozialarbeitern und den Familien. Der Kontakt zu „Woohoo“ ist vor einiger Zeit im Rahmen eines Ausfluges des Jugendzentrums zustande gekommen.
Und so finden sich Rafael Hahne und sein Team auch schnell inmitten eines wuseligen Haufens in der Murmke-Turnhalle wieder. Und die ersten Hindernisse räumt der Erlebnispädagoge auch mit kurzen, aber doch für die Kinder aufregenden Spielen aus dem Weg. Ziel bei allem: Als Gemeinschaft Spaß haben und alle gleichermaßen in die Spiele integrieren. Normalerweise, sagt Hahne, arbeite er mit deutlich kleineren Gruppen. „Das ist schon eine kleine Ausnahme hier“, sagt er mit einem Grinsen. An seiner Mission ändere das aber nichts. „Über spielerische Übungen sollen die Kinder ihre Ängste abbauen.“ Im Idealfall führe das dazu, dass man das Gegenüber nicht mehr als Fremden auf dem Schulhof ansieht, sondern möglicherweise als Freund. „Dann haben wir am Ende des Tages unser Ziel erreicht“, erklärt der Erlebnispädagoge. Wie nötig diese Übungen und Nachmittage für Schulkinder auch abseits eines integrativen Gedankens ist, weiß Hahne aus eigener Erfahrung. Die Corona-Pandemie habe vieles durcheinandergewirbelt. „Die Schüler müssen da auch etwas nachholen. Ich bin aber optimistisch, dass man das hinbekommt“, sagt Hahne. Doch dafür bedarf es schließlich auch solcher Nachmittage. Gemeinsam in der Turnhalle, statt alleine zuhause vor der Playstation.
Bedarf an Schulen in Balve ist da
Möglich macht den Nachmittag in Balve eine Landesförderung. Sie ist dafür vorgesehen, die Integration von schutzsuchenden schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine zu gestalten, ohne dass die Schulen vor dem Hintergrund der pandemiebedingten Herausforderungen überlastet werden. Heißt: Geeignetes Personal stellt „Woohoo“, die Organisation übernimmt die Stadtverwaltung. Ähnlich gestaltete sich 2022 bereits die Fördermaßnahmen „Aufholen nach Corona“, bei dem gemeinsame Unternehmungen im Schul- und Klassenverbund unterstützt wurden. Unterm Strich ist es für Cordula Budde eine Win-Win-Situation. Denn das „Aktionsprogramm Integration“ decke eine Vielzahl von Herausforderungen im Schulalltag ab. „Der Bedarf ist da. Alle haben da so ihren Rucksack zu tragen.“