Balve. Monster-Tief „Bernd“ hat 2021 Waldwege ausgespült. Inzwischen sind die meisten repariert. Kritik gibt‘s trotzdem.

Immer mehr Forstwirtschaftswege im Balver Stadtgebiet sind saniert. Das sagte Förster Richard Nikodem vom Landesbetrieb Wald und Holz in einem Gespräch mit der Westfalenpost bei einem Ortstermin in der Ruthmecke bei Volkringhausen.

Unterwegs mit Förster Richard Nikodem in Balves Weihnachtswald der Zukunft.
Unterwegs mit Förster Richard Nikodem in Balves Weihnachtswald der Zukunft. © WP | jürgen overkott

Auf einer Gesamtlänge von 15 Kilometern wurden Wege „geschoben“, wie es im Fachjargon heißt. „Schwerpunkt war die Ruthmecke. Aber auch beim Landsberg haben wir gearbeitet, zwischen Volkringhausen und der Glärbach“, bilanzierte Förster Nikodem. Was wurde gemacht?

Waldwege werden saniert: In Volkringhausen ist ein Grader der Firma Trippe im Einsatz.
Waldwege werden saniert: In Volkringhausen ist ein Grader der Firma Trippe im Einsatz. © Wald und Holz | Richard Nikodem

Die Fahrbahnen haben lediglich an den Waldrändern eine asphaltierte Deckschicht; sonst sind die Oberflächen wassergebunden, „möglichst aus Material des Grundgesteins“. Im Hönnetal sind das Kalk oder Grauwacke. Dahinter steckt eine Idee: An den Wegesrändern sollen vor allem Pflanzen sprießen, die auch auf der umliegenden Fläche wachsen.

Drohne über Balve: Jürgen Riedel (links) und Jens Weber setzen auf fliegende Aufforstung. Der sanierte Waldweg erweist sich als perfekte Startbahn.
Drohne über Balve: Jürgen Riedel (links) und Jens Weber setzen auf fliegende Aufforstung. Der sanierte Waldweg erweist sich als perfekte Startbahn. © Wald und Holz | Richard Nikodem

Pro Laufmeter sind ein bis zwei Tonnen Schotter aufgebracht. „Er wird aufgetragen in mehreren Schichten. Erst fährt ein Grader, der für eine glatte Oberfläche sorgt. Dann folgt ein Laster. Von dessen Ladefläche rieselt Schotter auf die Piste: „Dann ist das meiste schon verteilt.“ Schließlich profiliert der Grader die Wasserabschläge. Der letzte Schritt ist der Einsatz einer Rüttelwalze: „Sie verdichtet das Ganze.“ Ist das alles?

„Wir haben das Seitengefälle der Wege korrigiert“, sagte der Experte. „Sie sind früher mit hangseitigen Gräben gebaut worden. Und die müssen immer gepflegt werden. Es kommt immer Dreck rein, es kommt immer Laub rein, und man muss immer in den Bestand fahren, in die Rückegassen.“ Außerdem müssen die Durchlässe gereinigt werden, die das Wasser nach unten leiten sollen: „Die hat noch keiner sauber gemacht.“ Inzwischen sind die meisten Gräben aufgegeben worden. Stattdessen soll Regen per quer über die Fahrbahn laufende Wasserabweiser möglichst hangabwärts wieder im Waldboden versickern: „Damit ist es wieder für den Wald verfügbar.“

„Bernd“ zerstört Wirtschaftswege im Balver Wald durch tiefe Fahrrinnen. So hat es vielerorts unmittelbar nach dem Jahrhundert-Regen ausgesehen.
„Bernd“ zerstört Wirtschaftswege im Balver Wald durch tiefe Fahrrinnen. So hat es vielerorts unmittelbar nach dem Jahrhundert-Regen ausgesehen. © Wald + Holz | Richard Nikodem

Nebenher werden die Forste im Hönnetal deutlich stärker als früher als Retentionsfläche eingesetzt – zum Schutz von Siedlungen und Gewerbebetrieben in den Tälern.

