Balve/Iserlohn. Geflüchtete aus der Ukraine sind nicht selten hoch qualifiziert. Dennoch kommen auch sie im Hönnetal momentan kaum an Jobs. Woran liegt das?

Alexandra Makowlew hat ihren Vornamen ändern lassen – zumindest die Schreibweise. „Eigentlich“, erzählt die gebürtige Ukrainerin, „heiße ich Oleksandra. „Aber das hat niemand richtig geschrieben. Es gab immer Probleme.“ Die Änderung ihres Vornamens hat sie beim Antrag auf einen deutschen Pass vorgenommen. Alexandra Makowlew ist längst in der deutschen Gesellschaft angekommen, im Sauerland, sie mag das dörfliche Leben in Balve, den nachbarschaftlichen Zusammenhalt. Alexandra Makowlew ist auch beruflich angekommen. Die Ingenieurin arbeitet in der Metallindustrie im Lennetal. Möglich gemacht hat es ein Abschluss an einer deutschen Universität.

+++ DARUM SCHLÄGT BALVES BÜRGERMEISTER ERNSTE TÖNE AN +++

Alexandra Makowlew stammt aus der Ukraine. Längst wohnt die Ingenieurin mit deutschem Pass. Sie arbeitet nebenher als Übersetzerin.
Alexandra Makowlew stammt aus der Ukraine. Längst wohnt die Ingenieurin mit deutschem Pass. Sie arbeitet nebenher als Übersetzerin. © WP | jürgen overkott

Iryna Maksymchak hat Betriebswirtschaft studiert. „Sie war fünf Jahre an der Uni“, weiß ihre Vermieterin Martina Oberste. 30 Jahre lang hat Iryna Maksymchak als Buchhalterin gearbeitet. Sie ist kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine nach Balve gekommen. An eine Beschäftigung in einem heimischen Unternehmen ist vorerst nicht zu denken. Noch fehlen ausreichende Deutsch-Kenntnisse, und noch wird Iryna Maksymchaks Abschluss nicht anerkannt. Sie schätzt ihre Lage realistisch ein. Deshalb will die Frau aus Krywyj Rih in diesem Jahr vor allem ihr Deutsch verbessern. Sie hat einen Kurs des Balver Bündnisses für Flüchtlinge in der ehemaligen Hauptschule belegt.

Flüchtlingscafé Vermittlungsbörse

Schicksale wie das von Iryna Maksymchak spiegeln sich in der Jahresbilanz für den heimischen Arbeitsmarkt. Die Agentur für Arbeit in Iserlohn hat sie dieser Tage vorgelegt. Der kriegsbedingte Zustrom von Menschen aus der Ukraine hat für einen Anstieg der Personen in der Grundsicherung gesorgt, für mehr Bedarfsgemeinschaften und für Leistungsbeziehende. „Beide Kennzahlen lagen im Mai auf dem niedrigsten Stand seit Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Jahr 2005“, berichtet Renate Holke von der Arbeitsagentur über die Lage im Märkischen Kreis. „Infolge des Zugangs geflüchteter Menschen aus der Ukraine hat sich im Juni ein sprunghafter Anstieg der Fallzahlen ergeben. Die Zugänge setzten sich in den Folgemonaten weiter fort.“ Zum Jahresende bilanziert die Agentur für Arbeit in den Anstieg bei beiden Kennzahlen mit etwa 7,5 Prozent. Renate Holke: „Aktuell betreut das Jobcenter 3790 Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit.“ Zwei Drittel von ihnen sind erwerbsfähig. Ein Drittel ist jünger als 15 Jahre. Knapp 70 Prozent der erwerbsfähigen Personen sind Frauen, mit Familie, alleinerziehend oder alleinlebend. Die Gruppen machen jeweils ein Drittel aus.

+++ BALVE: SO HAT UKRAINERIN DEUTSCHES WEIHNACHTSFEST ERLEBT +++

Der Sondertrakt der Hauptschule Balve ist zu einem Wohnheim für Geflüchtete aus der Ukraine umgebaut.
Der Sondertrakt der Hauptschule Balve ist zu einem Wohnheim für Geflüchtete aus der Ukraine umgebaut. © WP | jürgen overkott

In der ukrainischen Gemeinschaft herrscht jedoch Bewegung – zumindest in Balve. Das Flüchtlingscafé der Evangelischen Gemeinde spielt dabei eine wichtige Rolle. Pfarrerin Antje Kastens weiß, warum: „Das Flüchtlingscafé ist eine Art Vermittlungsbörse. Der eine fragt den anderen: Bei welchem Arzt bist Du gelandet? Wie ist es Dir bei der Agentur für Arbeit ergangen? Die Ukrainer tauschen sich über alles aus.“ Nach Beobachtung von Pfarrerin Kastens wollen sie im Arbeitsmarkt ankommen.

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Zugleich nutzt die Gemeinde das Forum, um kulturelle Unterschiede zu überbrücken. Pfarrerin Kastens: „Mülltrennung kennen die Ukrainer gar nicht. Da setzen wir demnächst an und erklären, wie das bei uns funktioniert.“