Die Landesförderung für die Fahrbahn-Sanierung betrug 100 Prozent. Das Land NRW übernahm die Kosten für Pisten, die vom Monster-Tief „Bernd“ am 14. Juli 2021 ausgespült worden waren. Der Dauerregen im Hönnetal hatte damals, ähnlich wie im Lennetal, für ein Jahrhundert-Hochwasser mit Millionenschäden gesorgt.

Forstwirtschaft kann wieder auf den Holz-Weg

Die Sanierung weiterer Wege von insgesamt 20 Kilometern Länge finanzierten Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Balve oder aber die Kommune. Im Wirtschaftsplan der Stadt Balve seien ohnehin Mittel für die Pflege der Wege, erläuterte der Wald-Fachmann. Es sei um 10.000 Euro gegangen. Normalerweise stehe dem Landbetrieb ein Betrag von 3000 Euro pro Jahr zur Verfügung. Diese Summe habe aber in diesem Jahr nicht ausgereicht. Deshalb habe die Stadt mehr Geld bereitgestellt.

Die ersten Starkregen hat das System gut weggepackt. Ich hatte nur eine einzige Stelle, wo ich nachbessern muss.“
Richard Nikodem, Förster

Die FBG griff auf Rücklagen in Höhe von 20.000 Euro zurück. „Davon habe ich 10.000 Euro verbraten“, sagte Richard Nikodem, „die anderen 10.000 kommen nächstes Jahr.“ Geld von FBG und Kommune diente zur Wiederherstellung ausgefahrener Pisten mit tiefen Spurrillen.

Der Förster erwartet für das kommende Jahr ebenfalls Kosten in Höhe von 10.000 Euro zur Pflege städtischer Wege „in den Bereichen Garbeck, Balver Wald“. Dazu kommen weitere „sieben, acht Kilometer“, die mit Landesmitteln saniert werden.

Die Sanierung des Wegesystems sieht Richard Nikodem als Zukunftsinvestition für rund 20 Jahre. Seine Rechnung geht offenkundig auf: „Die ersten Starkregen hat das System gut weggepackt. Ich hatte nur eine einzige Stelle, wo ich nachbessern muss. Da habe ich einen Fehler gemacht.“ Bei zwei dicht beieinander liegenden Hangwegen habe nur eine Piste einen Abschlag gehabt. Ein zweiter Abschlag ist in Arbeit. „Das ist Gott sei Dank die einzige Stelle“, sagt Richard Nikodem und lacht. „Bei einer Gesamtstrecke von 30 Kilometern kann man ganz zufrieden sein.“

Tatsächlich wirken die Pisten so glatt, dass mancher Mountainbiker sie als Autobahn des Waldes empfindet. Förster Nikodem macht aber darauf aufmerksam, dass der Erholungsfaktor des Waldes nicht im Vordergrund steht. Stattdessen sei das Netz so ausgerichtet, dass Laster der Forstwirtschaft „ganzjähríg darauf fahren können“, sagte. Mindestens genauso wichtig sei, dass Fahrzeuge von Feuerwehr und Rettungsdienst problemlos in den Wald kommen. Deshalb habe der Landesbetrieb gemeinsam mit Feuerwehr und SGV ein Rettungspunkte-Netz entwickelt: ein Koordinaten-System zur Ortung von Hilfsbedürftigen im Wald.

Richard Nikodem bringt den Sinn des Konzepts auf eine flockige Formel: „Wir haben ein allgemeines Betretungsrecht des Waldes. Wenn irgendjemand in der Pampa einen Herzkasper kriegt, dann muss der Rettungswagen dahinkommen.“ Das System habe sich bereits bewährt: „Als wir die Brandstiftungsserie hatten, waren wir heilfroh, dass wir gute Wege hatten.“